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Amin Younes hat sich bei Ajax durchgesetzt und ist deutlich zielstrebiger geworden.
© dpa

Ajax Amsterdam - Manchester United: Amin Younes: Meister des Beinschusses

Der frühere deutsche U-21-Nationalspieler Amin Younes hat sich mit Ajax Amsterdam ins Finale der Europa League gedribbelt.

Vielleicht war es die spezielle Form der Belastung. Eine Beanspruchung, die die Muskeln von Amin Younes nicht gewohnt sind. Stillsitzen ist möglicherweise nicht so sein Ding. Jedenfalls sprang er plötzlich von seinem Hocker auf, mitten im Interview für den Fernsehsender seines Arbeitgebers Ajax Amsterdam. „Ah, Krampf!“, rief er.

Amin Younes, 23 Jahre alt, 1,68 Meter groß, ist ein Wirbelwind, stets in Bewegung – und kaum zu stoppen. Seine Fähigkeiten im Eins-gegen-Eins haben ihm nicht nur einen Platz im Kader der Nationalmannschaft für den Confed-Cup beschert; Younes, Sohn einer Deutschen und eines Libanesen, hat es mit Ajax auch ins Finale der Europa League gegen Manchester United (heute, 20.45 Uhr) geschafft. Nicht schlecht für einen, der sich vor zwei Jahren nicht mal beim Zweitligisten Kaiserslautern durchsetzen konnte.

Als Younes in der Saison 2014/15 von Borussia Mönchengladbach an den FCK ausgeliehen war, durfte er nur sieben Mal von Anfang an ran. Es spricht für ein gesundes Selbstvertrauen, es anschließend trotzdem bei Ajax Amsterdam zu versuchen, einem Klub mit glänzendem Ruf. „Wenn du für Ajax spielst, bist du ein großartiger Fußballer“, sagt Younes. In seiner Heimat hat sich diese Erkenntnis erst in den vergangenen Wochen durchgesetzt.

Seine Geschichte ist eine bemerkenswerte: Ajax, bekannt für herausragende Nachwuchsarbeit, holt ein nicht mehr ganz so junges Talent, das in Deutschland schon als gescheitert gilt. Ohne die U-21-EM im Sommer 2015 wäre dieser Wechsel wohl nicht möglich gewesen. Bei der U 21 hat Younes damals das erfahren, was ihm in Lautern unter Kosta Runjaic und in Gladbach unter Lucien Favre verwehrt geblieben ist: das Vertrauen seines Trainers. Horst Hrubesch hat Younes bei der EM immer spielen lassen, weil er erkannt hat, dass ein Spieler wie er keine Furcht vor dem Scheitern haben darf, wenn er sich ins Dribbling stürzt. Hrubesch ist immer noch eine wichtige Bezugsperson für Younes. Einen Rat des heutigen Sportdirektors beim Deutschen Fußball-Bund nimmt er sich bis heute zu Herzen: „Als erstes musst du arbeiten; als zweites musst du arbeiten; als drittes musst du arbeiten – und dann brauchst du noch Talent.“

Ab der U 16 hat Younes für alle Junioren-Nationalteams des DFB durchlaufen

Dass bei Amin Younes Talent vorhanden ist, steht außer Frage. Ab der U 16 hat er für alle Junioren-Nationalteams des DFB gespielt; in der E-Jugend wechselte er von der SG Unterrath in seiner Heimatstadt Düsseldorf zu Borussia Mönchengladbach. In der gesamten Jugend sei Younes ein Spieler gewesen, der den Unterschied ausgemacht habe, sagt Borussias Sportdirektor Max Eberl. „Dass er es von ganz unten nach ganz oben geschafft hat, darauf sind wir auch stolz.“ Obwohl die Gladbacher davon nur bedingt profitiert haben. Knapp zwei Millionen Euro sollen sie vor zwei Jahren von Ajax kassiert haben. Dafür haben sie eine Beteiligung an einem Weiterverkauf vereinbart plus erfolgsabhängiger Nachzahlungen. Eine Rückkaufoption besitzen die Gladbacher nicht.

„Dass Amin großes Potenzial besitzt, wussten wir immer“, sagt Eberl. Das Problem war, dass er mehr spielen wollte und sie ihm das in Gladbach nicht versprechen konnten. Als Younes mit der Idee kam, zu Ajax zu wechseln, hat Eberl ihn nicht etwa für übergeschnappt gehalten; er hat ihm gesagt: „Amin, sehr gute Wahl.“ Die holländische Liga passe sehr gut zu ihm, findet Eberl, zumal Ajax oft auf tiefstehende Gegner treffe, gegen die Younes seine Qualität im Dribbling ausspielen und verfeinern kann.

Younes ist der Meister des Beinschusses. Doch im Vergleich zu seinen wenigen Spielen in Deutschland wirkt er inzwischen deutlich zielstrebiger. Mit seinem tiefen Körperschwerpunkt und der engen Ballführung ist Younes im Dribbling kaum zu stoppen. Als Linksaußen in Ajax’ traditionellem 4-3-3 kann er als Rechtsfuß entweder selbst zum Abschluss kommen oder seine Kollegen in Position bringen. „Die Gegner wissen, dass von ihm viel Gefahr ausgeht“, sagt sein Trainer Peter Bosz, der ihm von Anfang an viel Vertrauen entgegengebracht hat. Nur Younes und Paul Pogba vom Finalgegner Manchester standen in dieser Saison in allen 14 Europa-League-Spielen in der Startelf, aber keiner hat so oft das Dribbling gesucht wie Younes. Mit 118 Versuchen kommt er auf mehr als doppelt so viele wie der zweitplatzierte Pione Sista (54).

Inzwischen wird Younes auch in seiner Heimat wieder verstärkt wahrgenommen. Borussia Dortmund und RB Leipzig sollen an seiner Verpflichtung interessiert sein. Umso verwunderlicher, dass er vor kurzem noch komplett verkannt wurde. Verbittert ist Amin Younes deshalb nicht. „Ich gebe nie anderen die Schuld“, hat er jetzt der Deutschen Presse-Agentur gesagt. „Ich bin selbst dafür verantwortlich, was passiert.“

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