Fußball-Bundesliga: Der Hamburger SV leitet den Umbau ein
Der akut abstiegsbedrohte HSV entlässt seine Führungskräfte Heribert Bruchhagen und Jens Todt – und plant schon für die Zweite Liga.
Gewiss hat Bernd Hoffmann die anhaltende sportliche Talfahrt des HSV dabei geholfen, genug Unterstützer in den Gremien zu finden. Als sich Hoffmann den Mitgliedern am 18. Februar vorstellte, hatten die Profis gerade daheim gegen Bayer Leverkusen verloren, es folgten eine Niederlage bei Werder Bremen und ein 0:0 gegen den FSV Mainz 05. Inzwischen plant der Klub für die Zweite Liga. An das Wunder glaubt keiner mehr.
Besonders lange hat Hoffmann also nicht gebraucht, um seinen schon länger gehegten Plan vom Umbau des Hamburger SV durchzusetzen. Vor knapp drei Wochen mit hauchdünner Mehrheit zum Präsidenten des HSV e.V. gewählt, nutzte der 55 Jahre alte Rheinländer in seiner ersten Amtshandlung die ganze Machtfülle seines Aufsichtsrats-Postens und setzte die Verantwortlichen Heribert Bruchhagen (Vorstandsvorsitzender) und Jens Todt (Sportchef) an die Luft. Angekündigt hatte Hoffmann das in zahlreichen Hintergrundgesprächen schon seit Wochen. Aber wer hätte gedacht, dass er so schnell und konsequent durchgreifen würde?
Seine Idee des neuen HSV sieht vor, einen jungen Vorstandschef und einen erfahrenen Sportvorstand einzustellen, die in enger Abstimmung mit ihm die sportlichen Geschicke lenken. Am Mittwochabend und Donnerstagmorgen ging alles ganz schnell. Erst berief ihn der Aufsichtsrat der HSV Fußball AG zu ihrem Chef-Kontrolleur, nachdem Hoffmann ja zunächst nur zweiter Mann im Kontrollgremium gewesen war. Dann sprach Hoffmann am Vormittag mit Bruchhagen, der dem HSV ein gutes Jahr lang als Vorstandschef gedient hatte. Hoffmann sagte: „Wir brauchen so schnell wie möglich einen Neustart, um am Ende einen wettbewerbsfähigen Kader für die neue Saison zu haben.“ Bruchhagen sei nicht der Alleinschuldige gewesen, trage als Vorstandschef aber die Verantwortung. Der Entlassene selbst sagte: „Die ersten acht der 14 Monate meiner Amtszeit sind erfolgreich gewesen. Dann aber habe ich geglaubt, dass wir gut aufgestellt in die Saison 2017/18 gehen werden. Da habe ich mich getäuscht.“
Sportchef Jens Todt wurde vom letzten verbliebenen Vorstandsmitglied angerufen. Finanzvorstand Frank Wettstein informierte den unglücklich agierenden Sportchef über seine Entlassung. Für den Profisport ist bis auf Weiteres der Direktor Sport, Bernhard Peters, zuständig. Es gilt als ausgemacht, dass Hoffmann und Wettstein, die sich gut verstehen, nun in einer Politik der zwei Tempi verfahren werden: Während es bei der Suche nach dem Vorstandschef keine Eile gibt, soll der sportlich Verantwortliche am besten schon in der nächsten Woche feststehen. Es kursieren die Namen Horst Heldt und Jörg Schmadtke, wobei beide sagen, es habe keinen Kontakt gegeben. Der „Kicker“ brachte zudem Jonas Boldt (Bayer Leverkusen) und Ralf Becker (Holstein Kiel) ins Spiel. Hoffmann wirbt für den Posten in Sachen Neuaufbau des HSV damit, dass der kommende Sportchef auf Vorstandsebene agieren werde. Das hatte er Jens Todt nicht zugetraut.
Bruchhagen und Todt sind weg, Frank Wettstein ist als kommissarischer Vorstandschef der neue starke Mann der AG, und im Hintergrund hält Bernd Hoffmann die Zügel in der Hand. Was aber wird aus Bernd Hollerbach? Sollte der Hamburger SV auch am Samstag in München nicht gewinnen, wäre dies das siebte Spiel hintereinander mit ihm auf der Bank ohne Sieg. Es gilt als ausgemacht, dass Hollerbach nicht der Mann für den Neuanfang in der Zweiten Liga ist. Aktuell vertraue man ihm, sagte Wettstein. Der neue Trainer soll seine Arbeit unbeschädigt vom wahrscheinlichen Abstieg beginnen.
„Es gibt keine Gefahr, dass der HSV auseinanderfliegt“, sagte Wettstein. Hoffmann meinte: „Das ist jetzt der Neustart, den wir brauchen.“ Konsequent und schnell hat Hoffmann gehandelt, weil er nicht länger zusehen wollte, wie die beiden entscheidenden Posten mit Personen besetzt sind, die keine Zukunft beim HSV haben. Jetzt wird sich zeigen, wen Hoffmann in der Hinterhand hat.