Final Four in Ulm: Alba Berlin: Auf dem kürzesten Weg zum Titel
Alba will an diesem Wochenende den Pokal holen. Hier ein Überblick darüber, was alles für die Berliner spricht – und was gegen sie.
FÜR ALBA SPRICHT:
Der Trainer
Der Star ist die Mannschaft – eine sehr abgehalfterte Floskel im Sport. Bei Alba Berlin trifft sie ohnehin nicht zu. Der Star ist klar der Trainer: Aito Garcia Reneses, der jung gebliebene 71 Jahre alte Spanier, hat im europäischen Basketball Legendenstatus. Reneses gewann mit dem FC Barcelona unter anderem neunmal die Meisterschaft. Mehr noch als für seine vielen Titel wird Reneses für seine Fähigkeit geschätzt, Spieler zu entwickeln. Er formte NBA-Stars wie Kristaps Porzingis, Pau Gasol oder Ricky Rubio. Der Spanier ist fast 30 Jahre älter als seine Final-Four-Trainerkollegen Thorsten Leibenath (Ulm) und Raoul Korner (Bayreuth) und über 20 als Aleksandar Djordjevic vom FC Bayern. Letzterer spielte einst unter ihm in Barcelona. Es gibt in Europa vermutlich keinen Trainer, der es so gut versteht wie Reneses, die perfekte Balance zwischen Kontrolle und kreativem, freiem Spiel zu finden. Zudem schenkt Reneses auch in heiklen Situationen vermeintlichen Bankspielern Vertrauen. Denn seiner Meinung nach ist der Star – die Mannschaft.
Die Mannschaft
Sie funktioniert besser, als das die meisten Beobachter erwartet hatten. Anführer ist Luke Sikma. Der Power Forward dürfte der kompletteste Spieler der Liga sein, stark im Rebounding, Scoring und vor allem im Passspiel. Eine ähnliche Bedeutung wie dem US-Amerikaner kommt Aufbauspieler Peyton Siva und Center Dennis Clifford zu. Siva zeigte sich nach einer Verletzung zuletzt wieder in großartiger Form, Clifford überzeugte die ganze Saison über. „Diese drei sind wohl die wichtigsten Spieler bei Alba“, sagt Bundestrainer Henrik Rödl. „Es können aber auch andere einspringen.“ Rödl denkt an den lange verletzten Niels Giffey, aber auch an die treffsicheren Guards Spencer Butterfield oder Marius Grigonis. In Bestbesetzung kann Alba dem großen Favoriten Bayern München gefährlich werden.
Die Historie
„Wir haben den Pokal einfach liebgewonnen. Er hat für uns eine hohe Wertigkeit“, sagt Albas Manager Marco Baldi. Der Pokal war zuletzt ein kleines Trostpflaster dafür, dass es in der Liga gegen die Bayern und vor allem Bamberg nicht mehr reichte. Dreimal holten die Berliner in den letzten fünf Jahren diesen Titel. Aus dem aktuellen Kader haben Akeem Vargas und Giffey schon Pokalsiege mit Alba gefeiert. Baldi gefällt die Intensität beim Final Four und die Tatsache, dass der Wettbewerb der kürzeste Weg zu einem Titel ist. Auch glaubt er, dass die Mannschaft besonders motiviert ist: „Gerade für ein junges Team wie unseres sind Titel so wichtig. Titel sind etwas, was man greifen kann, wovon man Kindern erzählen kann. Junge Spieler brennen darauf.“
GEGEN ALBA SPRICHT:
Die Form
„Wir sind nicht optimal in Form“, sagt Baldi. Der Manager ist sicher ein Schlitzohr und will am liebsten als großer Außenseiter in das Pokalwochenende gehen. Auf der anderen Seite stimmt es, dass das Final Four für Alba nicht zum besten Zeitpunkt kommt. Es häuften sich in den vergangenen Wochen und Monaten die Ausfälle. Butterfield und Giffey mussten rund sechs Wochen pausieren und sind noch nicht in bester Verfassung. Auch Siva hatte und hat mit Schulterproblemen zu kämpfen. Obendrein plagt Clifford eine entzündete Sehne. Fraglich ist der Einsatz seines Centerkollegen Bogdan Radosavljevic, der ebenfalls Schulterprobleme hat. Unter diesen Umständen ist Alba tatsächlich großer Außenseiter.
Der Halbfinalgegner
Schon die Aufgabe im Halbfinale (Samstag, 19 Uhr) dürfte für Alba knifflig werden. „Bayreuth ist eine auf Kontrolle ausgelegte Mannschaft. Das Team hat einen sehr guten Stamm an Spielern“, sagt Bundestrainer Rödl. Angeführt von Aufbauspieler Gabe York besticht die Mannschaft in dieser Saison vor allem in der Defensive. „Sie spielen hart und konsequent. Das ist ein Top-Team“, sagt Baldi. Im November verlor Alba dort 76:83. Bayreuth zeichnet inzwischen eine große Kontinuität aus. Die Mannschaft tritt stabil auf und leistet sich vor allem gegen vermeintlich schwächere Mannschaften selten einen Ausrutscher. Außerdem hat das Team weniger Verletzungssorgen als Alba.
Die Bayern
Die Basketballabteilung des Fußball-Rekordmeisters war wohl noch nie so stark wie in dieser Saison. Die Münchner führen die nationale Tabelle mit nur einer Niederlage aus 21 Spielen an. Das Team verteidigt sehr hart, der Kader hat eine unglaubliche Tiefe. Zudem platzt die Mannschaft fast vor Selbstvertrauen. Und im zweiten Jahr scheint es einfacher zu sein für Trainer Djordjevic, er kennt inzwischen die Mechanismen. Der Vorteil könnte im Final Four zudem in der Erfahrung liegen. Spieler wie Reggie Redding oder Anton Gavel behalten in der entscheidenden Phase nicht nur die Nerven, sondern laufen gerade dann oft zur Höchstform auf.