Alexander Zverev nach Erstrunden-Debakel: "Da versucht jemand gerade, mein Leben kaputt zu machen"
Deutschlands bester Tennisspieler Alexander Zverev verliert in Runde eins. Die Gründe dafür liegen offenbar nicht nur auf dem Platz.
Da saß er nun, in sich versunken wie ein Häufchen Elend. Nicht trotzig, wie man ihn auch kennt, sondern bis ins Mark niedergeschlagen. Alexander Zverev, Deutschlands aktuell bester Tennisspieler und amtierender Weltmeister, hatte gerade sein Erstrundenmatch in Wimbledon gegen Jiri Vesely verloren. Einen tschechischen Qualifikanten, der in der Weltrangliste auf Platz 124 steht. Für Zverev ist dies ein neuer Tiefpunkt, für den es allerdings Erklärungen gibt. „Ich habe gut begonnen, aber dann sind zwei, drei Dinge schief gegangen und sofort bricht alles zusammen“, sagte der 22-Jährige nach der 6:4, 3:6, 2:6 und 5:7-Niederlage.
In das Jahr 2019 war der Deutsche mit großen Hoffnungen gegangen, nachdem er im November den größten Sieg seiner Karriere beim ATP-Finale gefeiert hatte. Endlich wollte er auch bei den Grand Slams durchstarten, wo er bis dato regelmäßig viel zu früh gescheitert war. Doch daraus wurde nichts, was mit vielen Dingen zu tun hatte. Auch deshalb sagte Zverev am Montag nach dem Aus: „Ich habe nicht wegen meines Tennis verloren, sondern weil mein Selbstvertrauen gerade unter null ist.“ Den Grund dafür deutete er nur an: „Die letzten zwei Tage waren nicht so toll für mich.“
Welche Probleme er genau hat, darüber muss allerdings nicht lange spekuliert werden: Mit seinem früheren Manager Patricio Apey befindet er sich seit Monaten im Rechtsstreit, der sich noch lange hinziehen könnte und offenbar vor Wimbledon die nächste Eskalationsstufe erreicht hat. „Da versucht jemand gerade, mein Leben kaputt zu machen. Jemand, der mir sehr nahestand. Ich verstehe nicht, wie man so etwas tun kann. Das ist einfach nur abartig“, klagte Zverev.
Mit Apey kam es zu Beginn des Jahres zum Bruch, die genauen Gründe sind nicht bekannt. Die Trennung allerdings zieht sich hin, außergerichtlich konnten sich beide Parteien nicht einigen. Es geht um viel Geld, schließlich hat der erfahrene Chilene Zverev seit 2012 betreut und ihn zu einer internationalen Marke aufgebaut. Von dessen Erfolgen will er nun auch weiter profitieren und sei es nur durch eine saftige Abfindung. Und so sieht man sich vor Gericht, wobei das dauern kann. Bis es zur Verhandlung kommt, kann Zverev keinen neuen Manager einstellen – Apey besitzt angeblich noch einen Vertrag bis 2023. Entsprechend viel hat der junge Deutsche gerade außerhalb des Tennisplatzes zu erledigen. Oder wie er es beschreibt: „Das ist gerade mein Leben.“
Im zweiten Satz reißt plötzlich der Faden
Sportlich kann er das derzeit nicht kompensieren. In Paris schaffte er es zuletzt bei den French Open immerhin noch ins Viertelfinale, in Wimbledon muss er darauf weiter warten. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Jiri Vesely einer der unangenehmsten Auftaktgegner ist, der einem gesetzten Profi zugelost werden kann. In Wimbledon ist der 25-Jährige zum sechsten Mal dabei, noch nie verlor er in Runde eins, zweimal stand er hier schon im Achtelfinale. Dass der Start für Zverev schwierig werden würde, war absehbar.
Im ersten Satz deutete noch nicht viel hin auf eine Überraschung. Der Deutsche schlug neun Asse, ließ keinen Breakball zu und hatte sich den Durchgang nach 36 Minuten mit 6:4 geholt. Auch im zweiten wirkte er stabil, bis plötzlich der Faden riss. Nach dem 3:3 verlor er sechs Spiele in Folge, hatte so Satz zwei abgegeben und lag im dritten 0:3 hinten. Den Aufschlagverlust dabei kassierte er trotz einer eigenen 40:0-Führung, später konnte er selbst drei Chancen zum Re-Break nicht nutzen. Und so lag er kurz darauf 1:2 nach Sätzen zurück. Im vierten Durchgang war er dann wiederholt dran, zurück ins Spiel zu finden. „Ich hatte fünf oder sechs Breakbälle und kann sie nicht nutzen. Und dann muss ich selbst einen abwehren und verschlage einen leichten Volley“, sagte Zverev.
Während der Favorit immer mehr haderte, sich auf dem Platz sichtlich unwohl zu fühlen schien, klappte beim Gegner alles. Vesely, wie Zverev fast zwei Meter groß, schlug stark auf und war am Netz praktisch unpassierbar. Dass er als Linkshänder auch noch besondere Winkel spielen kann, machte die Sache für Zverev nicht einfacher. Am Ende kam dann alles zusammen, den Matchball schenkte er Vesely, weil er auf dem Rasen ausrutschte. Anschließend sagte er: „Gras ist nicht mein Lieblingsbelag. Und Wimbledon war schon immer schwierig für mich. Auch wenn ich diesmal eigentlich eine gute Auslosung hatte.“
Leider galt das nicht für die erste Runde. Und so gibt es sie nun nur noch auf dem Papier und damit kann Zverev derzeit wenig anfangen – egal, ob Ansetzungen für Tennisturniere oder Verträge. Der Hamburger hofft nun auf die US Open und das bis dahin ein bisschen Ruhe in sein Leben einkehrt. Am Montag war er immerhin noch der einzige von sieben deutschen Spielern, der einen Satz gewann. Seine Landsleute Philipp Kohlschreiber, Peter Gojowczyk, Cedrik-Marcel Stebe und Bruder Mischa Zverev bei den Männern sowie in der Frauenkonkurrenz Mona Barthel und Anna-Lena Friedsam verloren allesamt deutlich, wobei das schon eher erwartet worden war als das frühe Aus von Alexander Zverev.