Füchse-Sportvorstand Stefan Kretzschmar: „Das war jetzt ein sensationeller erster Schritt“
Nach dem Sieg gegen Montpellier ist die Stimmung bei den Füchsen gelöst. Stefan Kretzschmar freut sich über den Erfolg und glaubt an das Potenzial des Teams.
Nach dem wichtigen 31:23-Sieg gegen Montpellier fällt bei den Füchsen Druck ab. Sportvorstand Stefan Kretzschmar spricht über Schlüsselmomente, in denen sich Selbstvertrauen entwickelte, und die Chancen für die restlichen Liga-Spiele.
Herr Kretzschmar, der Sieg gegen Montpellier war immens wichtig für den Verein und wurde wahrscheinlich auch entsprechend gefeiert. Wie ist die Stimmung am Tag darauf?
Also ich denke mal schon, dass die Mannschaft noch das eine oder andere Bier getrunken hat. Nach der langen Durststrecke und den wenigen Möglichkeiten, etwas zu feiern, haben sie sich das redlich verdient. Die Moral, die das Team gegen den Champions League-Anwärter gezeigt hat, ist nicht hoch genug zu bewerten. Wir sind natürlich alle erleichtert, dass wir unser Ziel, uns für das Final Four zu qualifizieren, erreicht haben. Es ist nicht auszurechnen, wie das Resümee gewesen wäre, wenn wir ausgeschieden wären.
Wieviele Gedanken haben Sie sich in den letzten Tagen darüber gemacht, was passieren müsste, wenn das Ziel nicht erreicht wird?
Die Kommentare und Schlagzeilen der letzten Woche waren schon vernichtend. Im Sport geht sowas sehr schnell. Da wird man innerhalb von wenigen Monaten vom Superstar zum Fehleinkauf. Ich persönlich habe mich zwingen müssen, nicht mehr in die sozialen Medien zu schauen, um einen klaren Blick zu behalten und die Emotionen nicht überkochen zu lassen. Doch natürlich mache ich mir jeden Tag darüber Gedanken und musste mich auch selbst hinterfragen – schließlich bin ich zum großen Teil dafür verantwortlich, wenn es nicht gut läuft. Das war nicht leicht.
Seit der Weltmeisterschaftspause waren die Füchse in einem Tief und konnten die eigenen Erwartungen nicht erfüllen. Bedurfte es vor dem Spiel einer besonderen Motivation?
Die Initialzündung war meiner Meinung nach das Oster-Trainingslager. Da haben die Jungs neu zusammengefunden und sind enger zusammengerückt. Unsicherheit legt man jedoch nicht von einem Tag auf den anderen ab. Da war es dann auch nicht mehr richtig, noch mehr Druck zu machen. Es will ja jeder lieber erfolgreich sein, anstatt zu verlieren. Und während des Spiels gab es dann Schlüsselmomente, in denen sich das Selbstvertrauen einfach entwickeln konnte.
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Kapitän Paul Drux hat wichtige Impulse gesetzt, die beiden Außen Tim Matthes und Hans Lindberg verwandelten alle ihre Würfe und die Defensive stand im Verbund mit Dejan Milosavljev so gut wie schon lange nicht mehr.
Wir waren vorher zu unsicher am Ball und haben zu wenig auf die gegnerische Abwehr reagiert. Diese Cleverness macht Spitzenmannschaften aus. Da hat Paul viel Ruhe einbringen können und auch Hans hat mit seiner Routine die nötige Selbstsicherheit ausgestrahlt. Dazu kam der starke Abwehrblock. Fabian Wiede hat das spielerisch allerdings auch gut gelöst, Jacob Holm war energisch mit Druck zum Tor... Jeder hat sich aufgeopfert und man hat gesehen, was in der Mannschaft steckt.
Wie sehen Sie die Chancen für die restlichen Liga-Spiele und das European League Final Four in Mannheim am 22./23. Mai?
Solche Aussagen sind schwierig. Da habe ich in den letzten Wochen viel Lehrgeld bezahlt. Wir tun gut daran, nicht gleich wieder vom Himmel zu träumen. Das war jetzt ein sensationeller erster Schritt und hoffentlich ein Brustlöser. Den Rest werden wir sehen. Die Mannschaft hat in jedem Fall das Potenzial – da hat sich meine Meinung nicht geändert. Die Füchse haben beim Pokalsieg in Magdeburg 2018 gezeigt, was sich für eine Eigendynamik bei einem Final Four entwickeln kann. Da ist alles möglich. Jetzt freue ich mich aber erstmal, dass wir dabei sind.