Eintracht Frankfurt in der Europa League: Beton anrühren kann ja jeder
Andere Teams mauern sich in Unterzahl ein, doch Eintracht Frankfurt spielt unbeirrt weiter nach vorne. Das ist aller Ehren wert. Ein Kommentar.
Eine Mannschaft kassiert früh im Spiel einen Platzverweis, verbarrikadiert sich dann für den Rest der verbleibenden Spielzeit vor dem eigenen Strafraum und feiert sich am Ende dafür ab, ein dreckiges Unentschieden ermauert zu haben. Ein Muster von Fußballspielen, das man gefühlt schon 1000 Mal so gesehen hat. Nicht aber mit Eintracht Frankfurt. Das Team von Trainer Adi Hütter hat sich am Donnerstagabend im Viertelfinal-Hinspiel der Europa League bei Benfica Lissabon nicht unterkriegen lassen und couragiert weiter nach vorne gespielt. Das trauen sich die wenigsten Teams, und das muss man den Frankfurtern hoch anrechnen - denn beliebigen Fußball kann jedes Team spielen. Und ödes Betonanrühren am eigenen Strafraum will sowieso niemand sehen.
Wer auf schnörkellosen Offensivfußball steht, hat mit Eintracht Frankfurt in dieser Saison richtig Spaß: Wie kaum ein zweites Team aus der Bundesliga spielt die Eintracht schnell und direkt nach vorne, sucht das Tempo und die Wucht seines gefürchteten Offensivtrios aus Luka Jovic, Ante Rebic und Sébastien Haller, und wenn das einmal misslingt, wird Ball und Gegner sofort hinterhergejagt. Manche mögen das Harakiri nennen, Trainer Adi Hütter ist mit seinem Spielstil jedoch äußerst erfolgreich: Als letztes Team aus der Bundesliga ist die Eintracht noch im internationalen Wettbewerb vertreten.
Als Verteidiger Evan Ndicka dann am Donnerstagabend in Lissabon den letzten Gegenspieler vor dem Tor ungestüm über den Haufen lief und dafür die Rote Karte sah, schien der Spaß jedoch schnell vorbei zu sein: 70 Minuten waren da noch zu spielen. Mit Blick auf den K.o.-Modus mit Hin- und Rückspiel hätte man der Eintracht da nicht einmal böse sein können, wenn sie jetzt nur noch auf das Ergebnis geschielt hätte. Umso mehr ehrt es die Frankfurter, dass sie nicht daran dachten, von ihrem ursprünglichen Plan abzurücken, sondern weiter nach vorne spielten, als wäre nichts passiert. Den eigenen Stil bis zum Ende durchzuziehen, das trauen sich nur gefestigte Mannschaften. Und das zeigt wiederum, welch beeindruckende Entwicklung die Frankfurter unter Adi Hütter genommen haben. „Ich bin stolz auf die Mannschaft, dass sie in Unterzahl zwei Tore erzielt hat“, sagte der Trainer nach dem Spiel.
Am Ende stand dann eine 2:4-Niederlage. Eigentlich kein Ergebnis, bei dem man Konfetti regnen lässt, aber dennoch eins, das alle Optionen für das Rückspiel lässt. Denn mit einem 2:0 stünde die Eintracht im Halbfinale. Das wäre allerdings fast schon zu langweilig. Ein 7:4 täte es ja auch.
Leonard Brandbeck