Luis Enrique beim FC Barcelona: Der moderne Fußball frisst seine Trainer
Luis Enrique hört zum Saisonende nach drei Jahren in Barcelona auf. Gerade bei großen Klubs können Trainer aufgrund von Druck und Intensität kaum länger arbeiten. Ein Kommentar.
Der moderne Fußball frisst seine Trainer. Nun hat er sich also Luis Enrique einverleibt, hat ihn ausgesaugt und ausgespuckt. Kraftloser, ausgezehrter als vor drei Jahren, als er die Stelle beim FC Barcelona antrat. Am Saisonende ist Schluss, länger will Enrique die sportlichen Geschicke der Katalanen nicht leiten. Müde fühle er sich, wegen „der intensiven Art, mit der ich arbeite“. Das alles klingt gewohnt dieser Tage, nicht nur bei Barca, wo Pep Guardiola 2012 eine ähnliche Wortwahl benutzte, um sein Ausscheiden zu erklären. Sehr gut möglich, dass auch Enrique wie sein Freund und Vorgänger Guardiola erst einmal eine Pause vom Trainerdasein einlegt.
Von Guardiola stammt auch der Satz, dass Trainer bei einem Klub von der Größe Barcelonas gar nicht länger überleben können als drei, vielleicht vier Jahre. Mehr denn je scheint das zu stimmen, weder bei Großklubs noch bei durchschnittlichen Erstligisten haben Trainer eine längere Verweildauer. Das liegt nicht nur an der sich medial immer schneller drehenden Welt des Fußball, sondern auch an der Art, wie diese Generation von Trainern arbeitet. Videoanalysen bis tief in die Nacht hinein gehören inzwischen nicht nur zum guten Ton, sondern sind Standard. Matchpläne und mindestens drei verschiedene taktische Formationen pro Spiel auch. Läuft ein Spiel nicht wie erwünscht, sehen sich Trainer anschließend oft mit der Frage konfrontiert, warum sie denn keinen Plan B hatten. Oder C. Oder D.
Das alles ist ziemlich überhitzt. Ein wenig mehr Gelassenheit würde allen Beteiligten gut tun, auch wenn es sich beim Fußball inzwischen um einen Industriezweig handelt, der Millionen und Milliarden generiert. Unions Trainer Jens Keller sagte jüngst dem Magazin „11 Freunde“, er verzichte auch mal darauf, das siebente oder achte Spiel des kommenden Gegners anzusehen. Sechs würden ihm genügen. Im Kern von Kellers Aussage steckt eine nicht ganz unwesentliche Botschaft. Fußball ist immer noch ein Spiel, unversicherbar gegen alle Eventualitäten und Unwägbarkeiten, die sich in 90 Minuten ereignen können. Eine Rote Karte, ein irreguläres Gegentor und schon driftet das Spiel in eine kaum noch zu kontrollierende Richtung. Ganz egal, wie gut der Matchplan war und wie akribisch die Videoanalyse des Gegners.
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