Winter Derby im Eishockey: Der Osten will mitspielen
Mit einem Freiluftspiel vor gut 30 000 Zuschauern gegen die Lausitzer Füchse wirbt Eishockey-Zweitligist Eislöwen Dresden für seinen Sport.
Wenn Lorenz Funk Junior dieser Tage im Stadion Dresden seine Runden dreht, dann doch mit innerlicher Erleichterung. Die Eisfläche ist nämlich auf Rasen gebaut. Am Donnerstag trainierten die Mannschaften der Eislöwen Dresden und den Lausitzer Füchsen aus Weißwasser schon in dem zur Eishockeyarena umfunktionierten Fußballstadion. Am Sonnabend treten beide Zweitligisten zum „Winter Derby“ an, vor über 30 000 Zuschauern. Am Donnerstag gab es nur noch gut 1000 Karten für den Eventnachmittag von Dresden, um dessen Erfolg sich Projektleiter Funk zu Beginn schon Gedanken gemacht hat. „Sonst spielen die in Dresden vor zweieinhalbtausend Zuschauern. Das Zwölffache an Tickets zu verkaufen, erschien mir doch gigantisch.“
Es hat funktioniert. Am Sonnabend sehen in Dresden so viel Menschen wie noch nie ein Zweitligaspiel im Eishockey. Der MDR überträgt live im Fernsehen (ab 16 Uhr, Spielbeginn 16.30 Uhr) und im Rahmenprogramm schrammelt Karat-Gitarrist Bernd Römer die Nationalhymne – nachdem „Glasperlenspiel“ die jüngeren Zuschauer akustisch verwöhnt hat.
Das Ost-Eishockey feiert sich also, ohne Bescheidenheit und über den tatsächlichen Status hin weg. Es ist schließlich nur ein Zweitligaspiel, aber ein Lebenszeichen, vielleicht sogar ein Hilferuf: Denn in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), der Erstklassigkeit, ist das Eishockey aus dem Osten im vereinten Deutschland immer noch nicht angekommen.
Der Traditionsstandort Weißwasser verschwand kurz nach der Wende in der Zweiten Liga. Nur die Eisbären Berlin sind oben, allerdings ein Sonderfall. Schließlich spielen sie inzwischen im Herzen Berlins und gehören einem Investor aus den USA. Es gibt im Osten drei Klubs in der DEL2, von denen Dresden als aktuell Tabellenneunter noch der stärkste ist. Aber für die erste Liga sind die Sachsen von ihrer Infrastruktur zu schmal aufgestellt. Ihre Halle ist mit 4200 Plätzen zu klein. Mit den Eisbären pflegen die Dresdner zwar eine Kooperation, in deren Rahmen sie junge Spieler aus Berlin einsetzen können, aber Mittel für mehr sind nicht da. Es gibt keinen großen Investor im Eishockey des Ostens – keinen Mäzen wie Red Bull im Leipziger Fußball. Der Brausehersteller investiert zwar im Profi-Eishockey, aber beim DEL-Klub in München.
Die Eislöwen Dresden sind der Kooperationsparter der Eisbären Berlin
Eishockeytrainer Steffen Ziesche, vor wenigen Jahren Teammanager in Dresden und später Trainer in Crimmitschau, sagt: „Die Wirtschaft in den Regionen ist einfach zu schwach aufgestellt. Die großen Firme haben oft nur Außenstellen dort und sind kaum bereit, den Sport zu unterstützen.“ So gebe es im Eishockey im Osten „kein Geld für gute Trainer und daher auch keinen guten Nachwuchs“. Was er an sich unfassbar finde, schließlich habe das Eishockey im Osten „die DDR überlebt“ und es existiere inzwischen ein Dutzend Klubs mit Potenzial, von Chemnitz bis Erfurt, glaubt Ziesche.
Die Eislöwen Dresden, gegründet 1990 als ESC Dresden, sind ein Beispiel dafür, wie schwer es ist, den Sport auf hohem Niveau zu etablieren. Sie standen schon vor dem finanziellen Kollaps und konnte nur mit Hilfe durch die Stadt überleben. Am Samstag wird der Klub nun etwas Geld verdienen und mehr im Fokus stehen als je zuvor in seiner Geschichte. Dabei ist es eher zufällig, dass Dresden zum großen Spiel kam: Lorenz Funk Junior wollte ein weiteres DEL-Spiel im Fußballstadion veranstalten. Das von ihm mit initiierte „Winter Game“ hatte in Nürnberg 2012 (50 000 Zuschauer) und vergangenes Jahr in Düsseldorf (51 125 Zuschauer) blendend geklappt. Aber die DEL will sich nur alle zwei Jahre an so ein Spektakel wagen, also fragte Funk unter anderem einfach mal in Dresden an. „Und dort war die Begeisterung von Beginn an groß.“
Was bringt das große Spiel am Sonnabend dem Eishockey in Dresden? Sehr viel, glaubt Projektleiter Funk. „Die setzen ein Zeichen mit dem Event und der Zuschauerzahl. Sie zeigen, dass Potenzial da ist für die DEL.“