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Kevin Behrens (3. von links) leitete die Berliner Aufholjagd in Dortmund mit einem herausgeholten Elfmeter ein.
© imago images/RHR-Foto

Positive Erkenntnis trotz zweiter Niederlage in Folge: Der 1. FC Union kann sich auf seine Joker verlassen

Die Niederlage in Dortmund offenbart einige Schwächen der Berliner, doch auch eine große Stärke. Kevin Behrens und Andreas Voglsammer sind sofort hellwach.

Kevin Behrens war erst wenige Sekunden auf dem Platz, aber schon hellwach. Der Stürmer des 1. FC Union stürzte sich am Fünfmeterraum auf einen abgeprallten Ball und war von Dortmunds Axel Witsel nur mit einem Foul zu stoppen. Max Kruse verwandelte den Strafstoß sicher zum zwischenzeitlichen 1:3. Andreas Voglsammer verkürzte in der Schlussphase – nur vier Minuten nach seiner Einwechselung – sogar auf 2:3. Da Erling Haaland noch ein Traumtor nachlegte, verloren die Berliner zwar beim BVB. Union beendet die dritte Englische Woche der noch jungen Saison aber trotz der zwei Niederlagen in Folge mit einigen positiven Erkenntnissen.

Die offensichtlichste betrifft die zweite Reihe. Gerade mit der für fast alle Spieler ungewohnt hohen Belastung kommt den Akteuren hinter der nominellen Stammelf eine noch größere Bedeutung zu. Konnte es sich Trainer Urs Fischer in der vergangenen Saison noch leisten, abgesehen von Verletzungen, meist auf eine bewehrte Startformation zu setzen, ist nun mehr Rotation nötig – zwischen den Spielen und währenddessen. Gerade die Einwechslungen im laufenden Betrieb haben sich bei den vergangenen Auftritten oft positiv bemerkbar gemacht.

Gegen Dortmund waren Behrens und Voglsammer an beiden Toren wesentlich beteiligt. Drei Tage zuvor in Prag war der zwischenzeitliche Ausgleich von der Einleitung über die Vorlage bis zum Abschluss eine Koproduktion der kurz zuvor eingewechselten Voglsammer, Behrens und Sheraldo Becker, der am Sonntag allerdings aus familiären Gründen fehlte. „Sie haben frischen Wind und Schwung gebracht“, sagte Fischer nach der Niederlage in der Conference League – und dasselbe hätte er auch in Dortmund sagen können.

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Dass Behrens in seinen wenigen Einsatzminuten bereits solch einen spürbaren Einfluss ausübt, ist durchaus überraschend. In der Sommerpause haben sich viele Beobachter etwas fragend angeschaut, als Union den Stürmer ablösefrei verpflichtete. Ein 30-Jähriger ohne jegliche Bundesliga-Erfahrung, der die vergangenen drei Spielzeiten beim kleinen SV Sandhausen verbracht hat, soll die ambitionierten Berliner weiterbringen? Während sich der Transfer von Voglsammer aus Bielefeld schon auf den ersten Blick erschloss, herrschte bei Behrens durchaus Skepsis.

In Sandhausen war der Stürmer, der dort aufgrund seiner Sympathien für den portugiesischen Ausnahmefußballer teilweise als „Hardtwald-Ronaldo“ betitelt wurde, in 98 Spielen an 46 Toren beteiligt. Keine schlechte Quote, doch zwischen Zweiter Liga in der Provinz und Europapokal in Berlin liegen in allen Belangen Welten. „Bis 23, 24 habe ich mich schon extrem unter Druck gesetzt“, hat der bei Werder Bremen ausgebildete Behrens kürzlich in einem Vereinsinterview erzählt. „Dann habe ich gemerkt, dass ich mit dem Druck nicht weiterkomme und es etwas lockerer angehen lassen.“ Die Hoffnung auf eine Profikarriere und die Bundesliga habe der Spätstarter aber nie aufgegeben.

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Diese Geduld und Beharrlichkeit scheinen sich nun auszuzahlen. Bei Union bekommt Behrens seine Chancen – und aktuell nutzt er sie. An Kruse und Taiwo Awoniyi, die an den ersten Spieltagen brillant harmonierten, zuletzt aber etwas glücklos agierten, wird im Normalfall für keinen der Stürmer aus der zweiten Reihe ein Vorbeikommen sein. Mit Voglsammer und Behrens scheint Manager Oliver Ruhnert samt seinem Scouting-Team dennoch mal wieder einen guten Griff getan zu haben. Denn bei derart vielen Spielen sind Joker, die wenig Anlaufzeit brauchen, ein ganz wichtiger Faktor.

Das gilt umso mehr, da Union in dieser Saison noch große Probleme mit der Konstanz hat. In nahezu allen Auftritten gab es Phasen, in denen die Mannschaft nicht richtig im Spiel war und dem Gegner viel zu große Räume gewährte. In Prag und Dortmund fehlte in der ersten Hälfte oft der Zugriff, woraus auch eine offensive Harmlosigkeit resultierte. „Wir sind sehr schwer hereingekommen und haben keine Sicherheit im Spiel gehabt“, sagte Torwart Andreas Luthe bei „Dazn“.

Erst nach der Pause, beim Stand von 0:3, steigerte sich Union und bereitete den nun sehr nachlässigen Dortmundern Schwierigkeiten. „Die Mannschaft hat eine tolle Moral gezeigt“, sagte Fischer nach der 2:4-Niederlage. „Ich bin mit der Leistung zufrieden.“ Das gilt sicherlich auch für jene seiner Joker Kevin Behrens und Andreas Voglsammer.

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