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Genau abgestimmt. Simon Schempp, der an diesem Donnerstag gemeinsam mit Laura Dahlmeier, Vanessa Hinz und Arnd Peiffer in der Mixed-Staffel beim Auftakt der Biathlon-WM antritt, achtet wie all seine Teamkollegen bei der Waffe auf jedes Detail.
© Balk/dpa

Start der Biathlon-WM: Bis zum letzten Schuss

Um sich den entscheidenden Vorteil zu verschaffen, tüfteln Biathleten oft an ihrer Waffe. Expertin Kati Wilhelm erklärt, was das bringt.

Von Johannes Nedo

Sechs Medaillen hat Simon Schempp schon bei Weltmeisterschaften gewonnen, alle jedoch in Staffel-Wettbewerben. Für die Biathlon-WM im österreichischen Hochfilzen, die an diesem Donnerstag mit der Mixed-Staffel beginnt (14.45 Uhr/live im ZDF und auf Eurosport), hat sich der 28-Jährige nun vor allem eines vorgenommen: eine Einzelmedaille. „Es wäre sehr schön, wenn es endlich mal klappen würde“, sagt er. Dafür hat Schempp vor dieser Saison einiges verändert – auch an seinem Gewehr.

An den Lauf seiner Waffe hat er ein zusätzliches Gewicht befestigt. Die Trägheit des Gewehrs wird dadurch erhöht, so kann Schempp sicherer zielen – und vor allem schneller. Denn am Schießstand geht es darum, alles auszureizen, wichtige Sekunden zu gewinnen und so den entscheidenden Vorteil zu erlangen. Biathlon besteht zwar aus den beiden Teildisziplinen Langlauf und Schießen, doch in der Weltspitze geht es so eng zu, da können die Athleten am Schießstand noch am ehesten Zeit gewinnen.

Die einfachste Variante, um Zeit herauszuholen, sei der Schießablauf, sagt Kati Wilhelm. Wenn man die Waffe schneller vom Rücken nehme, schneller in den Anschlag komme und sich traue, das erste Zielbild zu nehmen, anstatt noch zu atmen, könne man entscheidende Sekunden gewinnen, betont die ehemalige Biathletin. Weniger als 30 Sekunden für eine Schießeinlage gelten als gut, 20 bis 25 Sekunden sind perfekt. Schempp setze mit seiner Veränderung vor allem auf ein besseres Gefühl bei Wind, sagt Wilhelm. „Der Lauf ist nicht so windanfällig, weil das Gewicht mehr auf den Schwerpunkt der Waffe drückt.“

Die dreimalige Olympiasiegerin und fünfmalige Weltmeisterin, die mittlerweile als ARD-Expertin tätig ist, hat zu ihrer aktiven Zeit viel am Schießen gefeilt und mit ihren Waffen ausprobiert. „Ich fand die Tüfteleien gut, das hat mich beruhigt. Aber ich weiß nicht, wie viel es wirklich gebracht hat“, sagt die 40-Jährige. „Denn wenn es am Schießstand nicht funktioniert, denkt man natürlich viel über den Anschlag nach – und dann verstellt man etwas.“

Bei allen Tüfteleien an Details ist aber auch etwas Aktionismus dabei

Änderungsmöglichkeiten an der Waffe gibt es während einer Saison einige: entweder an der Wangenauflage, an der Schaftkappe oder am Unterstützungsriemen. „Die Wangenauflage ist sehr wichtig: Man muss da seinen Kopf genau drauflegen können“, sagt Wilhelm. „Wenn man aber im Gesicht abnimmt während einer anstrengenden Saison, verändert sich die Wange.“ Und dann müsse man auch die Auflage nachstellen. Das funktioniert ganz einfach mit einem Inbusschlüssel an einer Stellschraube.

Die Schaftkappe am Ende der Waffe ist für die Biathleten beim Stehendschießen hilfreich. Dort befindet sich ein kleiner Dorn, den die Athleten gelegentlich verstellen, weil sie den Dorn beim Schießen dann genau unter die Achsel setzen. So haben sie einen festen Punkt und wissen, ob sie das Gewehr in der für sie idealen Position halten.

Auch an einem wichtigen Utensil für das Liegendschießen ändern die Biathleten gerne mal eine Kleinigkeit: beim so genannten Handstoppriemen. Das ist ein Unterstützungsriemen am Gewehr, den die Athleten am Unterteil der Waffe einhängen. „Mit der linken Hand geht man bis zum Stopp am Schaft, der zwischen Daumen und Zeigefinger liegt“, sagt Wilhelm. „Und wenn man am Riemen etwas ändert, ihn fester macht, wird der Liegendanschlag sicherer.“

Bei allen Tüfteleien an Details ist aber auch etwas Aktionismus dabei. „Man probiert einfach viel aus“, sagt Wilhelm. „Es ist wirklich schwierig, den richtigen Grund herauszufinden, woran es beim Schießen hapert.“ Und da ist die Waffe der beliebteste Ansatzpunkt. Denn während des Weltcups haben die Biathleten sowieso täglich das Gewehr in der Hand. „Nur wenn es bei mir mal nicht lief, habe ich die Waffe zur Strafe in der Tasche gelassen und nicht geputzt“, sagt Wilhelm. „Ansonsten wird nach dem Training oder dem Wettkampf die Waffe immer geputzt.“

So korinthig das Feilen auch sein mag, für Wilhelm ist es ein entscheidender Punkt: „Es macht eben die Weltspitze aus zu schauen, wo man noch etwas herausholen kann – in allen Bereichen.“

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