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Alexander Nübel steht noch bis zum Ende der Saison bei Schalke 04 unter Vertrag.
© Ronny Hartmann / AFP

Zukunft von Schalkes Torwart ist offen: Alexander Nübel lässt sich nicht drängen

Alexander Nübel gilt schon als Nachfolger von Manuel Neuer im Tor der Nationalmannschaft. Zunächst aber muss er sich entscheiden, ob er bei Schalke bleibt.

Am vergangenen Dienstag war Ralf Fährmann mal wieder zu Gast auf dem Trainingsplatz beim FC Schalke 04. Der 31-Jährige trainierte sehr intensiv, und schon gab es erste Gerüchte, Fährmann wolle schon wieder zurück nach Gelsenkirchen. Schließlich läuft es bei seinem aktuellen Klub Norwich City, wohin ihn die Schalker ausgeliehen haben, alles andere als gut: Dort, in der englischen Premier League, ist er nur die Nummer zwei. Auch in Gelsenkirchen dürfte Fährmann derzeit keine besseren Perspektiven haben. Schließlich hat sich der Grund, weshalb er auf die britische Insel gewechselt war, nicht verändert.

Alexander Nübel hat Fährmann zu Beginn der vergangenen Rückrunde als Nummer eins im Schalker Tor abgelöst. Der frühere Trainer Domenico Tedesco nahm diese Veränderung vor, weil Fährmann in einigen Partien zunehmend glücklos agierte – und landete damit einen Volltreffer. Nübel ist seitdem kaum noch aus dem Schalker Tor wegzudenken und ist mit seinen starken Leistungen dafür mitverantwortlich, dass sein Klub in der Vorsaison den Abstieg gerade noch verhinderte, derzeit einen ungeahnt erfolgreichen Saisonstart hingelegt hat und mit einem Sieg an diesem Sonntag bei der TSG Hoffenheim (18 Uhr/Sky) sogar Tabellenführer werden kann.

Die mögliche Rückkehr Fährmanns bleibt trotz dieses eindeutig vergebenen Platzes im Tor dennoch ein Thema bei den Schalkern, weil Nübels Vertrag am Saisonende ausläuft und der 23-Jährige noch nicht erklärt hat, wie es für ihn beruflich weitergehen wird. „Ich habe mir keine Frist gesetzt. Ich werde es entscheiden, wie es kommt“ sagt Nübel immer wieder geradezu stoisch. „Dazu habe ich alle Möglichkeiten im Moment und ich bin froh, dass ich keine Frist habe.“

Nachdem Schalkes früherer Manager Christian Heidel es verpasst hatte, den Vertrag mit Nübel vorzeitig zu verlängern, als dieser noch kein Stammspieler war, versuchte es der neue Sportvorstand Jochen Schneider zunächst mit einem Ultimatum für den Spieler. Einhergehend mit einem neuen Vertragsangebot bis 2023 inklusive einer deutlichen Gehaltserhöhung. Das Resultat: Nübel blieb trotz vieler konkreter Anfragen von Spitzenklubs aus dem In- und Ausland und wechselte nicht schon vor Ablauf seines Vertrages – er unterschrieb aber auch nicht.

Die Schalker verzichteten auf eine Ablösesumme – und räumten dem gebürtigen Paderborner, der im Jahr 2015 mit dem ehemaligen Trainer André Breitenreiter aus Ostwestfalen ins Ruhrgebiet gewechselt war, so viel Zeit ein, wie er benötigt. Schneider nahm damit den Druck raus. Nübel ist jemand, der sich nicht drängen lassen will und die Schalker Verantwortlichen wissen, dass sie es schwer haben würden, einen ähnlich guten Torhüter zu verpflichten – auch aufgrund der leeren Kassen.

Lob von Manuel Neuer

Nicht allein Nübels sportliches Niveau, auch seine Wesensmerkmale und natürlichen Führungsqualitäten sprechen für den Torhüter, weshalb die Schalker Verantwortlichen diesen im Profifußball ungewöhnlichen Spagat hinlegen. Trainer David Wagner machte Nübel daher auch vor der Saison etwas überraschend zum Kapitän. Wohl zum einen, um diesen menschlichen Wert für die Mannschaft zu nutzen. Zum anderen wohl auch, um Nübel Verantwortung zu übertragen und ihm einen Einblick zu geben – sowie die Sinne zu schärfen, welche gewichtige Rolle er künftig im Klub und langfristig als Identifikationsfigur einnehmen könnte.

