Nach 34:26 gegen Algerien: Deutsche Handballer lösen Olympia-Ticket
Gegen Algerien müssen sich die deutschen Handballer zunächst ordentlich strecken, am Ende reicht es aber zur erhofften Qualifikation für Tokio.
Uwe Gensheimer hob jubelnd die Faust. Schnörkellos hatte er den Strafwurf im rechten oberen Eck versenkt, ohne dass sein Gegenüber im Tor nur den Hauch einer Chance gehabt hätte. Damit besorgte der Kapitän der Handball-Nationalmannschaft die erste Drei-Tore-Führung für sein Team gegen Algerien im letzten Spiel des Olympia-Qualifikationsturniers in Berlin, das die Deutschen letztlich mit 34:26 (17:14) gewinnen sollten. Schon ein Unentschieden gegen den Afrika-Dritten hätte gereicht, um das Olympia-Ticket zu lösen, der Sieg machte das Ganze letztlich perfekt.
„Da war ein großer Druck auf diesem Wochenende. Dass wir das geschafft haben, darauf können wir stolz sein“, erklärte der in Mannheim unter Vertrag stehende Kapitän im Anschluss erleichtert und Bundestrainer Alfred Gislason war ebenso zufrieden: „Wir hätten uns auch blamieren können. Da fällt jetzt eine große Last von uns und ich bin sehr stolz, dass wir das zeigen konnten, was wir uns vorgenommen hatten.“
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Wer den Isländer kennt, weiß aber, dass der 61-Jährige selten ganz zufrieden ist, sondern stets zum Perfektionismus neigt. Und besonders die Konstanz betreffend, boten ihm seine Jungs die entsprechende Angriffsfläche. Nach einem glücklichen Unentschieden gegen Schweden, das von einer ausbaufähigen Offensive gezeichnet war, steigerte sich das Team gegen Slowenien und zeigte eine beeindruckende Leistung, auch wenn gegen Algerien der letzte Funken Fokus fehlte. „Ich bin lange genug dabei, um zu wissen, wie das läuft“, war Gislason dennoch versöhnlich. „Positiv ist, dass wir uns im Angriff entwickelt und gesehen haben, was für eine starke Abwehr wir stellen können.“
Gegen Slowenien spielte Deutschland sensationell auf
Besonders im zweiten Spiel des Wochenendes wurde deutlich, welches Potential in der Mannschaft steckt. Durch die Rückkehr der beiden Kieler Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler, aber genauso durch den sich ständig steigernden Johannes Golla, verfügt der Bundestrainer in der Abwehr wieder über ein flexibles, stabiles und kompaktes Konstrukt, dass nicht zuletzt die Arbeit für die Torhüter enorm erleichtert. Die drei Stammkräfte Johannes Bitter, Andreas Wolff und Silvio Heinevetter hinterließen über das Turnier hinweg zwischen den Pfosten einen starken Eindruck und gaben so ihren Vorderleuten den nötigen Rückhalt.
Aufbauend auf der überzeugenden Defensivarbeit zeichnete sich das Spiel durch viel Tempo aus. Immer wieder wurde der schnelle Pass aus der Deckung gewagt und so leichte Tore im Gegenstoß ermöglicht. Gleichzeitig war der Positionsangriff flexibler. „Das war das beste Spiel, das ich seit Jahren von einer deutschen Nationalmannschaft gesehen habe“, lobte der Vizepräsident des Deutschen Handballbundes (DHB) Bob Hanning am Samstag. „Da habe ich mich in der ersten Hälfte an das 7:1 der Fußballer 2014 gegen Brasilien erinnert gefühlt.“
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Hoffnungsvoll schaut die Nationalmannschaft nun auf die kommenden Aufgaben. Denn eines ist gewiss, nach der bewältigten Qualifikation treten die vom DHB vor Jahren ausgeschriebenen Goldträume für Japan wieder in den Vordergrund, während das schmerzhaft frühe Ausscheiden bei der Weltmeisterschaft in Ägypten im Januar kurzzeitig fast schon in Vergessenheit geriet. „Jetzt müssen wir gezielt an uns arbeiten“, blickt Gislason voraus. „Ich als Bundestrainer kann sonst nur hoffen, dass sich niemand verletzt.“
Zunächst kann die deutsche Mannschaft aber erst einmal durchschnaufen. Bereits nach Abpfiff war klar: Wie auch immer die beiden Kontrahenten Schweden und Slowenien sich am Abend trennen würden, Deutschland ist sicher für die Olympischen Spiele qualifiziert und kann mit dem Ticket für Tokio in den Händen jubeln. Ob es dort dann für eine Medaille reicht, wird sich zeigen.