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Gewohntes Gold: In den Rodelwettbewerben jubeln die Deutschen regelmäßig.
© dpa

Olympia in Pyeongchang: Darum dominiert Deutschland im Bob und Rodeln

Gebuchtes Gold: In einigen Sportarten stehen die Olympiasieger scheinbar schon vor den Wettkämpfen fest. Das hat gute Gründe – eine Analyse.

Andere Länder, andere Leidenschaften. Während die Deutschen am liebsten Rodeln, sind rund um den Erdball ganz verschiedene Sportarten der Renner. Wir blicken auf Disziplinen, in denen sich jeweils eine Nation bei Olympischen Winterspielen ganz besonders hervortut.

RENNRODELN

Der Druck auf Natalie Geisenberger muss noch höher gewesen sein, als üblich. Nachdem bei den Männern Felix Loch in Führung liegend im letzten Lauf des olympischen Rennens gegen die Bande gefahren war und die reservierte Goldmedaille als Fünfter verpasst hatte, lag es an Geisenberger, die deutsche Rodel-Ehre zu retten. Was sie dann auch tat.

Doch ihr Sieg dürfte ihr nicht nur Ruhm sichern, sondern dem Verband auch üppige Fördergelder. 4,6 Millionen Euro hat der Bund den Bob- und Schlittensportlern 2017 überwiesen. Die Millionen für Materialentwicklung und Kunsteisbahnen nicht mitgerechnet. Viel Geld für einen Verband mit 7000 Mitgliedern. Im Vergleich: Die deutsche Triathlon Union hat achtmal so viele Mitglieder, sie erhielten 2017 aber nur 0,7 Millionen Euro.

Doch die deutschen Rodler liefern eben konstant ab. Seit Rennrodeln 1964 olympisch wurde, hat Deutschland 78 Medaillen gewonnen, 30 mehr als alle anderen Nationen zusammen. Neben finanziellen Mitteln, stehen dem deutschen Team auch viele Bahnen zur Verfügung: 17 gibt es weltweit, vier davon hierzulande.

EISSCHNELLLAUF

Dass sie in den Niederlanden kaum alpine Superstars hervorbringen, ist mit Blick auf die Topographie des Landes verständlich. Mit Marvin van Haak hatte man 2012 zwar bei einem Abfahrtsweltcup das erste und einzige Mal einen Athleten in den Top 10, doch Haak hat inzwischen seine kurze Karriere beendet.

So mussten es in Pyeongchang wieder die Eisschnellläufer richten – mit Erfolg: Dreizehn Mal standen sie in Südkorea bislang auf dem Podest, sechsmal ganz oben. Schon 2014 in Sotschi hatte Team Oranje die Konkurrenz dominiert.

Die Wiege der holländischen Eisschnelllauf-Übermacht liegt in der Provinz Friesland. Eisschnelllauf ist hier Volkssport. In Heerenveen liegt das Mekka der Eisschnelllauf-Begeisterung. In der Thialf, der schnellsten Flachlandbahn der Welt, finden Stars wie Sven Kramer und Ireen Wüst perfekte Trainingsbedingungen vor. Hinzu kommen drei weitere Eisschnelllaufhallen, zwei davon in den letzten zehn Jahren erbaut.

Und der Erfolg findet Nachahmer. Tausende Kinder eifern Wüst und Kramer nach. Da hilft es der deutschen Konkurrenz auch nicht, mit Jan van Veen einen Holländer als Cheftrainer und steigende Fördergelder zu haben. Ein Ende der holländischen Dominanz auf Kufen ist nicht in Sicht – im Gegenteil: Erstmals in der olympischen Geschichte gewann Suzanne Schulting am Donnerstag für Holland eine Goldmedaille im Shorttrack.

SHORTTRACK

Kim Ki-hoon ist ein Volksheld in Südkorea – und der Grund dafür, dass Shorttrack die beliebteste Sportart im Lande des Olympia-Gastgebers ist. 1992 in Albertville gewann Ki-hoon das erste Gold bei Winterspielen für Südkorea und löste damit einen Boom aus. Nach Ki-hoons Triumph wollten ganz viele Südkoreaner ebenfalls auf dem kleinen Eisoval um die Kurven flitzen. Es wurden Hallen gebaut, Trainingszentren entstanden und die Begeisterung wuchs immer weiter. In Pyeongchang herrschte bei keiner anderen Sportart eine vergleichbare Stimmung, die Gangneung Ice Arena war nicht nur stets mit 12 000 Zuschauern voll besetzt, die Fans rasteten bei den Rennen regelrecht aus.

Der Donnerstag war ein besonderer Festtag, gleich drei Goldmedaillen wurden vergeben. Doch die Südkoreaner standen sich zum Abschluss der Wettbewerbe gleich in zwei Rennen selbst im Weg und blieben ohne weiteren Erfolg. Insgesamt hat Südkorea dennoch stolze 24 Olympiasiege im Shorttrack errungen – immer noch ziemlich genau doppelt so viele wie die nächstbeste Nation im ewigen Medaillenspiegel. Und der Hype wird weitergehen. Den hatte sich das IOC insgeheim auch für andere Sportarten erhofft, doch ein Kim Ki-hoon auf Skiern ist in Südkorea nicht in Sicht.

FREESTYLE/SNOWBOARD

Die coolsten Wettbewerbe dieser Winterspiele hat in Deutschland wohl kaum jemand verfolgt – schon allein, weil Freestyler oder Snowboarder in den frühen Morgenstunden ihre Medaillengewinner ermittelt haben. ARD und ZDF tun ihr Übriges mit ihrer eher uninspirierten Berichterstattung. Ganz anders verhält es sich in Nordamerika. Hier laufen die Wettbewerbe zur Primetime im Abendprogramm. Ein Shaun White ist in den USA ein Megastar und das nicht nur zu Olympia. Die Begeisterung in den Vereinigten Staaten ist leicht erklärbar, hier hat das Snowboarden seinen Ursprung.

Und nicht zuletzt finden jedes Jahr in Aspen/Colorado die X-Games statt, wo es über die olympischen Disziplinen hinaus weitere spektakuläre Wettbewerbe gibt, die für viele Teilnehmer sogar wichtiger sind als Olympia. Historisch haben die US-Amerikaner immer noch die meisten olympischen Medaillen gewonnen, die Konkurrenz wird aber zunehmend größer. Im Freestyle sind in Pyeongchang beispielsweise die Kanadier schon erfolgreicher. Cool sein wollen eben auch andere.

Felix Hackenbruch, Jörg Leopold

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