Kommentar zum Pechstein-Urteil: Der Sport steht nicht außerhalb des Rechts
Claudia Pechstein hat den nächsten juristischen Sieg erzielt und das Urteil zu ihren Gunsten dürfte einige Veränderungen in der Sportgerichtsbarkeit zur Folge haben. Veränderungen, die auch nötig sind, meint unser Autor Christian Hönicke.
Im Sport gelten manchmal andere Gesetze als in der normalen Gesellschaft. Stammplatz, Preisgeld, Dopingkontrollen, nicht alles davon kann mit Paragrafen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt werden. Der Profisport braucht eine eigene Gerichtsbarkeit, die strittige Fälle auch mit der Logik des Wettbewerbs klärt. Doch das heißt nicht, dass innerhalb des Sportuniversums universelle Grundsätze komplett außer Kraft gesetzt werden können. Das hat das Bosman-Urteil gezeigt - damals wurden Profisportler aus der Leibeigenschaft durch die Klubs befreit, indem auch ihnen die freie Arbeitsplatzwahl in Europa zugebilligt wurde. Und das zeigt nun auch das Urteil des Oberlandesgerichts München, das die derzeitigen Methoden der Rechtssprechung im Sport für unrechtmäßig hält.
Was spricht dagegen, die Öffentlichkeit zum Prozess zuzulassen? Oder die Schiedsrichterliste zu öffnen? Auch dass der Generalsekretär des Sportgerichtshofs Cas sich am Ende das Urteil noch einmal persönlich vorlegen lässt, rückt den Sport in die Nähe der Willkürjustiz.
Nach der Entscheidung für Claudia Pechstein müssen nun die Verbände ran
Claudia Pechstein hat sich gegen diese gelenkte Sportjustiz zur Wehr gesetzt, und sie hat Recht bekommen. Nun müssen die Sportverbände und -institutionen ran und sich den Maßstäben anpassen, die für alle anderen Bürger in Europa auch gelten. Wenn sie ihr eigenes Rechtssystem retten wollen, müssen sie die Schiedsgerichte so organisieren, die transparent, fair und vor allem unabhängig arbeiten. Denn der Sport mag manchmal seine eigene Gesetze haben – aber er darf sich deswegen nicht außerhalb des Rechts stellen.