Zehnkampf-Gold für Niklas Kaul: Der Weltmeister in uns
Niklas Kaul hat mit seinem WM-Sieg gezeigt, dass es möglich ist, der Beste zu sein, auch wenn andere einzelne Dinge besser können. Ein Kommentar.
Über Zehnkämpfer wird oft gesagt, dass sie vieles können, aber nichts davon besser als alle anderen. Damit das nicht so auffällt, betreiben sie gleich mehrere Disziplinen in einer. Der Stärkste unter ihnen darf sich König der Leichtathleten nennen. Niklas Kaul war unter den Zehnkämpfern bisher allenfalls ein Talent, am Mittwoch und Donnerstag lief, sprang und warf sich der 21-Jährige sensationell zur Goldmedaille bei der WM in Doha. Danach wusste er nicht so recht, was da gerade passiert war und rannte mit der schwarz-rot-goldenen Fahne um die Schultern einfach noch ein bisschen weiter durch das fast leere Khalifa International Stadium.
So langsam dürfte der Mainzer aber realisiert haben, was er da vollbracht hat. Jüngster Weltmeister im Zehnkampf, erst der zweite Deutsche überhaupt. Von Platz elf nach dem ersten Tag bis ganz nach vorn, mit dem Wort „Aufholjagd“ ist das Geleistete noch zurückhaltend beschrieben. Nach einem fantastischen Speerwurf auf 79,05 Meter, der ihn nach der neunten Prüfung auf Platz drei katapultierte, hatte Kaul „Angst, alles zu ruinieren“. Doch danach flog er über die 1500 Meter fast ins Ziel und zur Goldmedaille.
Für Kaul und noch mehr für seinen Sport ist dieser Titel ein Geschenk. Dabei sind die Verlockungen für einen Athleten gerade im Zehnkampf nicht besonders groß. Das Trainingspensum, um überhaupt einen Wettkampf im Jahr durchzustehen, ist enorm. Die Schmerzen ebenso. Das Schmerzensgeld ist es hingegen nicht. Immerhin, Kauls Erfolg kommt in Deutschland nicht von ungefähr, die Tradition ist groß und die Bewunderung auch. Schließlich lässt sich durchaus nachvollziehen, was hinter so einer Leistung steckt. Jeder, der mal Schüler war, kennt das noch aus dem Sportunterricht – auch wenn hier nur ein Dreikampf absolviert werden muss.
Niklas Kaul hat mit seinem Triumph gezeigt, dass es möglich ist, der Beste zu sein, auch wenn andere einzelne Dinge besser können. Das macht Mut – im Sport, aber nicht nur da.