Füchse-Pechvogel Milos Vujovic: Fahrrad-Unfall, Corona-Infektion und jetzt am Fuß verletzt
Auf dem Fahrrad kollidierte Milos Vujovic mit einem Lkw, er erkrankte an Corona, aber seinen Optimismus hat der Handballer der Füchse Berlin nicht verloren.
Immer wieder sprang Milos Vujovic auf, feuerte seine Teamkameraden durch Klatschen und Rufen an. Viel mehr bleibt dem Linksaußen der Füchse momentan nicht übrig. Seit zwei Wochen muss er verletzungsbedingt auf der Tribüne Platz nehmen. Am Donnerstag konnte er aber mit seinem Team zumindest einen 28:21 (12:13)-Sieg gegen die Eulen Ludwigshafen feiern. „Es ist schrecklich nicht helfen zu können“, sagt der 27-Jährige.
Für den Rechtshänder ist es nicht das erste Mal, dass er in seiner erst kurzen Zeit in der Hauptstadt dem Spielgeschehen fernbleiben muss. Für diese Saison vom ungarischen Spitzenklub Grundfos Tatabanya verpflichtet, wurde Vujovic fast schon vom Pech verfolgt. Erst erlitt er in der Vorbereitungsphase einen lebensgefährlichen Unfall, im November folgte eine Corona-Erkrankung und letztlich zog er sich eine Fußverletzung zu. Trotzdem vermittelt Vujovic einen beeindruckenden Optimismus: „Ich versuche immer positiv zu bleiben. Das ist etwas, was tief in meinem Kopf verankert ist.“ Diese Zuversicht wurde in Berlin auf eine harte Probe gestellt.
Als Vujovic im August vergangenen Jahres zum Training radelnd von einem Lkw erfasst wurde, entging er nur knapp dem Tod. Für eine Sekunde hatte er sich schon von seinem Leben verabschiedet, überlebte wie durch ein Wunder mit Rippenbrüchen, Lungenprellung und zahlreichen Blutergüssen. Spricht er heute über den Vorfall, stellt er allerdings nicht seine Verletzungen in der Vordergrund oder wie er diese erlebt hat. Er betont den Schock für seine Familie, bedauert, dass er den Füchsen damals nicht helfen konnte. Da passt es schon fast ins Bild, dass er noch am Unfallort bei Geschäftsführer Bob Hanning anrief, um sich zu entschuldigen, dass er für unbestimmte Zeit ausfalle.
Coronaerkrankung mit Folgen
In nur sieben Wochen kämpfte sich der ehrgeizige Linksaußen zurück – nicht nur in die Startformation der Füchse, sondern ebenso in die Nationalmannschaft. Dann aber der nächste Schock: Nach einem Einsatz für Montenegro wurde Vujovic positiv auf Covid-19 getestet. „Die ersten Tage hatte ich kaum Symptome, erst später habe ich Geschmacks- und Geruchssinn verloren. Ich warte immer noch darauf, dass das wieder kommt.“ Hinzu kamen körperliche Schwäche und auch nach der Genesung Ausdauer-Probleme. Er war zwar nicht mehr an Corona erkrankt, aber deswegen noch nicht gesund.
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Wobei die Nachwirkungen sich nicht auf das Körperliche beschränkten. „Es war, als ob meine Gefühle auf stumm gestaltet waren. Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll“, sagt Vujovic. Der emotionale Handballer erlebte einen ungewohnten Tiefschlag, eine Art Burn-out. Doch mit der Hilfe seiner Familie und seiner Mannschaftskameraden fand er abermals zu seiner alten Stärke.
Mittlerweile überwiegt in ihm erneut der Optimismus, genauso wie sein ständiger Antrieb, sich verbessern zu wollen. Gegen Minden und Magdeburg war zu erkennen, wozu Vujovic in der Lage ist, wenn Körper und Kopf mitspielen. Schnell auf der Außenbahn und mit variationsreichen Abschlüssen demonstrierte er mit Spielfreude und Kaltschnäuzigkeit warum ihm Sportvorstand Stefan Kretzschmar zutraut, einer der „spektakulärsten Spieler der Bundesliga“ zu werden.
Wahlberliner Vujovic
Es blieb allerdings bei einer kurzen Vorführung seiner Klasse. Ein Hämatom in der Ferse zwingt ihn aktuell zum Aussetzen. „Ich warte nur darauf, dass der Schmerz verschwindet“, berichtet Vujovic, der es kaum erwarten kann, wieder für die Füchse aufzulaufen. „Das ist mein Traum, dafür mache ich alles“, sagt er. Die Füchse sind für ihn nicht nur eine weitere Station in seiner Vita. Hier wollte er schon spielen, als er 2017 mit Tatabanya im Viertelfinale des EHF-Pokals zu Gast war. „Der Verein, die Fans, die Halle... Das hat mich begeistert“, erzählt Vujovic, der sich zunächst gar nicht getraut hatte, seine Ambitionen laut auszusprechen. Als dann gut zwei Jahre später mit Kretzschmar eines seiner Idole anrief und ihm einen Vertrag in Berlin anbot, hätte die Freude kaum größer sein können: „Da wurden meine Gebete erhört. Ich war einfach nur überglücklich.“
In seiner Wohnung in Mitte heimisch geworden, war es ihm wichtig in der Nähe seiner Mannschaftskameraden zu leben, die längst zu Freunden wurden. Es erleichterte ihm das Einleben unter Pandemie-Bedingungen, in denen die Weltstadt nicht wie sonst mit geöffneten Museen, Restaurants und Geschäften aufwarten kann. Vujovics Berlin ist ruhig. Er spürt indes genauso die Ängste der Bewohner und ihren anwachsenden Ärger. „Corona hat die Menschen verunsichert. Aber ich freue mich auf den Tag, an dem sie ihre Masken abnehmen und ich ihr Lächeln sehen kann“, sagt Vujovic. Für ihn sind Negativerlebnisse nur kleine Stolpersteine auf dem Weg zu einem größeren Ziel. Deshalb glaubt er fest daran, bald das dauerhaft machen zu können, was er liebt – in Berlin Handball spielen.