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Bisschen groß vielleicht. Carlo Ancelotti lässt sich in die Welt der Lederhosenträger einführen.
© dpa

Neuer Trainer beim FC Bayern München: Carlo Ancelotti und die sanfte Revolution

Beim FC Bayern bricht eine neue Zeit an, die Zeit nach Pep Guardiola. Dessen Nachfolger, der Italiener Carlo Ancelotti, wird gleich am ersten Tag in typisch lokales Brauchtum eingeführt.

Es heißt ja, Carlo Ancelotti kann sich besonders gut in die Spieler hineindenken, und dass er sich voll identifiziert mit dem Verein, auf den er sich eingelassen hat. Vielleicht hat der FC Bayern deshalb für seinen neuen Trainer eine zünftige Begrüßung organisiert, damit er sofort weiß, was ihm in den nächsten Jahren beim deutschen Rekordmeister unter anderem blüht. Eine Blaskapelle begrüßte den Italiener am Montag vor leeren Rängen in der Münchner Arena mit dem bayerischen Defiliermarsch. Ein wenig fremdelte der weltgewandte Italiener mit Wohnsitzen in Kanada und England mit dem bayerischen Brauchtum aber schon noch. Irritiert nahm er eine sichtlich zu große Lederhose entgegen. Aber wie die Inszenierung des Empfangs ist vermutlich auch das bayerische Geschenk reine Show gewesen. Rechtzeitig vor Beginn des Oktoberfestes wird Ancelotti eine Lederhose angepasst bekommen.

Davor bei seiner ersten Pressekonferenz hatte sich Ancelotti sichtlich wohler gefühlt. Er schwärmte von „fantastischen Spielern bei einem der besten Klubs der Welt“ und versäumte es nicht, seinen Vorgänger Pep Guardiola, der ihm im Trainerbüro einen kleinen Gruß hinterlassen hat, gebührend zu würdigen. „Ich komme hierher nach einem sehr, sehr guten Trainer. Mein Freund hat eine hervorragende Arbeit gemacht.“ Und die gedenke er fortzuführen. „Ich bin nicht hier, um eine Revolution zu machen“, versprach der 57-Jährige vor seiner ersten Übungseinheit. „Der Stil des FC Bayern ist es anzugreifen, und ich liebe es auch anzugreifen.“

Dabei scheint im Moment die Zeit der Veränderung angebrochen zu sein, nicht nur auf der Trainerposition. Nach dem Abschied des langjährigen Pressesprechers Markus Hörwick und der damit verbundenen Umstrukturierung der Medienabteilung in der vergangenen Woche hatte sich einen Tag vor dem Trainingsauftakt auch noch Sportvorstand Matthias Sammer zurückgezogen. Seine gesundheitlichen Probleme im Frühjahr hätten Sammers „Sichtweise auf das Leben verändert“, glaubt der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. Die Entscheidung, so der Klubchef, die auch für ihn überraschend gekommen sei, „galt es zu berücksichtigen. Der Mensch ist wichtiger als das Interesse des Klubs.“

Auch in der Mannschaft könnte es noch zu der einen anderen Veränderung kommen. Gerüchten zufolge ist offenbar auch Mario Götze zu der Überzeugung gekommen, dass er sich besser einen neuen Verein sucht. Aber auch was Zugänge betreffe, sagt Rummenigge, „würde ich die Tür nicht komplett zumachen“. In Mats Hummels und dem frischgekürten Europameister Renato Sanches stehen erst zwei hochkarätige Verpflichtungen fest.

Der erste Arbeitstag von Ancelotti verlief im Vergleich zu dem von Guardiola vor drei Jahren gemächlich, keine Spur von jenem Hype, der um den Katalanen geherrscht hatte. Der Pressekonferenzraum in der Münchner Arena war dieses Mal nicht annähernd so voll. Und auch Ancelotti erweckte nicht den Eindruck, eine neue Dimension erreichen zu müssen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger beließ er es bei ein paar deutschen Sätzen. Fragen beantwortete er lieber auf Englisch oder Italienisch. Auf große Versprechen verzichtete der erfahrene Trainer. Natürlich wolle er „das Maximale erreichen“. Aber das Resultat lasse sich nicht kontrollieren, „sonst wäre ich ja ein Zauberer“.

Nach Jobs bei Spitzenklubs in Italien, England, Frankreich und Spanien ist das Engagement in der Bundesliga für ihn „eine neue Erfahrung“, die anzunehmen, er keinen Moment gezögert habe. „Es war mein starkes Verlangen, beim FC Bayern zu arbeiten“, sagte er. Für Rummenigge ist Ancelotti „der richtige Trainer zur richtigen Zeit am richtigen Ort“. Der Gemütsmensch aus der Nähe von Parma ist so etwas wie der Gegenentwurf zum etwas kühlen Perfektionisten Guardiola. Die hohe Erwartungshaltung, die traditionell und seit dem Triple-Gewinn 2013 erst recht in München herrscht, scheint den Italiener nicht zu stören. Er habe immer bei Top-Klubs gearbeitet. „Ehrlich“, sagt Ancelotti mit der Gelassenheit eines buddhistischen Mönches, „ich fühle den Druck nicht so sehr.“ Keine schlechte Voraussetzung für den Job beim FC Bayern.

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