Maria Höfl-Riesch: Aus zwei mach Gold
Wie vor vier Jahren in Vancouver ist Maria Höfl-Riesch auch diesmal die beste Allrounderin der Alpin-Frauen. Die 29-Jährige siegte in der aus Abfahrt und Slalom bestehenden Superkombination und holt damit das zweite deutsche Gold in Sotschi.
Zeit für eine kleine, goldige Gesten der Freude musste sein. Maria Höfl-Riesch schlug kurz die Hände an ihre Wangen und dann fiel sie im Zielraum der Piste von Rosa Chutor auf die Knie. Zwei Sekunden später stand sie aber schon wieder, die große Frau des alpinen Skisports. Kerzengerade, so dass es ein wenig amüsant wirkte, als Silbermedaillengewinnerin Nicole Hosp an der neuen Olympiasiegerin in der Superkombination hochsprang, um die Deutsche zu umarmen. Die US-Amerikanerin Julia Mancuso kam wenig später hinzu und komplettierte das erfolgreiche Trio mit der Chefin Höfl-Riesch: Mit einem tadellos guten Slalom-Lauf hatte die Frau aus Partenkirchen allen demonstriert, wie gut es sich auch mit 1,82 Metern um die Stangen kurven lässt und war verdient zu ihrer Goldmedaille gefahren.
Die Österreicherin Hosp lag schließlich 0,4, die überraschend Dritte gewordene Mancuso 0,53 Sekunden hinter Höfl-Riesch. Die Slowenin Tina Maze, an sich als Höfl-Rieschs härteste Konkurrentin ins Rennen gegangen, wurde nur Vierte. Nach der Abfahrt hatte die Deutsche noch auf Rang fünf gelegen, stattliche 1,04 Sekunden hinter Mancuso, doch im zweiten Teilwettbewerb der Superkombination fuhr die zurzeit beste Allrounderin im alpinen Skisport die Konkurrenz an die Wand. Das Gold bei den Winterspielen in Russland ist bereits ihr drittes olympisches Gold, in Vancouver hatte sie 2010 auch in der Superkombination und im Slalom triumphiert.
Und nun hätte sich die Bayerin ja am Montag in Rosa Chutor hinstellen können und vom größten Tag ihrer Karriere schwärmen können. Aber nein, die Erfolge von Vancouver seien ihr natürlich genauso wichtig, wie ihre neue Goldmedaille, sagte Höfl-Riesch: "Mit einem Sieg beschäftige ich mich genau einen Tag, dann konzentriere ich mich schon auf den nächsten Wettbewerb."
Ihre physische Kraft ist ein Vorteil
Die Siegerin aus Deutschland ist inzwischen auch rhetorisch auf dem Weg zu Bestleistungen, das macht wohl auch so eine große Siegerin wie Maria-Höfl Riesch aus. Sie lässt sich so schnell nicht irritieren. Die olympische Slalom-Piste habe ihr gar nicht so sehr gelegen, sagte sie. "Als ich mir die Strecke nach der Abfahrt am Morgen angeschaut habe und da oben stand, da dachte ich nur: Das wird ganz schwierig." Wobei das Wetter wohl auch mitspielte. Beim Abfahrtsrennen hatte noch die Sonne geschienen, am Nachmittag mussten schon die Flutlichtmasten herhalten, um die Anlage beim Slalomrennen zu beleuchten. Der Schnee habe angesichts ausbleibender Sonne seine Qualität verändert, sagte Höfl-Riesch. "Die Piste war rau und hügelig, für das warme Wetter aber noch ganz gut."
Neben ihrer mentalen Stärke ist ihre physische Kraft der Vorteil der groß gewachsenen Höfl-Riesch. Seit Beginn der Saison fährt sie Männer-Ski. "Und das funktioniert brillant, auch bei Läufen mit vielen Kurven." Und wer weiß, was noch alles möglich ist bei den Winterspielen in Russland für die beste deutsche Alpine. In Vancouver ist sie in allen fünf alpinen Wettbewerben unter die ersten Zehn gefahren, keine andere Konkurrentin kam nur in die Nähe so einer Bilanz. Ihre Vielseitigkeit erfordere aber auch viel Arbeit, sagt Höfl-Riesch. "Wenn ich ein paar Tage hintereinander mal nur Abfahrt trainiere, habe ich Probleme auf der Slalom-Strecke."
In Sotschi hat sie am Montag keine Schwierigkeiten, der Gegnerschaft ihr vielseitiges Können zu zeigen. "Was das angeht, kommt keine an die Maria heran", sagte Silbermedaillengewinnerin Hosp nach dem Rennen. Die Gelobte nahm alle Komplimente mit betonter Lockerheit hin. "So entspannt war ich vorher allerdings nicht, ich war ja die Topfavoritin", sagte Maria Höfl-Riesch. Als sie dann darauf angesprochen wurde, dass sie in Sotschi die erste Fahnenträgerin von der Eröffnungsfeier überhaupt sei, die Gold gewonnen habe, sagte sie: "Na das ist doch auch noch was."
Vielleicht wird sie auch die erste Fahnenträgerin, die bei den olympischen Winterspielen zwei oder drei oder vier oder fünf Mal Gold gewinnt. Da sieht Höfl-Riesch aber vor ihren kommenden Wettbewerben ein kleines Problem auf sich zukommen. Ihr Glücksbringer Franz Beckenbauer schaue dann nicht mehr von der Tribüne aus zu, wie am Montag in Rosa Chutor. "Ich habe dem Franz ja gesagt, er solle bleiben", erzählte sie. "Aber er musste schnell weg, um sein Flugzeug zu erwischen." Doch auch ohne den Franz, wird die Höfl-Riesch Maria in den kommenden Tagen in Sotschi wohl ganz gut klarkommen. So viel scheint festzustehen, nach ihrer grandiosen ersten Vorstellung vom Montag in den Bergen oberhalb von des olympischen Bergdorfs Krasnaja Poljana.