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Schnell nach Tokio. Zuvor startet Lisa-Marie Kwayie beim Istaf Indoor.
© Michael Kappeler/dpa

Leichtathletin Kwayie vor dem Istaf Indoor: „Boah, Lisa, wir sind angekommen“

Hinter der Sprinterin Lisa-Marie Kwayie aus Berlin liegt eine erfolgreiche Saison – und vor ihr ein klarer Plan.

Wenn die Sprinterin Lisa-Marie Kwayie von ihrem größten sportlichen Triumph erzählen soll, zögert sie. Sie kann sich nicht entscheiden. Das Jahr ist klar: 2018. Aber sie schwankt noch zwischen einem Wettkampf im Mai in Clermont, Florida, und der Europameisterschaft in ihrer Heimatstadt Berlin. Die Jahre zuvor waren von schweren Verletzungen geprägt, 2015 brach das Sprunggelenk, 2016 riss die Patellasehne, 2017 zwang ein Muskelbündelriss Kwayie zu einer langen Pause.

2018 war sie dann endlich wieder richtig fit. In Florida, eigentlich viel zu früh im Jahr für eine schnelle Zeit, läuft sie die Qualifikationsnorm für die EM in Berlin. „Da habe ich gemerkt: Boah, Lisa, wir sind angekommen“, sagt Kwayie heute. Es war das Jahr, an dem sie sich, so sagt sie, „endlich so richtig an die Spitze gekämpft“ hat. In Berlin bei der EM holt sie dann mit der deutschen Staffel Bronze.

Mit drei Jahren zieht Kwayie aus Ghana nach Berlin, schon auf der Grundschule läuft sie allen davon. Einer ihrer Lehrer erkennt ihr Talent und überredet sie, es doch mal mit Leichtathletik zu versuchen, sie meldet sich bei den Neuköllner Sportfreunden an, bis heute ihr Verein.

Mit ihrem langjährigen Trainer Frank Paul bereitet sie sich nun seit Ende Oktober auf die neue Saison und ihren großen Traum vor: die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio 2020. „Da liegt der ganze Fokus darauf, ich werde alles dafür geben“, sagt Kwayie. „Ich möchte über mich hinauswachsen.“

Nach der Weltmeisterschaft in Katar im vergangenen Herbst hatte Kwayie wenig Zeit, um durchzuschnaufen. Zweieinhalb Wochen trainingsfrei, dann ging es schon wieder los mit der Saisonvorbereitung – normal sind vier bis fünf. Im Februar will Kwayie beim Istaf Indoor in Berlin starten, dann aber wegen des engen Zeitplans ihre Hallensaison beenden.

Kritik an der WM in Katar

Die vergangene Saison war lang, viele Athleten sagen zu lang. Nicht nur den späten Termin der WM fanden viele bedenklich. Bei Temperaturen um die 40 Grad mussten die Sportstätten mit Klimaanlagen gekühlt werden, beim Marathon kollabierten zahlreiche Athleten. „Es war nicht vertretbar, die WM nach Katar zu geben“, sagt Kwayie. „Als Sportler fragt man sich: Muss das unbedingt sein?“

Sportlich war der Ausflug allerdings erfolgreich, über 200 Meter sprintete sie zur persönlichen Bestzeit (22,77 Sekunden), erreichte das Halbfinale, ihr Saisonziel. Mit den stetig verbesserten Leistungen nahm in den vergangenen Jahren auch die mediale Aufmerksamkeit zu. „Ich musste mich anfangs daran gewöhnen“, sagt Kwayie. Sie habe nie verstanden, was die Menschen von ihr wollten. Manchmal habe sie sich gefühlt, als würde sie vor eine Wand geworfen. „Mittlerweile habe ich mich da aber reingefuchst.“

In zehn Jahren, sagt Kwayie, soll es vorbei sein mit dem Leistungssport. Sie studiert Soziale Arbeit, „mein zweites Standbein“. Beides mache sie aus, sagt sie, ihre soziale Ader und ihr Ehrgeiz. Kwayie überlegt dann doch noch einmal, was für sie der größte Erfolg war. Sie entscheidet sich für die Bronzemedaille. „Die toppt das schon“, sagt sie. Sie ist schließlich Leistungssportlerin.

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