Die Münchner bleiben auf Meisterschaftskurs: Bayern dominiert Bayer – und Havertz sitzt auf der Tribüne
Mit 4:2 gewinnen die Münchner in Leverkusen. Den Schlusspunkt setzt ein großes Leverkusener Talent – und es ist nicht Kai Havertz.
Mag sein, dass die Worte von Hans-Dieter Flick in Leverkusen Alarmstimmung ausgelöst hatten: „Ich glaube, es gibt wenige Trainer, die was dagegen hätten, wenn Kai Havertz in ihrer Mannschaft spielen würde“, hatte Bayern Münchens Trainer vor dem Spiel gegen Bayer gesagt. „Da würde ich mich auch einschließen.“ Und wenn die Bayern sagen, dass sie einen Spieler wollen, dann ist der wiederum oft schneller in München, als die Konkurrenz „Lederhose“ sagen kann.
Dass Havertz – 20 Jahre alt, Prädikat Supertalent, und mit fünf Toren in den vier Spielen seit dem Re-Start der Fußball-Bundesliga in Topform – dann beim Aufeinandertreffen beider Teams am Samstag nur auf der Bank saß, hätte man also auch als eine Art Selbstschutz interpretieren können: Nicht, dass der Offensivkünstler noch groß aufspielt und die Bayern noch lüsterner macht als ohnehin schon. Es war dann aber laut Leverkusens Coach Peter Bosz wohl doch ein „Schlag aufs Knie“, der Havertz zu einem der handverlesenen Plätze auf der Tribüne der Leverkusener Arena verdonnerte.
Die bisherigen Ergebnisse des 30. Spieltags:
SC Freiburg – Bor. Mönchengladbach 1:0 (0:0)
RB Leipzig – SC Paderborn 1:1 (1:0)
Bayer Leverkusen – Bayern München 2:4 (1:3)
Eintracht Frankfurt – 1. FSV Mainz 05 0:2 (0:1)
Fortuna Düsseldorf – 1899 Hoffenheim 2:2 (1:1)
Borussia Dortmund – Hertha BSC 1:0 (0:0)
Von dort hatte er den besten Blick darauf, wie seine Kollegen den so schier unaufhaltsamen Bayern anfangs einige Mühe bereiteten, aber sich mit ein paar schwachen Minuten vor der Halbzeit alle Chancen auf ein Erfolgserlebnis zunichte machten und am Ende mit 2:4 (1:3) unterlagen. „In den ersten 30 Minuten sah es so aus, als ob wir mitspielen würden“, sagte Trainer Bosz nach dem Spiel. „Aber da habe ich schon gespürt, dass wir heute nicht unsere Top-Leistung bringen.“
An der wenig vergnüglichen Startphase für die Münchner hatte auch Havertz’ Vertreter gehörigen Anteil. Lucas Alario nahm dessen Platz im Angriff ein und bereitete der Bayern-Defensive schon nach zehn Minuten schlechte Laune: Nach einem Einwurf tief in der Hälfte der Münchner reagierte Leverkusens Gegenpressingspezialist Julian Baumgartlinger am schnellsten, steckte den Ball auf Alario durch, und weil dessen Gegenspieler David Alaba in Vorwegnahme einer Abseitsstellung nach vorne stürzte, hatte der Stürmer keine Probleme, frei vor Manuel Neuer die 1:0-Führung zu erzielen – der Videoschiedsrichter gab die Bestätigung.
„Es war ganz gut, dass wir in Rückstand geraten sind, weil die Mannschaft sich dann aufgerappelt hat“, befand Bayerns Trainer Flick nach dem Spiel. Das aggressive Mittelfeldpressing der Leverkusener schmeckte seinem Team überhaupt nicht, und so dauerte es, bis die Münchner langsam mehr Kontrolle über das Spiel bekam.
Eine Schwachstelle hatte der Tabellenführer dann nach etwa einer halben Stunde im Spiel der Leverkusener ausgemacht: Die hoch stehende Abwehrreihe des Teams von Peter Bosz. Die feinen Füße der Herren Alaba, Kimmich und Kollegen aus der Münchner Defensive fütterten von nun an in schöner Regelmäßigkeit die Angreifer der Bayern mit langen Bällen hinter die Kette.
Nachdem Thomas Müller den Ball bei einem solchen Schlag zunächst noch nicht ganz unter Kontrolle bekam, war es kurze Zeit später Leon Goretzka, der nach einem Ballgewinn im Mittelfeld direkt auf Kingsley Coman durchsteckte. Der Flügelspieler legte den Ball cool zum Ausgleich ins lange Eck.
Auch gegen die Leverkusener Bissigkeit wehrten sich die Bayern nun mehr – allerdings mit der Konsequenz, dass Müller wie Robert Lewandowski jeweils ihre fünfte Gelbe Karte sahen und beim nächsten Spiel gesperrt pausieren werden.
[Eine Stadt, zwei Bundesligisten: Alle Entwicklungen um den 1. FC Union sowie Hertha BSC finden Sie bei uns in jeweils eigenen News-Blogs.]
Richtig übel für die weiterhin hoch stehenden Leverkusener wurde es dann binnen fünf Minuten vor der Halbzeit: Dabei hatte einmal Leon Goretzka zu viel Platz am Sechzehner und ließ Bayer-Torwart Lukas Hradecky bei seinem 2:1-Führungstreffer schlecht aussehen, dann standen auch noch Lewandowski (vorbei), Serge Gnabry (Hradecky-Fußabwehr) und wieder Gnabry (3:1) völlig frei vor dem Tor. Selbst der sonst so entspannte Peter Bosz bekam nun auf der Bank zu viel.
Zur zweiten Hälfte wechselte er dann gleich dreimal. Es brachte seinem Team jedoch nicht allzu viel neuen Groove, die Musik machten die Münchner. Nach 65 Minuten konnten sich Bayerns Offensivgranden Müller und Lewandowski so noch mit einem runden Erfolgserlebnis in ihren Gelbsperrenurlaub verabschieden, als Ersterer mit seinem 20. Assist der Spielzeit Letzterem per Flanke seinen 30. Saisontreffer zum 4:1 per Kopf auflegte.
Leverkusens Florian Wirtz – 17 Jahre alt, Prädikat Supertalent – erzielte dann noch mit einem hübschen Treffer das 2:4 und wurde damit als jüngster Torschütze der Klubgeschichte zum Nachfolger eines gewissen Kai Havertz. Hans-Dieter Flick hat es genau gesehen. (Tsp)