BVB gegen FCB: Aubameyang gegen Lewandowski: Das Stellvertreterduell
Im Kampf um die Torjägerkanone kann Dortmund mit Bayern mithalten - auch weil BVB-Stürmer Aubameyang wieder lächeln kann.
Es gibt nicht mehr allzu viele Rekorde in der Geschichte der Fußball- Bundesliga, die in den vergangenen Jahren nicht in den Besitz des FC Bayern München übergegangen sind: frühester Meister, wenigste Niederlagen, längste Siegesserie gegen den HSV, meiste Tore mit dem Innenrist, schnellster Hattrick … Man muss schon tief kramen in den Archiven, um eine Bestmarke zu finden, an der weder die Bayern noch Robert Lewandowski beteiligt waren. Zum Beispiel bis zum 30. September 1967, als Borussia Mönchengladbach gegen Hannover 96 spielte und der Gladbacher Herbert Laumen bis zur neunten Minute drei Tore erzielte. Nie in nunmehr fast 54 Jahren Bundesliga hat ein Spieler einen früheren Hattrick erzielt.
Nach der Begegnung nahm Laumen den Spielball als Andenken mit nach Hause, doch als er seine nächste Gehaltsabrechnung erhielt, musste er mit Erstaunen feststellen, dass ihm der Betrag für den Ball vom Lohn einbehalten worden war.
Zum Glück für Robert Lewandowski haben sich die Gepflogenheiten inzwischen geringfügig geändert; es gibt nicht nur einen Spielball, sondern bei jedem Spiel gleich mehrere. Da ist es nicht so schlimm, wenn am Ende des Tages mal ein Ball fehlt – sonst hätte der Pole in den vergangenen Jahren erhebliche Gehaltseinbußen zu beklagen gehabt. Am Samstag beim 8:0-Standardsieg der Bayern gegen den Hamburger SV erzielte er zum fünften Mal in der Fußball-Bundesliga mindestens drei Tore in einem Spiel.
Dass Lewandowski dabei nur 57 Minuten auf dem Platz gestanden hatte, ist eigentlich nicht weiter erwähnenswert, weil a) der Gegner, wie gesagt, der HSV war und b) Lewandowski, wenn er richtig gut drauf ist, auch mal fünf Tore in neun Minuten erzielt (selbst wenn der Gegner nicht der HSV ist).
In diesem Jahr kommt der Pole bereits auf sieben Tore – so viele hat 2017 kein anderer Spieler der Bundesliga erzielt. Durch seine Treffer gegen den HSV hat er sich am Samstag zum ersten Mal seit dem sechsten Spieltag wieder an die Spitze der Torschützenliste gesetzt – gemeinsam mit dem Dortmunder Pierre-Emerick Aubameyang, der beim 3:0-Sieg des BVB in Freiburg zweimal traf und nun auf 19 Saisontore kommt. Seit Mitte der siebziger Jahre hatten die beiden Führenden der Torschützenliste zu diesem Zeitpunkt der Saison nur ein einzige Mal noch mehr Tore erzielt. Das war vor einem Jahr, als Lewandowski mit 22 Treffern vorne lag – vor Aubameyang mit 21.
"Wir alle wollen, dass er lächelt"
„Das wird ein interessanter Zweikampf an der Spitze der Torjägerwertung“, sagt Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende der Bayern. Auch wenn Lewandowski mit der Generosität des Titelverteidigers behauptet, dass dieser Kampf für ihn „keine große Rolle“ spiele: Das Duell der beiden Stürmer könnte zumindest eine Art Stellvertreterkrieg werden, jetzt, da die Bayern ihrem vermeintlichen Rivalen aus Dortmund mal wieder weit enteilt sind. 13 Punkte liegt der BVB in der Tabelle bereits hinter dem Spitzenreiter aus München zurück.
Pierre-Emerick Aubameyang hat am Wochenende zumindest mit Robert Lewandowski gleichgezogen. Das finale 3:0 gegen die Freiburger war sein 103. Pflichtspieltor für die Dortmunder – genauso viele hat auch Lewandowski für den Klub erzielt. Vor seinem ersten Tor in Freiburg hatte der Gabuner 471 Spielminuten nicht mehr getroffen; in den vergangenen Wochen, vor allem im Pokal gegen Hertha BSC, in der Champions League gegen Benfica Lissabon und in der Liga gegen den Tabellenletzten Darmstadt 98, war Aubameyang eher durch Chancenvernichtung als durch Chancenverwertung aufgefallen.
Die Tore gegen Freiburg waren so vorbereitet, dass Aubameyang gar nicht mehr viel falsch machen konnte. Vor allem hatte er keine Zeit, lange nachzudenken. Der 27-Jährige traf instinktiv die richtige Wahl. „Das ist das Beste für uns alle, wenn Auba nicht mehr nachdenken muss; wenn er sich auf die nächsten Chancen freut und wenn sich so ein Thema gar nicht breitmacht“, sagte Dortmunds Trainer Thomas Tuchel. „Wir alle wollen, dass er lächelt und unbeschwert Fußball spielt. Das kann er jetzt wieder tun.“
Einen unbeschwerten Aubameyang, der zu alter Treffsicherheit zurückfindet, werden die Dortmunder in den kommenden Wochen mehr denn je benötigen. Vielleicht nicht unbedingt in dieser Woche im Viertelfinale des DFB-Pokals beim Drittligisten Sportfreunde Lotte, aber ganz sicher in der Champions League gegen Benfica, wenn die Dortmunder im Rückspiel das 0:1 aus Lissabon aufholen müssen. Pierre-Emerick Aubameyang, der im Hinspiel einen Elfmeter verschossen hat, hat auch ganz persönlich noch etwas geradezurücken. (mit dpa)
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