Fußball-Bundesliga: Der Erfolg von Hertha BSC hat nichts mit Glück zu tun
In nicht mal elf Monaten ist Hertha BSC unter Pal Dardai durch die Liga gerauscht – von ganz unten bis auf Platz drei. Der Trainer hat Spieler und Team systematisch verbessert.
Kurz bevor Pal Dardai sich in den Weihnachtsurlaub verabschiedete, ließ er noch einen Satz im Olympiastadion zurück. „Wenn wir anfangen, zufrieden zu sein, haben wir ein Problem.“ Gerade eben war er gefeiert worden von den Hertha-Fans in der Ostkurve. Huldigungen dieser Art sind seine Sache nicht. „Ich bin es nicht allein“, sagt Dardai. „Es sind die Jungs auf dem Platz. Sie sind es, die sich stets verbessern wollen. Wir, die Trainer und Betreuer, wir lenken sie, aber sie machen es dann.“
Herthas Erfolg hat nichts mit Glück zu tun
Was vor knapp elf Monaten begann, hat nun mit dem letzten Spiel des Jahres ein vorläufiges Ende gefunden. Kurz vor dem 20. Spieltag der Vorsaison hatte Dardai das Amt des Cheftrainers bei den Berlinern übernommen. Hertha lag damals auf dem vorletzten Tabellenplatz. Sein erstes Spiel als Trainer wurde gewonnen – übrigens beim FSV Mainz 05 mit 2:0. Mit dem gleichen Ergebnis gegen den gleichen Gegner verabschiedete sich Hertha BSC nun in die Winterpause. Doch zwischen beiden Ereignissen liegen Welten. Damals steckten die Berliner in akuter Abstiegsgefahr, nun überwintern sie als Tabellendritter auf einem Champions-League-Platz.
Es ist erstaunlich, in welch kurzer Zeit aus einer wackeligen Fahrstuhlmannschaft ein stabiles, widerstandsfähiges und taktisch wie spielerisch reifes Gebilde geformt wurde. Es hat weder mit Zufall noch mit Glück zu tun, dass Hertha so weit oben in der Tabelle steht. Für Dardai ist es ein Ergebnis systematischer, fleißiger Arbeit. Vor allem aber hat er Spielkultur reingebracht. Das hat alles nicht mit Handauflegen zu tun, sondern viel mit gutem Training. Wobei es nicht die Umfänge sind, sondern die Inhalte. Noch die kleinste Übung ist taktisch durchtränkt. Das hat jeden einzelnen Spieler ein Stückchen weiter gebracht.
"Wir können sehr weit kommen“, sagt Salomon Kalou
„Die Automatismen greifen alle. So einen Lauf habe ich noch nicht erlebt, seitdem ich bei Hertha bin“, sagte Sebastian Langkamp. Und mit den Siegen wuchs das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und die der Gruppe. „Wir haben alle sehr viel Selbstvertrauen. Wir können sehr weit kommen“, sagte Salomon Kalou. Auch den Ivorer hat Pal Dardai neu motivieren können. Mit neun Toren ist er Herthas erfolgreichster Torschütze.
Zehn Siege in einer Saisonhälfte wie jetzt, das schafften die Berliner sonst nur in der Spielzeit 2008/09. Sie war mit 33 Punkten die erfolgreichste überhaupt in der Vereinshistorie. Aktuell haben die Berliner mit 32 Punkten die zweitbeste Bilanz aufzuweisen. „Fußball ist ein komisches Spiel. Letzte Saison ist so viel schief gegangen, jetzt läuft fast alles gut. Obwohl fast die gleichen Leute auf dem Platz stehen“, sagte Per Skjelbred, der wie sein Landsmann Rune Jarstein die Feiertage in der norwegischen Heimat verbringen wird.
Knapp zwei Wochen werden die Spieler abschalten und regenerieren können. Am 3. Januar möchte Dardai mental frische Spieler begrüßen können. Dann wird die Vorbereitung auf die Rückrunde beginnen. Und dann werden die Berliner nicht mehr unter dem Radar der Konkurrenz fliegen, man wird sie jagen, die Berliner. Insbesondere jene Mannschaften, die man auf Grund ihrer wirtschaftlichen Ausstattung eher so weit vorn in der Tabelle erwartet hätte, wie Wolfsburg, Schalke und Leverkusen.
Denn es stimmt ja, die Berliner, die sich durch wirklich guten Fußball jeden Punkt verdienten, haben etwas zu verlieren. „Ich war schon mal mit Hoffenheim Herbstmeister, dann sind wir in der Rückrunde mächtig abgerutscht“, sagte Vedad Ibisevic. Doch das werde Hertha nicht passieren, wie der Bosnier sagte. „Wir bleiben auf dem Boden und wissen, dass wir immer am Limit spielen müssen.“ Auch in der Rückrunde. „Es fehlen noch acht Punkte für das erste Ziel. Dann reden wir über das zweite“, sagte Vladimir Darida. Und Langkamp ergänzte: „Wenn wir diese Leistung weiter bringen können, ist der Klassenerhalt sicherlich nicht das Ziel.“
Das sollten auch nicht die 39 835 Zuschauer sein, die der Tabellendritte am Sonntag zum Jahresausklang zog. „Ich bin nicht enttäuscht“, sagte Dardai: „Ich weiß, was alles kostet in Berlin, Weihnachtsmarkt und Frisör.“ Irgendwann werde Herthas Aufschwung auch die ganze Stadt erreichen, reden würden ja schon alle drüber.