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Patriotische Pflicht. New Englands Trainer Bill Belichick zaubert Jahr für Jahr neue Spieler aus dem Hut.
© USA Today Sports

Warm-up - die Kolumne zum Football-Wochenende: Bill Belichick: Der eine, der immer siegt

Bill Belichick schafft mit den New England Patriots etwas, das in der NFL eigentlich nicht geht: fortwährende Dominanz.

Wenn Blicke töten könnten, hätte sich Bill Belichick in diesem Moment des Mordes schuldig gemacht. Wie versteinert stand der Cheftrainer der New England Patriots auf dem Podium und musterte jenen Reporter, der eine naheliegende Frage gestellt hatte – nämlich, wie der Klub aus der US-amerikanischen National Football League (NFL) mit der neuen Personalsituation umzugehen gedenke? Jetzt, da ihm gleich zu Saisonbeginn zwei Quarterbacks abhanden gekommen seien? Belichick sagte ein paar Sekunden gar nichts, er ließ seinen Blick wirken, ehe ihm doch noch drei Worte entfuhren: „Next man up!“ Der nächste, bitte.

Next man up – das ist so was wie das inoffizielle Leitmotiv bei den Patriots. Irgendwie geht es immer weiter. Seitdem Bill Belichick vor 17 Jahren den Posten als Cheftrainer angetreten hat, ist der Franchise etwas gelungen, was im US-Sport normalerweise gar nicht funktionieren kann: fortwährende Dominanz. Um Langeweile zu verhindern und Chancengleichheit zu wahren, gibt es in den USA ja das Draft-System: Das schlechteste Team der Saison hat bei der Talentziehung das Erstzugriffsrecht. Wer also dauerhaft erfolgreich ist, hat automatisch das Nachsehen bei Talenten und Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit. So weit die Theorie.

In der Praxis sieht das ganz anders aus, zumindest in Boston. Unter Belichicks Herrschaft haben die Patriots in 17 Jahren 15 Mal die Play-offs erreicht, sie standen sechs Mal im Super Bowl und gewannen vier Mal. Nach den bisherigen Eindrücken zählen die Patriots auch in dieser Spielzeit wieder zum Favoritenkreis auf den Meistertitel. In der Nacht zu Freitag können sie ihre Saison-Bilanz gegen die Houston Texans auf drei Siege ausbauen, und höchstwahrscheinlich wird ihnen das auch gelingen, obwohl gerade drei Schlüsselspieler fehlen: Star-Quarterback Tom Brady sitzt eine Sperre ab, weil New England in einem Play-off-Spiel manipulierte Bälle eingesetzt haben soll. Rob Gronkowski, der beste Tight End der Liga, fehlt wegen einer Oberschenkelverletzung, und Bradys Ersatz Jimmy Garoppolo hat sich eine Schulterverletzung zugezogen.

Angesichts der Verletztenmisere fällt es im Moment offenbar selbst Belichick schwer, neue Leute aus dem Hut zu zaubern, dabei ist das die eigentliche Spezialität des 64-Jährigen. Bestes Beispiel: Tom Brady. Im Draft des Jahres 2000 erkannte niemand das Talent des Quarterbacks. Brady war nicht sehr athletisch und nicht sehr schnell und ging an 199. Stelle über den Ladentisch. 16 Jahre später hält er Dutzende Rekorde und hat so viele Super Bowls gewonnen wie sonst nur die Legenden Joe Montana und Terry Bradshaw.

In New England haben sich alle dem Team unterzuordnen, darüber wacht der Coach mit eiserner Disziplin. Vor ein paar Jahren etwa führten die Patriots im Duell mit den New York Jets kurz vor Schluss 31:0, als sich die Abwehrspieler zu einem Freudentänzchen hinreißen ließen. Das schmeckte Belichick überhaupt nicht. Er nahm eine Auszeit und fragte seine Spieler: „Welcher beschissene Punk ist auf diese Idee gekommen?“ Ein paar Jahre später erlief der damalige Running Back Jonas Gray vier Touchdowns in einem Spiel, eine phänomenale Leistung. Dummerweise wagte er es, am nächsten Morgen fünf Minuten zu spät zum Training zu kommen. Gray spielte anschließend keine einzige Minute mehr.

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