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Die Spiele mögen beginnen. Knapp 50.000 Zuschauer verfolgten den ersten Bundesligaauftritt von Hertha im Olympiastadion.
© dpa

Debüt-Saison 1963: Als Hertha BSC in die Bundesliga startete

Vor genau 55 Jahren begann für Hertha BSC die Bundesliga – passenderweise wie in dieser Saison mit einem Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg.

Der Stadionsprecher ist spät dran. Die Mannschaften von Hertha BSC und dem 1. FC Nürnberg sind schon da, als er die Aufstellungen mitteilt. Im Eiltempo. Schiedsrichter Rolf Seekamp wartet kurz, kann aber doch noch pünktlich anpfeifen. Überpünktlich sogar. Um 16.59 Uhr, eine Minute früher als geplant. Am 24. August 1963 beginnt im deutschen Fußball die neue Zeitrechnung namens Bundesliga. 47.911 Zuschauer sind laut Tagesspiegel im Olympiastadion dabei (offiziell werden heute häufig 60.000 angegeben), Rekordbesuch des Spieltags. Insgesamt kommen fast 300.000 Besucher in die acht Stadien der Bundesliga.

Sehr aufregend sei es gewesen, erinnert sich Carl-Heinz Rühl an Herthas Auftakt gegen Nürnberg. Diese Paarung steht auch am Samstag am ersten Spieltag der neuen Saison an. „Die Stimmung war toll“, sagt Rühl. So sah es auch der Tagesspiegel: „Die Massen feuerten ihre Lieblinge mit dem Schlachtruf ‚Ha-Ho-He! Hertha BSC!‘ lautstark an.“

Rühl, damals 23 Jahre alt, war von Viktoria Köln gekommen. Die anderen Zugänge hießen Otto Rehhagel (Rot-Weiss Essen), Uwe Klimaschefski (Bayer Leverkusen) und Harald Beyer (Preußen Münster). „Wir waren die sogenannten Westdeutschen im Team“, sagt Rühl, der 1939 in Kreuzberg geboren wurde. Im Krieg musste seine Familie Berlin verlassen. Rühl wuchs in Köln auf, dort spielte der Stürmer später bei Viktoria in der Oberliga.

Carl-Heinz Rühl in seiner Zeit bei Hertha.
Carl-Heinz Rühl in seiner Zeit bei Hertha.
© imago/Horstmüller

Gehalt wird verdreifacht: auf 1200 DM

Die fünf Oberligen mit ihren 74 Teams bildeten die höchste Ebene vor der Einführung der 16 Mannschaften umfassenden Bundesliga. 46 Vereine bewarben sich. „Die Steinzeit im deutschen Fußball ist beendet“, kommentierte die „Welt“. Es war keine Profiliga wie in vielen anderen Ländern. Doch die „Lizenzspieler“ durften statt maximal 400 D-Mark nun bis zu 1200 DM verdienen.

Viktoria würde nicht dabei sein, sondern der 1. FC Köln, das war ziemlich schnell klar. „Aber ich wollte in die Bundesliga. Jeder wollte das“, sagt Rühl. In Berlin hatte die Jahre zuvor Tasmania 1900 dominiert, den Startplatz vom Deutschen Fußball-Bund erhielt jedoch Hertha. Über Vorstandsmitglied Wolfgang Holst kam die Verbindung zu Rühl zustande. Er wechselte zu einem Abstiegskandidaten.

„Die Umstellung von der leistungsschwachen Berliner Vertragsliga auf 30 harte Kämpfe mit den besten Mannschaften Deutschlands wird nicht leicht sein“, schrieb der Tagesspiegel.

Manche Spieler nahmen fast zehn Kilo ab

Herthas Trainer Jupp Schneider setzte in der Vorbereitung vor allem auf eines: Laufen. Er schickte die Spieler rund ums Maifeld. Immer wieder. Wasser trinken war beim Sport nicht vorgesehen. „Wir freuten uns über die Rasensprenger am Rand, dadurch bekamen wir etwas Flüssigkeit“, sagt Rühl. Manche Spieler nahmen fast zehn Kilo ab, er selbst fünf.

Nürnberg war Favorit, zudem musste Hertha auf einen wichtigen Spieler verzichten: Günter Schüler, von Beruf Arzt und in der Presse stets „Dr. Schüler“ genannt, fehlte verletzt. Der 29-Jährige hatte im Training alles versucht. „Es ist furchtbar. Jeden Tag, wenn er nach Hause kommt, schaue ich aus dem Fenster, ob er humpelt“, sagte seine Frau. Schüler wurde gar nicht mehr richtig fit, bestritt nur eine Bundesligapartie.

„Das Spiel war von der Taktik geprägt, keiner wollte verlieren“, sagt Rühl. Der Club ging durch den ehemaligen Nationalspieler Max Morlock in Führung. Hans-Günter Schimmöller sicherte sich nach der Pause durch einen verwandelten Handelfmeter seinen Platz in der Hertha-Historie. Und seinem Team mit dem 1:1 einen verdienten Punkt.

Der Tagesspiegel hatte vor dem Start „Berlins Sport-Prominenz“ um eine Einschätzung zur Hertha gebeten, unter anderem Handball-Nationalspieler Horst Käsler und Leichtathlet Peter Kubicki. Die meisten sagten den Klassenerhalt voraus. Sie sollten Recht behalten.

"Hertha ist immer noch ein Thema"

Am Ende war es Rang 14. Ein Jahr später allerdings folgte der Zwangsabstieg wegen Zahlung unerlaubter Handgelder. Rühl ging zum Meidericher SV (inzwischen MSV Duisburg) und danach zum 1. FC Köln, mit dem er 1968 den DFB-Pokal holte.

Noch heute trifft Rühl, der in den neunziger Jahren Manager bei Hertha war, regelmäßig Willibert Kremer und Wolfgang Fahrian, mit denen er das zweite Jahr in Berlin zusammenspielte. „Bei uns ist Hertha natürlich immer noch Thema“, sagt der 78-Jährige: „Es war oft unruhig im Verein, aber es war eine großartige Zeit.“

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