Nach Fotos mit Staatschef Erdogan: Claudia Roth äußert Verständnis für Özil und Gündogan
Die Aufregung um die Fotos der deutschen Nationalspieler Özil und Gündogan mit Erdogan nimmt kein Ende - auch nicht nach dem Treffen von Bundespräsident Steinmeier.
Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth hat Verständnis für den Auftritt der deutschen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan geäußert. Die Grünen-Politikerin bezeichnete die beiden Fußballprofis in einem am Pfingstsonntag ausgestrahlten Interview des Deutschlandsfunks als „mündige Bürger“. Sie sagte: „Selbstverständlich sollen sich auch Sportler, Sportlerinnen, Fußballer, Fußballerinnen äußern, sich einmischen, einbringen. Das ist ihr gutes Recht.“ Auszüge des Gesprächs hatte der Sender schon am Freitag veröffentlicht, am Samstag hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Özil und Gündogan gesprochen.
Roth würde „es sich manchmal noch mehr wünschen, dass sie zeigen, dass sie aus einem Land kommen, wo Demokratie und Rechtsstaat herrscht, aber sie sollen eben aufpassen und nicht so naiv sein zu glauben, dass so ein Bild dann nicht eine Riesenwelle erzeugt“. Özil und Gündogan hatten dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan am vergangenen Sonntag in London Trikots ihrer Vereine FC Arsenal und Manchester City überreicht. Die von Erdogans Partei veröffentlichten Bilder hatten schnell ein harsches Echo ausgelöst. Auf dem Trikot, das Gündogan an Erdogan überreicht hatte, stand handschriftlich über der Signatur auf Türkisch: „Für meinen verehrten Präsidenten - hochachtungsvoll“. Am 24. Juni strebt Erdogan in der Türkei die Wiederwahl an.
„Heimat gibt es auch im Plural“
Im Vorfeld des DFB-Pokalfinales hatten sich Özil und Gündogan in Berlin mit Bundespräsident Steinmeier getroffen und zuvor ein klärendes Gespräch mit der DFB-Spitze geführt. Steinmeier teilte am Samstagabend mit, die beiden deutschen Fußball-Nationalspieler hätten den Wunsch geäußert, ihn zu besuchen. Es sei ihnen wichtig gewesen, entstandene Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. „Wir haben lange gesprochen, über Sport, aber auch über Politik“, postete Steinmeier via Facebook nach dem Treffen im Garten von Schloss Bellevue.
Der deutsche Fußball habe beide Spieler großgemacht, teilte Steinmeier weiter mit. Die Geschichte von Özil und Gündogan spiegele die Erkenntnis wider: „Heimat gibt es auch im Plural.“ Ein Mensch könne mehr als eine Heimat haben und neue Heimat finden, betonte Steinmeier. „Das hat die Bundesrepublik für Millionen von Menschen bewiesen und es hat uns bereichert.“
Via Facebook teilte Gündogan am Samstagabend mit, dass er die Kritik an seinem Handeln verstehe. „Aber es hat mich persönlich sehr getroffen, mir vorwerfen zu lassen, dass ich unsere Werte nicht respektiere“, schrieb er. Vor dem Treffen mit Steinmeier kam es auch zu einer Zusammenkunft unter anderen mit DFB-Präsident Reinhard Grindel, Bundestrainer Joachim Löw und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff. Die beiden Spieler hätten ihren Urlaub für die Termine in Berlin unterbrochen, teilte der Deutsche Fußball-Bund mit. (dpa)