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Große Spannweite. Der neue Füchse-Keeper Dejan Milosavljev ist eine imposante Erscheinung im Handball-Tor, an der man erstmal vorbeiwerfen muss.
© imago

Neuer Torhüter bei den Füchsen Berlin: Dejan Milosavljev soll Dampf machen

Dejan Milosavljev soll den Konkurrenzkampf bei den Füchsen Berlin neu beleben. Am Samstag starten die Berliner in die Pflichtspielsaison.

Die Füchse Berlin haben dieser Tage ein Video über ihre sozialen Kanäle verbreitet, Titel: „Best of the Best“. Zu sehen sind das schönste Tor der abgelaufenen Champions-League-Saison, die beste Vorlage – und natürlich die spektakulärste Torhüterparade. Dejan Milosavljev eilt aus seinem Kasten und verkürzt den Winkel, um den Schützen zu verunsichern; im allerletzten Moment reißt er seinen rechten Arm in die Höhe und entschärft einen Wurf aus Nahdistanz, der sonst garantiert im Winkel eingeschlagen hätte – eine irre Reaktion, wie bestellt für Highlight-Schnipsel im Internet-Zeitalter.

Danach kann man wunderbar die Verwandlung des Serben beobachten – von einem stillen, fast schon stoischen Zeitgenossen zu einem lauten, mitreißenden, emotionalen Teamkollegen. Gerade unter Torhütern ist diese Metamorphose kein gänzlich neues Phänomen, das wissen sie nach einem Jahrzehnt der Zusammenarbeit mit Silvio Heinevetter auch im Lager des Berliner Handball-Bundesligisten. Vielleicht gibt es kein besseres Beispiel als ihn zum Beleg der These, dass Torhüter oft zwei Gesichter haben: eines jenseits der Halle und eines für den Wettkampf.

Vor dem Start der Saison 2019/20, die für die Füchse an diesem Samstag mit dem DHB-Pokalspiel gegen Zweitligist Krefeld beginnt, hat der lange unantastbare Heinevetter nun allerdings prominente Konkurrenz bekommen: eben Dejan Milosavljev, 23 Jahre jung und mit höchsten internationalen Ehren ausgezeichnet. Im Juni gewann der Torhüter mit seinem alten Arbeitgeber Vardar Skopje die Champions League. Darüber hinaus wurde er mit großer Mehrheit ins All-Star-Team des Wettbewerbs gewählt. Entsprechend hoch ist die Erwartungshaltung an den neuen Mann. „Dejan ist ein außergewöhnlicher Spieler“, sagt Trainer Velimir Petkovic, „so einen wie ihn würde jeder Trainer mit verbundenen Augen nehmen.“

Zum Interview-Termin im Trainingszentrum in Hohenschönhausen hat Milosavljev das Gesicht aufgesetzt, das er normalerweise außerhalb der Halle trägt. Trotz seiner imposanten Erscheinung – 115 Kilogramm verteilen sich auf eine Körpergröße von 196 Zentimetern – wirkt er fast schüchtern. Aber wer will ihm das verdenken? Milosavljev ist jung, Berlin seine erste Auslandsstation, Vereinslegende Heinevetter sein mutmaßlich erster Konkurrent um einen Stammplatz. „Der Wechsel ist ein großer Schritt für mich und meine Karriere. Ich will hier in Berlin mehr lernen, mich weiterentwickeln, die nächsten Schritte machen", sagt der 23-Jährige pflichtbewusst. Dass es im Profi-Kader der Füchse zahlreiche Spieler vom Balkan gibt, etwa seinen Nationalmannschaftskollegen Mijajlo Marsenic, Abwehrchef Jakov Gojun oder Trainer Petkovic, hat ihm die Eingewöhnung extrem erleichtert. Seine ersten Eindrücke von Deutschland, Berlin und den neuen Kollegen fasst Milosavljev wiefolgt zusammen: „Es ist alles sehr, sehr strukturiert hier.“

In Skopje war das nicht unbedingt der Fall. Der mazedonische Klub hat zuletzt zwar zwei Mal die Champions League gewonnen (2017, 2019), aber der sportlich schöne Schein täuschte über so manches Problem hinweg. „Wir haben sieben, acht Monate kein Gehalt bekommen“, erzählt Milosavljev. Vardards Mäzen, der russische Milliardär Sergej Samsonenko, hatte zwischenzeitlich die Lust an seinem Spielzeug verloren und sämtliche Zahlungen eingestellt. „Damit war für mich klar, dass ich gehen werde“, sagt Milosavljev, „erst recht, als das Angebot aus Berlin kam.“

Er hat nicht die Statur eines Leistungssportlers, aber was soll's?

Bei den Füchsen jedenfalls freuen sie über und auf ihren hochbegabten Neuen, obwohl Velimir Petkovic zuletzt ein paar kritische Fragen zu Milosavljev beantworten musste. „Viele Leute wollten von mir wissen, ob Dejan nicht erstmal abspecken muss, bevor er in der Bundesliga spielen kann“, sagt der Trainer. „Aber das ist natürlich Quatsch“, ergänzt er, „wir haben ihn so geholt, wie er ist, und werden ihn nicht verbiegen.“ Dass Milosavljev auf den ersten Blick nicht die Statur eines Leistungssportlers hat – geschenkt. „Wir wissen, was wir an ihm haben“, sagt Petkovic.

Milosavljev soll den Konkurrenzkampf im Tor weiter anheizen, wo die Füchse neben Heinevetter ja auch noch über Martin Ziemer verfügen. Vor allem aber soll er Heinevetter Dampf machen, mit dessen Trainingsleistungen sie im Verein zuletzt nicht immer zufrieden waren. „Wir dürfen aber auch nicht zu viel von ihm erwarten“, sagt Petkovic, „er wird sich erst an die Bundesliga gewöhnen müssen.“

Auf diesen Umstand verweist auch Dejan Milosavljev. „Hier spielt man alle drei, vier Tage gegen Topteams, das war in Skopje anders", sagt er. Für Milosavljev bedeutet das neben regulärem Training vor allem: großen Aufwand in der Videoanalyse. Er muss die Wurfbilder der Bundesliga-Spieler kennen und kennenlernen, gegen die er noch nie gespielt hat. Dann gibt es am Saisonende womöglich auch wieder Highlight-Videos von ihm im Internet zu sehen. Bei den Füchsen Berlin hätten sie dagegen sicher nichts einzuwenden.</SB>

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