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Bullen gegen Adler. Das Team aus Mannheim ist bei vielen der Favorit.
© promo

In der Deutschen Eishockey-Liga: Adler Mannheim und Red Bull München – die Klasse für sich

München und Mannheim dominieren das Eishockey in Deutschland. Weil sie auf Nachwuchsausbildung setzen, werden sie in Zukunft kaum zu schlagen sein.

Ein graues Metalltor trennt den Zufahrtsweg vom Rest der schönen Umgebung im Salzburger Land. Auf dem Tor steht: „The Academy of the Next Generation“. Daneben sind zwei Firmenlogos abgebildet. Eins mit Ball, das andere zeigt Schläger und Puck. Hinter dem Tor gibt es sieben Fußballplätze und zwei Eishallen sowie Gebäude zur Unterbringung der vielen jungen Männer, die hier für ihre Zukunft im Profisport schuften. Die meisten spielen Fußball, viele aber auch Eishockey. Der österreichische Getränkekonzern Red Bull bildet hier den Nachwuchs aus Deutschland, Österreich und halb Europa aus – auf einem abseits von Nordamerika im Eishockey zuvor nicht gekannten Niveau.

Wer in der Red Bull Academy spielt, hat gute Chancen, über die Klubs in München und Salzburg eine große Nummer im Eishockey zu werden. John Jason Peterka ist so einer. Mit 17 Jahren wurde der Stürmer aus München Topscorer in der tschechischen U-19-Junioren-Liga, wo das Nachwuchsteam aus der Akademie unter anderem mitspielt. Nun bekam Peterka einen Profivertrag bei Red Bull München in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL).

Sein Weg ist vorgezeichnet: Im kommenden Jahr wird sich wohl ein Team aus der besten Eishockey-Liga der Welt, der NHL, die Rechte an ihm sichern. Ähnlich sollte es bei Tim Stützle laufen, der junge Mannheimer wurde ebenfalls mit 17 Profi bei den Adler Mannheim. Am Freitag erzielte er das erste Saisontor für den Deutschen Meister. Stützle gilt wie Peterka als Kandidat für den sogenannten Erstrundendraft der NHL. Beide sind unter den besten 31 Nachwuchsspielern ihres Jahrgangs – weltweit

Gleich am ersten Wochenende in der DEL-Saison haben die beiden Jungprofis ihre ersten Tore geschossen: Schütz erzielte beim 4:1 der Mannheimer am Freitag in Nürnberg das 1:0, Peterka feuerte am Sonntag beim 3:2 der Münchner einen strammen Schuss in das Tor der Düsseldorfer EG. Zudem traf in diesem Spiel ein mit Justin Schütz ein anderer junger deutscher Profi von der Akademie in Salzburg.

Dass München und Mannheim solche Nachwuchsspieler in ihren Reihen haben, zeigt ihren strukturellen Vorteil gegenüber den anderen zwölf Klubs der DEL. Die Saison hat gerade erst begonnen, doch schon jetzt ist klar, dass Mannheim und München wie im Vorjahr den Titel unter sich ausmachen werden - auch wenn Mannheim eher mäßig die Saison kam und schon gegen Köln verloren hat. München dagegen gewann die ersten beiden Spiele.

Ein Ende dieser Dominanz ist nicht in Sicht. Und wie immer im Profisport spielt das Geld die entscheidende Rolle. Die Adler Mannheim werden von SAP-Mitgründer Dietmar Hopp unterstützt, München eben vom Salzburger Brausegiganten. In der Fußball-Bundesliga sind beide mit Hoffenheim (Hopp) und Leipzig (Red Bull) auch schon groß dabei, allerdings können sie dort noch nicht so dominieren wie in der DEL.

Hier schuftet die Zukunft. Das Tor zur Akademie in Salzburg.
Hier schuftet die Zukunft. Das Tor zur Akademie in Salzburg.
© promo

Die beiden Eishockeyvereine sind nicht nur in der Jugend spitze, sondern auch in Sachen Quantität und Qualität ihrer Profiteams. Mannheim hat zehn Verteidiger und 19 Stürmer im Kader – das reicht für mehr als sechs Sturmreihen. Das Aufgebot ist voll mit Nationalspielern, Ex-NHL-Profis, Weltklassespielern aus Finnland und Schweden und eben Jungs wie Stützle oder Markus Eisenschmid, die bald in der NHL spielen sollten. München (neun Verteidiger und 15 Stürmer im Kader, dazu die Option, aus der Akademie Verstärkung zu holen) ist ähnlich gut aufgestellt.