„Alex weiß, was für Schalke spricht, sonst wäre er nicht in Gesprächen mit dem Verein. Er ist lang genug dabei, um zu wissen, was dieser Verein bedeutet, welche Ausstrahlung er hat, was für Gegebenheiten er hier hat, was für ein Standing und welche Anerkennung er hier genießt“, hatte Wagner bereits in den ersten Tagen seiner Tätigkeit als Trainer am Berger Feld gesagt. Vor ein paar Tagen erst war der 47-Jährige mit Nübel auf einen Kaffee zu einem gemeinsamen Austausch verabredet.

Das Talent, das Nübel mitbringt, vergleichen nicht wenige Experten mit dem, was einer seiner Vorgänger bei Schalke an den Tag gelegt hatte. Nicht zuletzt Manuel Neuer selbst kann sich den ruhigen Ostwestfalen sogar als seinen Nachfolger im Tor der Nationalmannschaft vorstellen. „Die Zeichen stehen sehr gut für ihn. Er ist Stammtorhüter auf Schalke geworden. Er hat eine gute U-21-Europameisterschaft gespielt. Und er bringt aktuell sehr gute Leistungen“, sagt der Münchner. „Natürlich braucht er Erfahrung. Aber die wird er sammeln, wenn er seine Spiel macht.“

Ab und zu schleichen sich noch Fehler ein

Nübels Reaktionen auf der Torlinie sind häufig atemberaubend, seine Strafraumbeherrschung souverän, sein Spiel mit dem Fuß technisch versiert. Aber es schleichen sich auch immer mal wieder ein paar Fehler ein, die er abstellen muss, will er bis in die oberste Riege der besten Torhüter vorrücken. Beim Endspiel der U-21-EM gegen Spanien (1:2) etwa ließ er einen eigentlich haltbaren Ball nach vorne abprallen und ermöglichte den Gegnern damit die Vorentscheidung zum 2:0. Allerdings hatte Nübel sein Team mit seinen spektakulären Paraden zuvor überhaupt erst das Finale erreichen lassen. Jüngst in der Bundesliga bei RB Leipzig flutschte Nübel der Ball von den Fäusten ins Tor. Aber auch davor hatte er überaus stark gehalten und weitere Treffer verhindert, so dass das Tor zum 1:3 keine ernsteren negativen Auswirkungen hatte.

Noch nimmt sich Nübel Zeit mit seiner Entscheidung, was nicht bei allen Anhängern der Schalker gut ankommt. Viele wünschen sich ein Bekenntnis zum Klub. Es wurden in den sozialen Medien schon mehrfach Stimmen laut, dass sie sich von dem großen Talent nicht vorführen lassen wollen und nicht noch einmal eine solche Enttäuschung erleben wollen, wie sie sie einst bei Neuer empfunden hatten. Der Torhüter bestreitet eine Hinhaltetaktik. „Ich lasse Schalke nicht zappeln“, sagt Nübel, der als bodenständig gilt, aber auch als jemand, der sehr genau weiß, was er will.

Jochen Schneider sagte kürzlich, dass sich Nübel auch erst im Mai entscheiden könne, wenn er denn in Gelsenkirchen bleiben würde. Dazu wird es allerdings nicht kommen. Ab Ende Februar bis Mitte Mai wird Nübel eine Entscheidung getroffen und verkündet haben, auch damit beide Seiten Planungssicherheit haben. Sollte es zu einem Wechsel kommen, wird Nübel mit größter Wahrscheinlichkeit weiterhin in der Bundesliga aktiv sein, ein Wechsel ins Ausland ist eher nicht angedacht.

Ralf Fährmann wird trotz aller Diskussionen um Nübel erst einmal in Gelsenkirchen bleiben. Er absolviert hier seine Reha-Maßnahme nach einer Leisten-Verletzung, die er sich bei seinem missglückten Debüt in Norwich (0:2) bei Crystal Palace zugezogen hatte.

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