Affenlaute gegen Jordan Torunarigha von Hertha BSC: Der Schiedsrichter hat so ziemlich alles falsch gemacht
Der Fußball brüstet sich gerne mit „No Racism“-Kampagnen. Doch Vorfälle wie beim Pokalspiel von Hertha lassen an der Glaubwürdigkeit zweifeln. Ein Kommentar.
Wenn man es zynisch zuspitzen würde, könnte man sagen: Schiedsrichter Harm Osmers hat alles richtig gemacht. Offenbar hatte sich Hertha BSC während des DFB-Pokal-Achtelfinales bei Schalke 04 an den Unparteiischen gewandt und diesen auf mutmaßliche rassistische Beleidigungen von der Tribüne gegen Abwehrspieler Jordan Torunarigha aufmerksam gemacht.
Trainer Jürgen Klinsmann forderte, dass die Schiedsrichter den Spieler schützen sollten. Wenige Minuten später schickte Osmers Torunarigha für eine Unbeherrschtheit mit seiner zweiten Gelben Karte vorzeitig in die Kabine. Dort musste der Berliner immerhin keine widerlichen Affenlaute mehr ertragen.
Schalke - Hertha: Schiri Harm Osmers hat die Situation um Torunarigha ignoriert
Lässt man den Zynismus beiseite, muss man leider sagen: Harm Osmers hat so ziemlich alles falsch gemacht. Dass er im regulären Spielgeschehen einige umstrittene bis fragwürdige Entscheidungen getroffen hat, ist dabei gar nicht das Thema. Denn wenn sich die Dinge so zugetragen haben, wie Hertha am Dienstagabend berichtete, hat er die Situation um Torunarigha fahrlässig ignoriert.
Der Fußball stellt sich gerne öffentlich in den Mittelpunkt und sagt jeglicher Diskriminierung auf Plakaten sowie in Videos den Kampf an. In der Praxis passiert aber viel zu wenig. Dass ein Schiedsrichter über rassistische Beleidigungen informiert wird und diesen Hinweis – wie Herthas Niklas Stark sagt – nur "zur Kenntnis nimmt", ist unverantwortlich. Osmers hat den Vorfall vermutlich nicht selbst mitbekommen, wie die meisten anderen Spieler und auch große Teile der Zuschauer nicht. Niemand erwartet vom Schiedsrichter, dass er das Spiel in solch einem Fall sofort abbricht, eine Reaktion hätte es aber geben müssen.
Schalke - Hertha: Das ist die „Three-step procedure“ der Fifa
Die Fifa wendet seit 2017 bei diskriminierendem Zuschauerverhalten die „Three-step procedure“ an. Erst soll das Spiel unterbrochen und eine Ansage über die Stadionlautsprecher veranlasst werden. Wiederholen sich die Vergehen, soll der Schiedsrichter die Mannschaften in die Kabinen schicken und es folgt eine weitere Durchsage. Sind weiter diskriminierende Äußerungen zu hören, wird das Spiel abgebrochen.
Zum dritten und drastischsten Schritt kommt es nur ganz selten, auch wenn es im internationalen Fußball immer wieder rassistische Vorfälle gibt. Dass Osmers aber nicht mal eine Durchsage veranlasste, wirft einige Fragen auf. Selbst Schalkes Trainer David Wagner sagte nach dem Spiel, dass er von den Vorfällen nichts mitbekommen hätte und vom Schiedsrichter auch nicht informiert worden sei. Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen – eine adäquate Strategie gegen Rassismus in den Stadien sieht anders aus.