Eisbären bekommen bei Verletzungen Probleme

Andernorts haben sie diesen Luxus nicht, erst recht nicht die kleinen Klubs wie Bremerhaven oder Iserlohn. Aber auch in Berlin sieht es nicht viel besser aus: Wenn sich bei den Eisbären nur zwei, drei Leistungsträger im Angriff verletzen, bekommt das Team Probleme. Trainer Serge Aubin sagt: „Das Wichtigste ist, dass wir gesund bleiben. Das wird viele Probleme lösen.“ Mit den Kölner Haien und womöglich der Düsseldorfer EG sind die Eisbären eine der Mannschaften, die sich um den Platz hinter Mannheim und München streiten.

In Berlin haben sie mit Lukas Reichel immerhin einen außergewöhnlich talentierten jungen Spieler, dem eine ähnliche Zukunft wie Stützle oder Peterka vorausgesagt wird. Allerdings muss er sich im Gegensatz zu den beiden Supertalenten noch an das Niveau in der Liga herantasten, so wirkte es am ersten Wochenende in der DEL als Reichel seine ersten beiden Einsätze für die Eisbären hatte. Reichel ist in Rosenheim aufgewachsen und stieß im Vorjahr zum U-17-Team der Eisbären. Er ist aber eine Ausnahme, starke junge Spieler suchen ihre Perspektive vor allem in München respektive Salzburg oder Mannheim, weil dort die Infrastruktur besser ist. In Mannheim hat Eigner Hopp nicht nur eine Mehrzweckhalle hingestellt, sondern auch zwei Trainingshallen.

Traf gleich im ersten DEL-Spiel. Tim Stützle.
Traf gleich im ersten DEL-Spiel. Tim Stützle.
© Imago/osnapix

Im Olympiapark von München lässt Eigner Red Bull eine Großarena und vier Eisflächen bauen. Eissport soll Schulsport in München werden – davon sind sie in Berlin ganz weit entfernt: Eigner Philip Anschütz hat zwar eine moderne Arena am Ostbahnhof errichtet, aber nicht eine reine Eishalle in Berlin gebaut, die Eisbären trainieren samt Nachwuchs weiter im Sportforum Hohenschönhausen. Dabei sind mehr Eisflächen für die Zukunft des Berliner Eishockeys unerlässlich. Aber woher soll das Geld kommen?

Angesichts der wachsenden Dominanz von Red Bull und Hopp wächst bei der Konkurrenz der Frust. München wurde drei Mal in Folge Meister, Mannheim jetzt einmal danach. Nürnbergs Sponsor Thomas Sabo, dem eine große Modeschmuckkette gehört, wird sich nach der Saison als Mäzen zurückziehen – weil er trotz großer Investitionen in den Kader keinen Titel holte. Sabo sagte nun, dass sich nicht nur Nürnberg die Frage stellen müsse, ob man jemals Meister werden könne: „Ich sehe eine absolute Dominanz der Adler Mannheim und von Red Bull München.“ Und die Dominanz wird wachsen. Denn Mannheim plant auch den Bau einer Nachwuchs-Akademie, die Investitionen liegen im zweistelligen Millionenbereich.

Es lohnt sich: Vergangene Saison schaffte Moritz Seider mit 17 Jahren nicht nur den Sprung in die DEL, sondern auch ins Nationalteam bei der WM. Nun soll er für die Detroit Red Wings in der NHL auflaufen – er gilt schon jetzt als aktuell bester deutscher Verteidiger. Wer weiß: Womöglich wird er nach der NHL-Karriere nach Mannheim zurückkehren. So wie das schon Jochen Hecht und Marcel Goc gemacht haben – auch ein Plus für die Adler.

Die Entwicklung sei logisch, sagt Steffen Ziesche, der Cheftrainer der deutschen U-18-Nationalmannschaft, die immer mehr zu einem Best of Mannheim und München wird. Ziesche war lange bei den Eisbären beschäftigt, zuletzt als Co-Trainer beim DEL-Team. Die anderen Klubs hätten einfach nicht so viele Möglichkeiten und gute Trainer wie Mannheim oder München, sagt Ziesche. Der Nachwuchs beim Rest der Liga ist in handelsüblichen Vereinen organisiert, da packen Eltern mit an, da wird zugeschustert. In Salzburg zahlen Spieler zwar einen – niedrigen – Monatsbeitrag, bekommen allerdings sonst vom Material bis zu den Reisen alles bezahlt.

Steffen Ziesche sagt: „Von den Eisbären aus gesehen wächst der Abstand zu Mannheim und München stündlich.“ Wohl auch deshalb hat Ziesche seinen Sohn nach Salzburg in die Akademie geschickt, mit 14 Jahren.

Claus Vetter

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