Champions League: Borussia Dortmund: Hilfesuche auf dem Platz
Wie die Dortmunder Profis beim Rückspiel in Monaco das Trauma des Anschlags überwinden wollen.
Die Bilder des Dortmunder Mannschaftsbusses mit den zerborstenen Fensterscheiben gingen um die Welt. Wie die BVB-Spieler den Sprengstoffanschlag am Dienstag vor einer Woche erlebten, hat nun Torhüter Roman Bürki berichtet. Der 26-Jährige schilderte im Interview mit der Schweizer Tageszeitung „Der Bund“, wie es nach der Abfahrt aus dem Mannschaftshotel „plötzlich diesen Riesenknall gibt. Alle Köpfe wirft es vom Druck zur Seite. Dann ist es einen Moment lang ruhig, und plötzlich schreit einer, also Marc Bartra.“ Bürki sitzt hinten im Bus immer neben dem Spanier, der sich bei dem Anschlag verletzte und an der Speiche seines rechten Arms operiert werden musste.
Seitdem ist nichts mehr wie sonst in der vorher so heilen Dortmunder Fußballwelt. Er „habe noch immer Probleme, schlafen zu können“, sagt Bürki. „Im Unterbewusstsein zucke ich zusammen und schrecke darum auf. Das ist das Schlimmste: Dass ich keine Nacht durchschlafen kann.“ Es gibt neben den schockierenden Berichten der Beteiligten aber auch gute Nachrichten aus Dortmund. Bartra durfte das Knappschaftskrankenhaus am Samstag verlassen und erhielt über Ostern prominenten Besuch aus Spanien: von seinen ehemaligen Teamkollegen Jordi Alba und Sergio Busquets vom FC Barcelona.
Ohne Bartra versucht Borussia Dortmunds Mannschaft an diesem Mittwoch in der Champions League beim AS Monaco (20.45 Uhr/live im ZDF und auf Sky), die 2:3-Niederlage aus dem Hinspiel geradezurücken und ins Halbfinale einzuziehen. Unmöglich erscheint das nicht, sagt zumindest Bürki: „Wenn wir so spielen wie in der zweiten Halbzeit, haben wir eine echte Chance.“
Da zeigte das Team eine gute Vorstellung, nachdem es in der ersten Hälfte verständlicherweise noch kollektiv neben sich gestanden hatte. Es gehe in diesen Tagen nicht nur darum, das Trauma eines Anschlags zu überwinden, „der unserem Leben galt“, wie Trainer Thomas Tuchel betont, sondern auch, den Traum nicht aus den Augen zu verlieren, in das Finale der Champions League einzuziehen.
Schritt in die richtige Richtung
Der 3:1-Heimsieg am vergangenen Samstag gegen Eintracht Frankfurt war dabei ein Schritt in die richtige Richtung, weil die Mannschaft nicht nur über weite Strecken den Schrecken vergaß und eine gute Leistung ablieferte, sondern weil auch der Schulterschluss mit den 81 360 Zuschauern im ausverkauften Stadion ein weiteres Mal gelang.
Das alles gibt Zuversicht, die 90 Minuten in Monaco so gestalten zu können, dass der BVB doch noch weiterkommt. „Die Ereignisse lassen sich nur sehr schwer vergessen“, sagte Abwehrspieler Sokratis am Samstag. „Aber der Sieg wird uns Kraft geben.“ Auch Tuchel sprach danach von der „guten Ausstrahlung“ seiner Mannschaft. Alles in allem zeuge dieser Auftritt angesichts der dramatischen Vorgeschichte von einer „ganz außergewöhnlichen Charakterleistung meiner Mannschaft. Das ist nicht hoch genug zu bewerten“.
Kapitän Marcel Schmelzer betonte, dass es sehr wohl möglich sei, die Last des Anschlags für die Dauer des Spiels zur Seite zu drücken: „Wenn es losgeht, dann ist es schon so, dass wir eher Spaß haben. Das hat man auch in der ersten Halbzeit gesehen, wir haben sehr viel Spielfreude gezeigt.“
So tat es den Dortmundern auch spürbar gut, dass Marco Reus gegen Frankfurt nach überstandener Muskelverletzung in die Stammformation zurückgekehrt war. Als Reus den Ball mit großer Kunstfertigkeit zur frühen Führung über die Linie streichelte, zauberte das Tuchel ein Lächeln auf die Lippen. Ein Geniestreich, der das Wohlbefinden spürbar hob.
Es sind solche Erlebnisse, die der Mannschaft helfen, ihren Weg positiv fortzusetzen. Elementarer, das machte Schmelzer deutlich, wäre für ihn und seine Teamkollegen allerdings etwas anderes: „Wir hoffen, dass der Anschlag auf uns bald aufgeklärt wird. Das würde uns beim Reinigungsprozess entscheidend helfen.“