Neuer Handball-Bundestrainer: Alfred Gislason war der Wunschkandidat aller
Alfred Gislason wird als neuer Handball-Bundestrainer vorgestellt. Die Entscheidung für ihn und gegen Christian Prokop hätte "rein sportliche Gründe".
Viel Platz blieb auf dem Podium nicht – oder sollte man besser sagen: an der Tafel? So zahlreich wie am Freitag ist das Präsidium des Deutschen Handballbundes (DHB) jedenfalls schon lange nicht mehr öffentlich und gemeinsam in Erscheinung getreten.
Keine 24 Stunden nach der Demission von Christian Prokop und der Beförderung Alfred Gislasons zum neuen Bundestrainer war die Führungsriege des Verbands in einem Hannoveraner Flughafenhotel sichtlich darum bemüht, Einigkeit und Geschlossenheit zu demonstrieren: Rechts und links von Gislason saßen gleich fünf der insgesamt zehn Präsidiumsmitglieder, die ihrer Darstellung zufolge am Montag mit 10:0-Stimmen für einen Wechsel auf der wichtigsten Position des Landes votiert und diese Entscheidung schließlich am Donnerstag öffentlich gemacht hatten.
Trennung von Prokop „allein aus sportlichen Gründen“
Namentlich vertreten waren: Präsident Andreas Michelmann, Vizepräsident Bob Hanning, Sportvorstand Axel Kromer, Generalsekretär Mark Schober sowie der Vorsitzende des Bundesliga-Dachverbands HBL und langjährige Manager des THW Kiel, Uwe Schwenker. Allein schon die Besetzung, quasi das Who is Who der deutschen Handball-Funktionärsszene, sollte die Vermutung zerstreuen, dass es sich bei der Ernennung des neuen Bundestrainers um einen Alleingang eines einzelnen oder einiger weniger gehandelt haben könnte. Bob Hanning etwa, der einen Prokop einst gegen viele Widerstände durchgesetzt und später leidenschaftlich verteidigt hatte, wurde dieses Umstands verdächtigt. Aber wie sagte Uwe Schwenker: „Wir sind ein Präsidium – und auch Bob hat nur eine Stimme.“
Präsident Michelmann legte zunächst dar, dass Prokops Entlassung keineswegs von langer Hand geplant gewesen sei. „Durch den räumlichen wie zeitlichen Abstand sind wir allerdings zu einer anderen Erkenntnis gelangt als noch bei der Europameisterschaft in Wien“, sagte er und betonte: „Die Entscheidung ist einzig und allein aus sportlichen Gründen“ gefallen. Und ich kann gut verstehen, dass das von Christian als unfair empfunden wird.“
Wesentlich spannender als diese handelsüblichen Floskeln waren die Ausführungen Uwe Schwenkers. Der HBL-Vorsitzende räumte ein, dass Gislason tatsächlich bereits in Kontakt mit einem anderen Nationalverband stand und kurz vor jener Vertragsunterschrift stand, die er nun dem DHB gegeben hat. „Wir haben dann die Risiken und Chancen dieser Personalie erörtert und waren uns einig: Die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs ist unter einem solch erfahrenen Mann wie Alfred größer als unter Christian Prokop.“
Gislason hatte sich erst kürzlich in einem Interview mit den Kieler Nachrichten in Position gebracht, seine Kernaussage lautete: Nach gut einem halben Jahr Pause könne er sich gut vorstellen, wieder als Trainer zu arbeiten – allerdings explizit in einer Nationalmannschaft. „Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass der Bundestrainer-Posten für mich immer ein Traumjob war“, sagte Gislason am Freitag.
Der Kontakt zum Verband sei vor knapp drei Jahren enger geworden, als Gislasons Landsmann und Vorgänger Dagur Sigurdsson nach Japan gewechselt war. „Damals ging das leider nicht“, berichtete Gislason, „weil ich gerade meinen Vertrag beim THW Kiel verlängert hatte.“ Diesmal war die Gelegenheit für beide Seiten günstiger.