Borussia Mönchengladbach in der Krise: Der Verfall beginnt schleichend
Borussia Mönchengladbach hat sich in den vergangenen Jahren in die bessere Gesellschaft der Bundesliga hochgearbeitet. Doch jetzt muss der Klub aufpassen. Ein Kommentar.
Es ist ja nicht so, dass es am Wochenende keine guten Nachrichten für und von Borussia Mönchengladbach gegeben hätte. Die U 23 des Vereins, die in der Regionalliga West zuletzt langsam aber sicher in die Nähe der Abstiegsränge geschlittert ist, hat nach sieben Pleiten hintereinander ihre Niederlagenserie erst einmal gestoppt. Ihr Spiel ist ausgefallen.
Fans von Borussia Mönchengladbach müssen sich in diesen Tagen eben an den kleinen Dingen ergötzen. Die großen nämlich geben eher Anlass zur Sorge. Nur eine Woche nach der höchsten Derby-Niederlage gegen den 1. FC Köln seit einem Vierteljahrhundert folgte am Sonntagabend die höchste Heimniederlage seit mehr als einem halben Jahrhundert. 0:6 hieß es am Ende gegen den SC Freiburg. 0:6 hieß es auch schon nach 37 Minuten. So etwas hat es in der Geschichte der Fußball-Bundesliga nie zuvor gegeben.
Borussia Mönchengladbach hat sich in den vergangenen zehn Jahren viel Anerkennung verschafft, hat sich von einem ewigen Abstiegskandidaten in die bessere Gesellschaft des deutschen Fußballs emporgearbeitet. Doch für den Klub ist es keineswegs eine Selbstverständlichkeit, diesem elitären Zirkel anzugehören. Die Gladbacher gehören ihm nicht qua Herkunft an (und auch nicht qua Finanzkraft). Sie gehören ihm an, weil sie in den vergangenen Jahren vieles richtig gemacht haben. Oder auch weniger falsch als viele ihrer Konkurrenten.
Im Moment kann man sich da nicht mehr ganz so sicher sein. Und da Fußballfans verlässlich zwischen den Extremen pendeln, gibt es unter denen der Gladbacher einige, die ihren Verein nun schon wieder auf dem Weg zurück in Bedeutungslosigkeit sehen. Schön war die Zeit... Diese Sorge ist ebenso übertrieben wie begründet.
Übertrieben, weil der Klub immer noch über viel Substanz verfügt; begründet, weil der Verfall nicht über Nacht einsetzt, sondern ein schleichender Prozess ist, der sich zunächst in Kleinigkeiten äußert, ehe die Zeichen nicht mehr übersehbar sind.
Dem Team fehlt der innere Antrieb
Warnsignale gab es schon in der vergangenen Saison, als die Gladbacher nach Führungen insgesamt 27 Punkte verspielten, weil die Mannschaft, damals noch angeleitet von Marco Rose, wieder und wieder dieselben Fehler machte. Dem Team fehlt der innere Antrieb, sich gegen Widerstände zu behaupten. Das beherrschen andere Klubs – Union, Mainz, Köln, Freiburg, selbst Aufsteiger Bochum – inzwischen wesentlich besser.
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Wenn es ungemütlich wird, haben die Gladbacher nichts mehr zuzusetzen. Dann lassen sie die Dinge einfach laufen und fügen sich in ihr Schicksal. Das war schon unter Rose so, als sie in der Europa League im eigenen Stadion dem österreichischen No-Name-Team Wolfsberger AC mit 0:4 unterlagen, und das war auch am Sonntag nicht anders, beim 0:6 gegen die Freiburger unter Roses Nachfolger Adi Hütter.
Deswegen ist es auch kein Widerspruch, dass die gleiche Mannschaft noch vor wenigen Wochen den großen FC Bayern mit 5:0 zerlegt hat. Die Qualität ist im Team nach wie vor in ausreichendem Maße vorhanden, und wenn es läuft, wie gegen die Bayern, dann läuft es eben.
Gladbachs Problem ist nicht, dass es der Mannschaft an Qualität mangelt; Gladbachs Problem ist, dass sich die Mannschaft ausschließlich auf ihre Qualität verlässt. Es reicht schon, ihr mit ausgeprägter Intensität zu begegnen, mit Gier und Leidenschaft, um ihr offenbar nicht zu beherrschende Schwierigkeiten zu bereiten. Für die Adventszeit verheißt das nichts Gutes. In den letzten drei Spielen dieses Jahres treffen die Gladbacher auf Leipzig, Frankfurt und Hoffenheim. Auf Mannschaften also, die bekannt sind für: Gier, Intensität und Leidenschaft.