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Und der Torwart tobt. Gegen Juventus Turin mit Gianluigi Buffon wurden in zwei Spielen zwei Elfmeter verhängt – beide vom Videoschiedsrichter.
© Marco Bertorello/AFP

Neue Technik im Fußball: Auch andere Ligen haben Probleme mit dem Videobeweis

In der Fußball-Bundesliga bereitet der Videobeweis seit der Einführung Probleme. Auch in anderen Ländern wird die neue Technik getestet – mit unterschiedlichem Erfolg.

In der Bundesliga gibt es seit der Einführung des Videobeweises zu Saisonbeginn große Diskussionen. Am ersten Spieltag traten bei mehreren Spielen technische Probleme auf, so dass DFL und DFB sogar eine Aussetzung in Betracht zogen. Auf die virtuelle Abseitslinie wird seitdem verzichtet. Am Samstag stellte Rudi Völler den Videoassistenten nach einer umstrittenen Entscheidung gegen Bayer Leverkusen gänzlich in Frage. Doch nicht nur in Deutschland wird die Technik unter Wettkampfbedingungen getestet. Ein Überblick über die Erfahrungen in Holland und Italien.

HOLLAND

Halbfinale im KNVB-Pokal in diesem Frühjahr. Zwischen AZ Alkmaar und dem SC Cambuur läuft bereits die Nachspielzeit, als Alkmaar das entscheidende Tor zum 1:0 erzielt. Doch der Jubel über den Einzug ins Endspiel kommt zu früh. Der Schiedsrichter hat ein Foul an Cambuurs Torhüter übersehen; der Videoassistent im Studio in Hilversum hingegen nicht. Der Treffer wird annulliert. Es gibt Verlängerung und Elfmeterschießen, in dem AZ schließlich doch noch gewinnt.

So soll es sein: Der Videobeweis bewahrt den Schiedsrichter vor gravierenden Fehlern. Aber nicht nur wegen dieser konkreten Erfahrung sind die Holländer in Sachen Videoassistent eher positiv eingestellt. Der frühere Weltklassefußballer Marco van Basten zum Beispiel, inzwischen bei der Fifa für die technische Entwicklung des Spiels zuständig, ist ein großer Befürworter; und nicht von ungefähr war der holländische Verband KNVB in dieser Angelegenheit Pionier. Die Holländer haben schon in der Saison 2013/14 mit Offline-Tests angefangen. Beim ersten offiziellen Spiel mit Videoassistent (Italien gegen Frankreich im September 2016) war der Holländer Björn Kuipers Schiedsrichter. Im nationalen Pokal soll das Hilfsmittel in dieser Spielzeit in allen Begegnungen genutzt werden, sofern die technischen Möglichkeiten gegeben sind.

Nur in der Ehrendivision kommt der Videoassistent in dieser Saison noch nicht zum Einsatz. Die Vereine haben sich dagegen ausgesprochen, weil sie die Kosten (rund 2,5 Millionen Euro) für zu hoch erachtet haben. Die Einführung ist allerdings für die Spielzeit 2018/19 geplant.

Anfangs saßen die Videoassistenten noch in einem Kleinbus direkt neben dem jeweiligen Stadion; inzwischen sind sie ähnlich wie in Deutschland alle in einem zentralen Studio untergebracht – auch damit so etwas wie nach dem Spiel Zwolle gegen Utrecht nicht wieder passiert. Nach einer strittigen Szene hatten aufgebrachte Fans versucht, den Bus zu stürmen. Die Polizei musste eingreifen.

ITALIEN

In Italien haben es die Schiedsrichter traditionell schwer. In den Medien werden alle Spiele in einer eigenen Rubrik auf Fehlentscheidungen untersucht. Das gilt seit der Einführung des Videoassistenten zu Saisonbeginn umso mehr. Während die in kleinen Räumen innerhalb der Stadien postierten Videoschiedsrichter am ersten Spieltag keine Fehler machten und es kaum Kritik gab, entbrannte am vergangenen Wochenende eine große Diskussion. Angestoßen wurde diese von Gianluigi Buffon. Der Torwart von Juventus Turin und der Nationalmannschaft hatte sich in der Vorwoche noch für Geduld mit dem Videobeweis ausgesprochen, nach dem 4:2-Sieg in Genua platzte ihm jedoch der Kragen. „Es hieß, der Videoassistent würde sparsam eingesetzt, aber so ist es unangebracht“, sagte Buffon. „Das ist kein Fußball mehr, sondern Wasserball.“

In den zwei Spielen von Juventus gab es drei Elfmeter – alle verhängt durch den Videoassistenten. Der Strafstoß für Genua am Samstag war dabei die erste klare Fehlentscheidung, da vor dem Foul eine Abseitsposition vorgelegen hatte. Buffon kritisierte aber vor allem die Häufigkeit der Unterbrechungen. An den beiden Spieltagen kam der Videobeweis zwölf Mal zum Einsatz. Schiedsrichter-Chef Nicola Rizzoli stimmte Buffon zu: „Wir müssen dafür sorgen, dass er weniger gebraucht wird. Man kann nicht bei jedem Zweifelsfall auf den Videobeweis zurückgreifen.“

Das gilt vor allem, wenn die Entscheidungsfindung so lange dauert wie in Italien. Denn in der Serie A schauen sich die Schiedsrichter die Szenen – anders als in der Bundesliga – oft zusätzlich auf einem Monitor am Spielfeldrand an. Beim Spiel Spal Ferrara gegen Udinese Calcio dauerte es drei Minuten, bis der Schiedsrichter das 2:0 für den Aufsteiger anerkannte. Später mussten Spieler und Zuschauer mehr als zwei Minuten auf eine Elfmeterentscheidung warten. Da waren die sieben Minuten Nachspielzeit fast schon knapp bemessen.

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