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Patrick Reichelt, 30, (rechts) spielte unter anderem für den TSV Rudow. Seit sechs Jahren ist der Sohn einer philippinischen Mutter Nationalspieler.
© AFP

Berliner Fußballer beim Asien-Cup: „Der philippinische Pass war mein goldenes Ticket“

Patrick Reichelt hat das Fußballspielen in Berlin gelernt. Als philippinischer Nationalspieler war er beim Asien-Cup in Dubai.

Herr Reichelt, wo sind Sie gerade?

Ich bin im Hotel in Malaysia. Gerade bin ich zu Melaka United gewechselt. Kurz vor Weihnachten kam ein Angebot, beim Asien-Cup wurde es konkret. Ich bin direkt mit dem Koffer von Dubai nach Malaysia geflogen und habe unterschrieben. Das war alles sehr schnell und spontan.

Sie sind mit den Philippinen beim Asien-Cup nach drei Niederlagen schon in der Vorrunde ausgeschieden. Haben Sie sich mehr erhofft?

Für die Philippinen war es das erste Mal, dass sie sich qualifiziert haben. Wir dürfen nicht vergessen, wer wir sind. Und das Turnier war geil. Alles war super organisiert, die Plätze in Dubai waren Teppiche. In den ersten beiden Spielen haben wir uns gut verkauft, nur gegen Kirgisistan war es eine Katastrophe.

Trainer Ihrer Nationalelf war Sven-Göran Eriksson, der schon Englands Coach war. Nun ist er zurückgetreten.

Es gab dadurch eine andere Präsenz für unsere Mannschaft. Ich denke, die Idee war, die Philippinen populärer zu machen. In der kurzen Zeit hat er nicht viel ändern können. Es ist aber besonders. Wenn du vor ihm stehst, siehst du Beckham und Rooney: Die hat er trainiert.

Das Team der philippinischen Nationalmannschaft vor dem Gruppenspiel gegen China beim Asien-Cup 2019. Patrick Reichelt ist steht in der hinteren Reihe (2. v. l.)
Das Team der philippinischen Nationalmannschaft vor dem Gruppenspiel gegen China beim Asien-Cup 2019. Patrick Reichelt ist steht in der hinteren Reihe (2. v. l.)
© Khaled Desouki/AFP

Wer wird den Asien-Cup gewinnen?

Iran ist relativ stark dieses Jahr. Normalerweise denkt man immer an Japan, Australien und Südkorea. Die sind alle nicht so dominant oder schon ausgeschieden.

Bei dem Turnier sind auch internationale Stars dabei. Wie war es, die zu treffen?

Wir waren mit Japan im Hotel. Wenn man sich überlegt, wo die alle spielen… Das sind aber sehr gut erzogene Jungs, die waren unglaublich respektvoll.

Was bedeutet es Ihnen, für die Philippinen zu spielen?

Mein Leben hat sich dadurch total verändert. Ich bin mit einer philippinischen Mutter aufgewachsen und weiß, wie hart es für sie war. Dass ich ihr Land repräsentieren darf, macht mich extrem stolz.

Davor haben Sie auf den Philippinen und in Thailand gespielt. Wie kam es dazu?

Nationaltrainer der Philippinen war 2012 der Deutsche Michael Weiß. Seine Scouts haben in Europa nach Spielern philippinischer Abstammung gesucht und dorthin vermittelt. Damals habe ich bei den Amateuren von Energie Cottbus gespielt. Plötzlich war ein Brief vom philippinischen Verband in meinem Spind. Ich hatte gerade einen Kreuzbandriss hinter mir und mit Fußball fast abgeschlossen. Mir war gar nicht klar, dass es in Südostasien viele Ligen gibt und es finanziell so lukrativ ist. Also habe ich das als ein Abenteuer gesehen. Mein Vertrag galt nur für drei Monate – jetzt spiele ich schon sechseinhalb Jahre in Südostasien.

Inwiefern unterscheidet sich der Fußball in Südostasien vom Fußball in Europa?

Das lässt sich nicht vergleichen. Das fußballerische Niveau der ersten Ligen hier kannst du im Mittelfeld der dritten deutschen Liga ansetzen. Finanziell ist es aber sehr gut, das kann man sich kaum vorstellen. Es gibt verrückte reiche Investoren. In Deutschland musst du schon zweite Liga spielen, um das Geld von hier zu verdienen. Preis und Leistung stehen hier in einem ganz anderen Verhältnis.

Wieso wechseln dann nicht mehr Spieler von Europa nach Südostasien?

Hier gilt eine strenge Ausländer-Regel. In jedem Team dürfen nur drei Ausländer plus ein Asiate spielen. So wollen die Verbände den lokalen Fußball fördern. Ich habe den Luxus, dass ich einen philippinischen Pass habe. Der war mein goldenes Ticket. Deshalb ist es für mich leichter, gute Verträge zu kriegen.

Welche Stellung hat der Fußball in Südostasien?

In Thailand und Malaysia spielen wir in unglaublichen Stadien vor 20.000 Menschen. Da gibt es eine riesige Fankultur. Wir Spieler machen das alle hauptberuflich, trainieren jeden Tag. Das Training beginnt um 17:30 Uhr, wenn die Sonne untergeht. Davor ist es zu heiß.

Werden Sie auf der Straße erkannt?

Ja, definitiv. Ich bin kein Mesut Özil, der durch London läuft, aber es kommen schon Leute und fragen nach einem Foto. Es ist vielleicht so, wie wenn ein Spieler von Greuther Fürth durch Fürth läuft.

Sie haben unter anderem für den TSV Rudow und den Nordberliner SC gespielt. Was sind Ihre Erinnerungen an den Berliner Fußball?

Ich verfolge noch ab und zu den unterklassigen Fußball. Außerdem bin ich gut befreundet mit Marvin Plattenhardt und schaue mir Hertha-Spiele an. Ich bin in Rudow aufgewachsen. Bis ich 18 Jahre alt war, war ich nur dort unterwegs. Als Kind war ich jeden Tag auf dem Bolzplatz. Berlin wird immer mein Zuhause bleiben.

Das Gespräch führte Laurenz Schreiner.

Asien-Cup 2019:
Die großen Favoriten Südkorea und Australien (mit Herthas Mathew Leckie) sind beim Asien-Cup im Viertelfinale ausgeschieden. Australien verlor gegen die Vereinigten Arabischen Emirate 0:1, Südkorea unterlag Katar ebenso 0:1. Am Dienstag treffen die beiden Sieger im Halbfinale aufeinander. Bereits am Montag findet das erste Halbfinale zwischen Iran und Japan statt.

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