Formel E: Der Rennsport wird leise
Formel E, die Premiere einer neuen Rennsportveranstaltung: Zukunftsrichtung des Motorsports oder fehlender Leistung und einfach zu langsame Autos? Im Mai schnurren die Elektroautos in Berlin.
Blauer Himmel in Peking – das hat Seltenheitswert. So ist es auch kein Wunder, dass die chinesische Hauptstadt die Formel E mit einer Smogglocke empfing. Und damit gleich den Beleg dafür lieferte, dass die Macher dieser neuen Motorsport-Serie nicht ganz falsch lagen, als sie entschieden, mit ihrem Auftakt ausgerechnet hierher zu gehen, in diesen Riesenmoloch, allerdings auch an einen besonders schönen Platz, in den Olympiapark, in den schon an jedem normalen Wochenende 250 000 Besucher kommen. „Schließlich ist Peking eine Stadt, für die das Elektroauto in Zukunft absolut überlebenswichtig sein wird“, sagt der Spanier Alejandro Agag, Miterfinder und Organisator dieser schönen, neuen Motorsportwelt.
Autos, die zwar bis auf ihre 18-Zoll-Räder zumindest für Laien auf den ersten Blick gar nicht so anders aussehen als ein Formel-1-Renner, die aber statt Motorenlärm nur noch ein Sirren von sich geben. Rennen in den Zentren großer Städte, als große Show für die gesamte Familie geplant, mit niedrigen Eintrittspreisen, teilweise sogar komplett kostenlos für die Fans. Alles, von Training über Qualifying bis zum Rennen an einem Tag, abends dann ein umfangreiches Showprogramm: Das ist die Welt der Formel E, die für zumindest eine Zukunftsrichtung des Motorsports stehen soll. Aus der klassischen Rennsportwelt wird sie zum Teil noch recht misstrauisch beäugt, einige Formel-1-Piloten, auch Sebastian Vettel, sehen das vor allem aus Fahrersicht. Sie sind skeptisch angesichts „fehlender Leistung und einfach zu langsamer Autos“. Andere, wie Adrian Sutil, sind deutlich aufgeschlossener, halten das Konzept für „durchaus interessant“, etwas, „dem man auf jeden Fall eine Chance geben sollte“.
Die Formel E ist nicht als Konkurrenz zur Formel 1 gedacht
Es ist wohl vor allem eine Frage des Standpunkts. Man dürfe an die Formel E nicht mit dem klassischen Rennsportverständnis herangehen, sagen die Organisatoren, die auch den Präsidenten des Weltverbandes Fia, Jean Todt, hinter sich wissen. Die Formel E kann und soll ja keine Konkurrenz zur Formel 1 sein, sie soll eben auch die Entwicklung im Bereich Elektroauto, vor allem im Bereich Batteriespeicher-Kapazitäten, vorantreiben.
„Formel E – das ist eine neue Entwicklung, etwas ganz anderes, als es bisher im Motorsport gab“, sagt Alain Prost. Der viermalige Formel-1-Weltmeister ist nicht nur in seiner Rolle als Renault-Botschafter mittendrin, sondern auch als Chef eines eigenen Teams, Dams-Racing, das zu Saisonbeginn zusammen mit der deutschen Abt-Truppe zu den Favoriten gehört. Einer der beiden Dams-Fahrer ist Prosts Sohn Nicolas. In Peking treffen erstmals die drei Nachkömmlige aus den Familien der ganz Großen von früher aufeinander: Neben Nicolas Prost noch Bruno Senna, der Neffe von Ayrton Senna, und Nelson Piquet junior, der Sohn des anderen dreimaligen brasilianischen Formel-1-Weltmeisters.
Formel E: Nicht nur schnell, sondern schnell und effizient zu sein, das ist das Ziel.
Gute Stimmung herrscht im Fahrerlager direkt neben dem Olympiastadion in Peking vor dem Auftakt auf jeden Fall. Auch wenn sich viele gerade der ehemaligen Formel-1-Piloten in der Serie, ob Senna, Piquet oder auch der Deutsche Nick Heidfeld, der bei dem ersten Rennen nach einem Crash glücklicherweise unverletzt blieb, immer wieder der Frage stellen müssen, ob es für sie nicht eine Unterforderung sei, mit Autos zu fahren, die langsamer sind als etwa die der Nachwuchsserie Formel 3. „Das sehe ich nicht so“, sagt Heidfeld, der im monegassischen Venturi-Team fährt, das Hollywoodstar Leonardo di Caprio gehört. „Für mich fährt sich das Auto wie jedes andere Rennauto auch und es sind dabei zusätzlich auch noch andere Herausforderungen zu bewältigen.“ Das Energiemanagement vor allem – im Rennen mit der Batteriespeicherkapazität über die Distanz zu kommen, ohne am Ende zu viel Leistung zu verlieren, das wird, da noch Erfahrungswerte fehlen, vielleicht sogar die entscheidende Aufgabe sein. Nicht nur schnell, sondern schnell und effizient zu sein, das ist das Ziel.
Genügend Zuschauer hatten die Piloten in Peking zur Premiere: Die 20.000 Tribünenkarten für den ersten „E-Prix“ waren schnell verkauft. Der Zugang an die Strecke durch den Park ist kostenlos – entsprechender Massenbesuch wird erwartet. Am 30.Mai 2015 werden dann die Berliner zeigen, ob sie die Formel E genauso anzieht: Dann findet das Rennen, der neunte und vorletzte Saisonlauf, auf dem alten Flughafengelände in Tempelhof statt.
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Micha Konrad
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