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Breite Brust gegen spitzen Fuß. Auch diesmal könnte es wieder zum Duell zwischen Mats Hummels (links) und Robert Lewandowski kommen.
© dpa/Gebert

Bundesliga-Topspiel gegen FC Bayern München: Borussia Dortmund will den Riesen umrennen

Borussia Dortmund redet sich vor dem Spitzenspiel gegen den FC Bayern klein – dabei wäre der Titelkampf mit einem Sieg wieder offen.

Hans-Joachim Watzke wirkte ziemlich mitgenommen, als er vor die Fernsehkamera trat. Die Wangen des 59 Jahre alten Geschäftsmanns waren so eingefallen, sein Blick so gehetzt, als habe er in den 90 Minuten zuvor zwölf Kilometer im Sprint zurückgelegt und die entscheidenden Zweikämpfe geführt, um das Spiel doch noch irgendwie zu gewinnen. Dabei hatte Watzke wie 80 000 andere auch auf der Tribüne des Dortmunder Stadions mitgelitten, bis sein Verein Borussia Dortmund das Heimspiel gegen Hoffenheim gedreht hatte. „Fix und fertig“ sei er, sagte er, solche Erlebnisse stuft er wahlweise als „fürchterlich“ oder auch „grauenhaft“ ein.

Obwohl Watzke als Geschäftsführer ein börsenorientiertes Unternehmen führt, das jährlich mehr als 200 Millionen Euro umsetzt, gönnt er sich das Privileg, die Auftritte der Mannschaft weiterhin als Fan zu erleben. Oder zu erleiden, wie 2013 beim Champions-League-Halbfinale in Madrid, als er in der dramatischen Schlussphase auf die Toilette flüchtete. Wenn der BVB am Samstag (18.30 Uhr, live im Ticker bei Tagesspiegel.de) den Rekordmeister aus München zum Gipfeltreffen im heimischen Stadion empfängt, könnten Watzkes Nerven mal wieder arg strapaziert werden. Grundsätzlich empfindet Watzke allerdings in erster Linie Freude, weil sein Verein in drei Wettbewerben Spiel um Spiel gewinnt und sich dabei so gefestigt zeigt, dass auf einmal sogar wieder der ganz große Wurf möglich scheint.

Es ist unfassbar, wir haben jetzt 57 Punkte nach 24 Spielen, das ist doch Wahnsinn“, sagt Dortmunds Macher und rechnet vor: „Das sind genauso viele, wie der Tabellenführer in England hat – allerdings mit vier Spielen mehr.“ Tatsächlich präsentiert sich der BVB, der letzte Saison in der Endphase der Ära Klopp in akute Abstiegsgefahr geraten war, erstaunlich stabil. Die spielerisch hochbegabte Mannschaft gewinnt derzeit sogar eher holprige Auftritte, weil sie viele Tugenden beherrscht: Robust verteidigen, nervenstark auf Chancen lauern, im richtigen Moment zuschlagen und dabei auf das nötige Glück und günstige Schiedsrichterentscheidungen vertrauen kann.

All das sind Attribute, die sonst dem Branchenführer aus München zugeschrieben werden. Wer dermaßen gefestigt auftritt und in der Rückrunde 19 von 21 möglichen Punkten geholt hat, könnte durchaus damit hadern, dass es nicht für ganz oben reicht. „Es war schon oft möglich, mit so einer Punkteausbeute Meister zu werden“, sagt Watzke, um dann zu relativieren: „Bayern München macht es seit Jahren unfassbar gut, das ist mit Barcelona der schwerste Gegner, den der europäische Fußball derzeit zu bieten hat.“

Hans-Joachim Watzke sieht den FC Bayern als haushohen Favoriten

Der Abstand hat sich durch die Münchener Niederlage gegen Mainz verkürzt, doch die Hierarchie bleibt bestehen: „Es sind immer noch fünf Punkte“, sagt Trainer Thomas Tuchel, „am Samstag können es schon wieder acht sein.“ Das Lächeln des Trainers verrät, dass dies allenfalls die halbe Wahrheit ist. Nationalspieler Erik Durm spricht vor dem Gipfeltreffen von „der Konstellation, die wir haben wollen. Mit unserem Publikum im Rücken können wir auch die Bayern schlagen.“ Dann wären es nur noch zwei Zähler Rückstand und das Meisterschaftsrennen offener denn je. Davon, die neue Situation für Kampfansagen zu nutzen, hält Watzke allerdings nichts: „Das sind doch Kindergarten-Geschichten aus der Medien-Rhetorik. Bayern ist der haushohe Favorit, daran hat sich nichts geändert.“

Um den Riesen aus dem Süden mal wieder nachhaltig ins Wanken zu bringen, müssen die Macher in Dortmund alles daran setzen, ihre jetzige Mannschaft zusammenzuhalten. Schließlich laufen die Verträge von Schlüsselspielern wie Kapitän Mats Hummels, Ilkay Gündogan und Henrich Mchitarjan im Juni 2017 aus. Sie müssten also verlängert werden, um die europaweit begehrten Profis nicht ablösefrei zu verlieren. Dieses Szenario hatte der BVB mit seinem Ausnahmestürmer Robert Lewandowski durchexerziert, seitdem betont Watzke, eine Lex Lewandowski solle die Ausnahme bleiben.

Den Kampf um ihre besten Kräfte führen die Dortmunder „seriös aber trotzdem entspannt“, sagt Watzke: „Wir haben eine Top-Mannschaft, jeder Profi, der bei Borussia Dortmund unter Vertrag steht, weiß genau, dass es in Europa nur ganz wenige bessere Adressen gibt.“ Was spricht also dagegen, bereits im ersten Jahr unter Tuchel nach den Sternen zu greifen? Die Frage, ob er den Gewinn von drei Titeln für möglich halte, löst selbst beim Fan Watzke Gelächter aus: „Ich bin in meinem Leben ja schon oft mit unrealistischen Szenarien konfrontiert worden. Aber das ist der Gipfel.“

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