Volleyball-Olympiaqualifikation in Berlin: Beste Chancen für den Zufall
Die deutschen Volleyball-Männer starten am Dienstag in Berlin in die Olympiaqualifikation – Trainer Vital Heynen übt Kritik am Modus.
Konformität war Vital Heynen schon immer fern. Während seine Trainerkollegen am Montag alle artig dasselbe sagen, nämlich dass dieses heute beginnende Olympia-Qualifikationsturnier der Volleyballer in der Berliner Max-Schmeling-Halle, bei dem sich nur der Erste direkt für Rio qualifiziert, schwer werden würde und die Vorbereitungszeit kurz gewesen sei, sagt der Bundestrainer der Deutschen: „Lassen sie uns über Darts reden. Und über Affen.“
Heynen erzählt von einem Experiment, in dem fünf Börsenmaklern und einem Affen namens Ola rund 1000 Euro für Aktienkäufe in die Hand gegeben wurden. Die Makler brachten ihre Expertise ein, und der Affe wählte seine Investments aus, indem er mit Dart-Pfeilen auf einen Kurszettel warf. Das Ergebnis: Ola schlug die Börsenprofis.
Bekanntermaßen verhält es sich im Sport mehr als vermutlich in jedem anderen gesellschaftlichen Teilbereich so, dass der Beste am Ende auch gewinnt. Es gibt messbare Größen, Tore, Weiten, Zeiten oder im Volleyball Punkte. Aber ab Dienstag, wenn Deutschland in seinem ersten Gruppenspiel auf Belgien (18.00 Uhr, Sport 1+) trifft, bevor es am Mittwoch gegen den World-League-Zweiten Serbien und am Freitag gegen Weltmeister Polen geht, gewinnt laut Heynen nicht der Beste, sondern vor allem der, den gewissermaßen der Affe, sprich: der Zufall auswählt. Vital Heynen begründet dies damit, dass alle acht teilnehmenden Mannschaften eine gleichermaßen hohe Qualität mitbrächten, so dass sich die Frage nach den Favoriten gar nicht erst stelle.
Deswegen hat der Belgier zur Pressekonferenz eine Lostrommel mitgebracht. Er bittet einen der anwesenden Journalisten, drei von insgesamt acht Zetteln aus der Trommel zu ziehen, auf denen jeweils eine der Mannschaften des Turniers geschrieben steht. Es werden gezogen Belgien, Serbien und Finnland. Heynen sagt: „Der Zufall spielt hier eine große Rolle.“
Nur vier Teams aus Europa dürfen bei Olympia starten
Auch wenn der Bundestrainer mit seiner Einlage für gute Stimmung im Presseraum der Max-Schmeling-Halle sorgt, ist das Anliegen doch ernst. Denn keiner der anwesenden Trainer stellt sich jeden Tag in die Halle, kommt abends nach Hause und analysiert dann noch Gegner oder Spielformen auf dem Rechner, um es dann doch nicht in der Hand zu haben. Weil das Feld der Konkurrenten so klein und so dicht beieinander ist, dass eben der alte Affe Zufall über Erfolg und Niederlage entscheidet.
Hintergrund des Kräftemessens auf allerhöchstem Niveau ist, dass bei dem Olympischen Volleyballturnier in diesem Jahr mit insgesamt zwölf Mannschaften gerade einmal vier Teams aus Europa teilnehmen. Das ist global gesehen gerecht, leistungstechnisch allerdings nicht. Der Volleyballwettbewerb in Rio könnte ohne Olympiasieger Russland oder Weltmeister Polen stattfinden – und ohne Deutschland, immerhin Weltmeisterschaftsdritter 2014.
„Wenn Europa vier Teams kriegt, sind zwei bis drei für Afrika zu viel“, sagt Heynen. „Wenn wir zum Beispiel 100 Mal gegen Tunesien spielen, die gute Chancen haben, in Rio dabei zu sein, verlieren wir vielleicht einmal. Aber nur dann, wenn das Licht ausgeschaltet ist. Bei Olympia spielen nicht die Besten.“
Vielleicht aber können die Deutschen dem Zufall doch ein Schnippchen schlagen. Zum einen wäre da der Heimvorteil und damit verbunden das Wissen, dass Deutschland schon 2012 die Olympia-Qualifikaktion in Berlin erfolgreich bestritt. Zum anderen wäre da eine durchaus veranlagte Mannschaft, die sich aus erfahrenen Spielern und einem überragenden Diagonalangreifer zusammensetzt. Der schlagkräftige Georg Grozer soll für viele Punkte sorgen. „Wir haben viele gute Spieler“, sagt Heynen. „Aber ohne Georg hätten wir schon ein kleines Problem.“
Im ersten Spiel trifft Heynen auf seine Landsmänner aus Belgien. Es ist die Partie, die ihm am meisten Sorgen bereitet. „Der Stress vor dem ersten Spiel ist am größten, das musst du gewinnen“, sagt der 46-Jährige, der viele Spieler der Belgier jahrelang trainiert hat und bestens kennt. Das könnte zumindest Vorteil und mal kein Zufall sein.