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Spielte kränklich keine große Rolle: Berlins Luke Sikma.
© Nicolas Armer/dpa

Alba Berlin: Das verlorene Duell zweier Basketball-Philosophien

Albas dritte Finalniederlage in Folge war knapp, aber verdient. Danach ist bei den Spielern und Verantwortlichen viel Ratlosigkeit zu spüren.

Die Fans von Alba Berlin fanden ihren eigenen Weg, mit der Enttäuschung umzugehen. Nachdem die etwa 700 mitgereisten Berliner ihre Mannschaft in der Bamberger Arena trotz der dramatischen 82:83-Niederlage im Pokalfinale ausgiebig gefeiert hatten, zogen viele von ihnen am Sonntagabend singend Richtung Bahnhof. „Wir gewinnen die Meisterschaft, wir gewinnen den Eurocup und der Pokal ist scheißegal!“, schallte es durch Bamberg, war es im ICE deutlich zu hören – und um kurz vor Mitternacht auch am Südkreuz. Bei den Berliner Basketballern wird die Verarbeitung der Trauer länger dauern. Zum Singen war dem Team am Sonntag nicht zumute.

Alba hatte nicht gut gespielt, sah im Schlussviertel bei elf Punkten Rückstand schon wie der sichere Verlierer aus, arbeitete sich aber zurück in das Spiel und führte Sekunden vor Schluss mit 82:80. „Ich dachte, es ist Karma“, sagte der Sportdirektor Himar Ojeda. „Letztes Jahr hätten wir den Sieg im Pokalfinal verdient gehabt, da waren wir die bessere Mannschaft und haben trotzdem verloren.“ Dass die Berliner für den in der Vorsaison gegen Bayern sehr unglücklich verlorenen Titel nun nicht nachträglich entschädigt wurden, hatte viele Gründe. Der offensichtlichste war Nikos Zisis.

Erfahrene Spieler wie Niko Zisis hat Alba nicht

Bambergs routinierter Grieche behielt die Nerven und versenkte den entscheidenden Dreier freistehend 2,4 Sekunden vor Schluss. „Die Klasse und Erfahrung haben den Ausschlag gegeben", sagte Bambergs erst vor einem Monat zum Cheftrainer beförderter Federico Perego. „Wenn du Leute wie Zisis mit einer Big-Player-Mentalität’ auf deiner Seite hast, wird alles leichter.“ Spieler wie den 35 Jahre alten Griechen, der im europäischen Basketball auf Klub- und Nationalmannschaftsebene schon alles gewonnen hat, sucht man bei Alba vergeblich. Die Berliner setzen bewusst – und aus finanziellen Gründen – auf junge, ehrgeizige Spieler mit viel Entwicklungspotenzial.

Der überragende Mann. Bambergs Nikos Zisis entschied das Finale.
Der überragende Mann. Bambergs Nikos Zisis entschied das Finale.
© imago/isslerimages

So war es letztlich auch ein Duell unterschiedlicher Basketball-Philosophien, das mit viel Glück, aber verdient an Bamberg ging. „Wir hatten befürchtet, dass die Erfahrung das Spiel entscheidet. Und so war es dann auch“, sagte Ojeda. Bei den Spielern und Verantwortlichen von Alba war nach dem Spiel eine Menge Ratlosigkeit und Leere zu spüren. „Wir hatten in dieser Saison viele Schwierigkeiten“, sagte Trainer Aito Garcia Reneses. Peyton Siva war nach seiner langen Verletzungspause ebenso wenig in Topform wie Joshiko Saibou. Für Stefan Peno ist die Spielzeit mit einer schweren Knieverletzung bereits beendet und Neuzugang Derrick Walton machte nach nur drei Trainingstagen mit dem Team eine unglückliche Figur.

Am härtesten traf die Berliner aber die Erkrankung Luke Sikmas. Der wichtigste Spieler war durch eine Grippe deutlich geschwächt, stand zwar 26 Minuten auf dem Parkett, nahm aber kaum Einfluss auf das Geschehen. Sein letzter Verzweiflungswurf mit Ablauf der Zeit hätte Alba noch den Sieg bringen können, war allerdings deutlich zu weit. „Luke ist so wichtig für uns“, sagte Reneses. „Es ist sehr schwer für uns, wenn er nicht fit ist.“ Dazu kam das Lospech, das den Berlinern ein Auswärtsspiel in einer der hitzigsten Hallen Deutschlands beschert hatte. Der erfahrene Reneses weiß allerdings genauso gut wie Ojeda und Marco Baldi, dass es nach solch einer schmerzhaften Niederlage nicht hilft, länger über die schwierigen Umstände nachzudenken.

Reneses glaubt nicht, dass das Finale Spuren hinterlässt

„Das ist bitter, aber jetzt ist das Entscheidende, wie wir mit dieser Niederlage umgehen“, sagte der Manager, der schon im Vorfeld den Wert von Endspielen für die Entwicklung von Sportlern betont hatte. „Solche Momente muss man als Antrieb nehmen“, sagte Baldi. Trotz aller Trauer gehen sie bei Alba nicht davon aus, dass die dritte Finalniederlage innerhalb eines Jahres dauerhaft Spuren bei der Mannschaft hinterlassen wird. „Ich glaube nicht, dass es ein psychologisches Problem wird“, sagte Reneses und verwies auf die weiterhin intakten Chancen in Meisterschaft und Eurocup. „Was wir mit diesem jungen Team leisten, ist sehr gut.“

Baldi bezeichnete die Mannschaft als „besonders, was die Geschlossenheit angeht“. Natürlich spiele man um Pokale und dass Alba den ersten Titel seit 2016 nur um Sekunden verpasst habe, sei sehr schmerzhaft. „Die Entwicklung in den letzten zwei Jahren ist trotzdem überragend.“ Jetzt haben die Berliner erst mal etwas Zeit, um die Enttäuschung zu verarbeiten. Niels Giffey, Johannes Thiemann, Jonas Mattisseck, Saibou, Rokas Giedraitis und Martin Hermannsson sind mit ihren jeweiligen Nationalteams in der WM-Qualifikation im Einsatz und das nächste Bundesliga-Spiel steht erst am 2. März auf dem Programm. Dann beginnt die zweite Saisonhälfte mit bis zu 40 Spielen in Liga, Play-offs und Eurocup. Zwei Titel sind für Alba noch möglich. Und Thiemann ist sich sicher: „Wir wollen auf keinen Fall ein viertes Finale verlieren.“

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