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Sieger unter sich. Geraint Thomas (r.) gewann die Tour de France im letzten Jahr, nun gratulierte er Teamkollege Egan Bernal.
© REUTERS

Buchmann wird Vierter: Bernal vor Gesamtsieg der Tour de France

Egan Bernal steht als erster Kolumbianer vor dem Tourgesamtsieg. Emanuel Buchmann wird Gesamt-Vierter, Vincenzo Nibali holt den Tagessieg.

Dunkle Wolken hingen über dem Startort Albertville. Besorgte Blicke gingen nach oben. Die 19. Etappe der Tour de France war schon wegen Hagelschauern und einem Erdrutsch verkürzt worden. Auch der Bergetappe am Samstag machten die Wetterkapriolen zu schaffen. Schlammlawinen hatten den Cormet de Roselend, den geplanten ersten Berg dieser Etappe, unpassierbar gemacht. Die Organisatoren änderten daher den Parcours. „Es war viel Arbeit, aber wir haben es geschafft“, sagte Tourdirektor Christian Prudhomme in Albertville. Der Tourboss wirkte nervös, nicht nur wegen der Planänderungen, sondern auch, weil der Wetterbericht für die verkürzte Rennstrecke ebenfalls Gewitter angekündigt hatte.

Erleichterung machte sich breit, als es dann endlich doch losging. Das Peloton der verbliebenen 155 Fahrer wurde zunächst über eine Autobahnstrecke auf den Kurs geschickt. Dort war der Kölner Nils Politt einer der Ersten, der aus dem Feld davon schoss. 29 Fahrer bildeten diese große Fluchtgruppe, unter ihnen auch Politts Kapitän Ilnur Zakarin und der spätere Etappensieger Nibali.

Sie alle fuhren an Zuschauern vorbei, die bereits nass und durchgefroren waren wegen der frühen Schauer des Tages und sich nun doch wieder aus ihren Autos und Regensachen hervorschälten. Mit dem Peloton kamen auch die ersten Sonnenstrahlen heraus. Die Etappe versprach, ganz normal zu werden. Eine kurze Etappe zwar, mit einem etwa 26 Kilometer langen Anlauf auf einen etwa 33 Kilometer langen Anstieg. „Es wird eine Art Zeitfahren den Berg hoch. Ich hoffe, dass ich alle gut in Paris wiedersehe“, witzelte Peter Sagan, Träger des Grünen Trikots, vor dem Start. Schon früh am Berg ließ der Slowake sich zurückfallen, war damit beschäftigt, innerhalb des Zeitlimits anzukommen.

Buchmann hat bereits die nächste Tour im Blick

Für Tempo sorgte vor allem Jumbo Visma. Die Helfer von Steven Kruijswijk waren entschlossen, wie vor einer Woche zuvor in den Pyrenäen die Konkurrenz zu zermürben. Die Favoritengruppe reduzierte sich drastisch. Auch der bravouröse Tourneuling Lennard Kämna musste passen. Wenig konnte dies jedoch Emanuel Buchmann anhaben. Der Ravensburger hielt sich tapfer im Feld der Favoriten. „Heute muss man keine Körner mehr sparen“, hatte er vor dem Start gesagt. Da lag er noch auf Platz fünf, und wirkte bereit für den Angriff auf das Podium.

Zehn Kilometer vor dem Zielstrich kam er diesem Vorhaben einen Schritt näher. Julian Alaphilippe, lange der Mann in Gelb bei dieser Tour, konnte dem Tempo nicht folgen und fiel im Klassement hinter ihn zurück. Gregor Mühlberger von Team Bora hansgrohe übernahm jetzt die Tempoarbeit. Auf den letzten zwei Kilometern ließ sich dann Team Ineos vorn sehen. Das britische Team kam nicht mehr an Nibali, den besten der Ausreißer, heran. Der Italiener holte sich den Etappensieg. Buchmann attackierte im Schlussanstieg noch einmal aus der Favoritengruppe heraus, konnte sich jedoch nicht entscheidend absetzen. Das Gelbe Trikot für Egan Bernal wurde so souverän abgesichert. Behält er auch in Paris die Führung im Klassement, ist er mit einem Alter von 22 Jahren und 196 Tagen drittjüngster Gewinner der Tour de France. Nur in den mythischen Frühzeiten gab es mit Henri Cornet (1904) und Francois Faber (1909) jüngere Triumphatoren.

„Er kann noch viele Mal die Tour de France gewinnen. Er ist hier der verdiente Sieger“, zollte ihm Emanuel Buchmann im Ziel Respekt. Der Bora hansgrohe-Kapitän war aber auch mit seiner Tour de France hochzufrieden. „Wenn mir jemand Platz vier vor der Tour prophezeit hätte, hätte ich das nicht geglaubt. Es ist ein tolles Ergebnis“, sagte er im Ziel. „Ich wollte heute noch einmal alles geben, aber ich hatte nicht die besten Beine“, blickte er auf den Tag zurück. Seine Freude konnte das nicht trüben. „Es wäre schön, wenn wir im nächsten Jahr mit einem stärkeren Team, mit mehr Männern für das Hochgebirge, kommen“, blickte er auf die Zukunft voraus. Dann hält wohl auch dieser Realist aus Oberschwaben einen Podiumsplatz für möglich.

Tom Mustroph

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