„Hier regiert der FCU“: Das Derby zementiert die Machtverhältnisse
Der 1. FC Union bestätigt durch das 3:2 gegen Hertha im Pokal seine Position als Nummer eins im Berliner Profifußball und hat in dieser Saison noch viel vor.
Es waren erst wenige Minuten gespielt im Olympiastadion, Tore waren noch nicht gefallen, doch die 200 Fans des 1. FC Union waren sich ihrer Sache schon ziemlich sicher. „Hier regiert der FCU“, schallte es aus dem Gästeblock über den Rasen, und aus der ebenso spärlich gefüllten Ostkurve kam zu diesem Zeitpunkt nicht viel mehr Gegenwehr als von den Spielern von Hertha BSC auf dem Platz. Das änderte sich zwar im Laufe des Spiels ein wenig, doch die Gesänge der Union-Fans blieben mehr als eine bloße Kampfansage.
„Hier regiert der FCU“, das ist in diesem Winter 2021/22 auch eine Zustandsbeschreibung des Berliner Fußballs. Während Trainer Urs Fischer und Mittelfeldspieler Grischa Prömel den Diskussionen über die sportlichen Machtverhältnisse in der Stadt auswichen, sprach Max Kruse das Offensichtliche trocken aus. „Stand jetzt: ja“, beantwortete der Stürmer die Frage, ob Union mittlerweile die Nummer eins in Berlin sei.
Viel Wagemut erforderte diese Aussage nicht. Unions 3:2-Sieg im Pokal-Achtelfinale am Mittwochabend war ebenso verdient wie folgerichtig. Während Hertha mal wieder viele Defizite offenbarte, waren die Köpenicker auf den Punkt da. „Wir haben dem Spiel unseren Stempel aufgedrückt und waren von Beginn an sehr gut im Spiel“, sagte Kruse, der schon nach handgestoppten zehn Sekunden den ersten Warnschuss abgab und wenig später das Traumtor von Andreas Voglsammer vorbereitete.
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In der ersten halben Stunde war zwischen den zwei Berliner Bundesligisten ein Klassenunterschied zu erkennen, wie er in den vorherigen fünf Derbys seit Unions Aufstieg in dieser Deutlichkeit nicht zu sehen war. Auf der einen Seite stand eine Mannschaft, in der jeder Spieler genau wusste, was er tun muss, in der ein Rädchen ins nächste greift, die unabhängig von den Interpreten einen Plan hat und diesen ausführt. Auf der anderen Seite stand Hertha BSC.
Union gewann die Zweikämpfe, ließ den Gegner nicht zur Entfaltung kommen und wurde selbst immer wieder gefährlich. Es war keineswegs überraschend, was Union machte – und doch war es äußerst effektiv. „Wir haben versucht, hinter die letzte Kette zu kommen, und das sehr gut gemacht“, sagte Fischer. Nach einer halben Stunde kam Hertha zwar besser ins Spiel und der Schweizer Trainer bemängelte „zu einfache Ballverluste“ sowie eine gewisse Hektik bei seinen Spielern. Dass Unions Sieg verdient war, zweifelte aber niemand an. „Natürlich ist das für die Fans ein toller Moment“, sagte Fischer.
Anders als die Fans haben die Profis nicht viel Zeit, um den ersten Derbysieg im Olympiastadion seit dem legendären Freistoßtor von Torsten Mattuschka vor fast elf Jahren ausgiebig zu feiern. Schon am Samstag (15.30 Uhr, Sky) geht es für die Mannschaft im Kampf um einen Europapokalplatz weiter mit einem Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach. Deshalb wollte Fischer nicht sonderlich viel über die weiteren Chancen im Pokal sprechen. Eines wollte er dann aber doch loswerden: „Wenn du im Pokal mitspielst, willst du bis ins Finale. Sonst musst du an diesem Wettbewerb nicht teilnehmen.“