Kolumne "Losgelaufen": Achten Sie auf Ihren Ruhepuls!
Unsere Kolumnistin über die Aussagekraft unseres Ruhepulses - und warum wir ihn dringend regelmäßig messen sollten.
Jeannette Hagen ist freie Autorin in Berlin, Sportlehrerin und Läuferin. Hier schreibt sie im Wechsel mit Radsporttrainer Michael Wiedersich.
Messen Sie regelmäßig Ihren Ruhepuls? Wenn nicht, dann rate ich Ihnen, das mal über zwei, drei Wochen regelmäßig zu tun. Gleich morgens, noch bevor Sie einen Fuß aus dem Bett setzen, suchen Sie den Puls an Ihrem Unterarm oder am Hals und schauen, wie oft Ihr Herz in einer Minute schlägt.
Der Normalwert liegt bei Menschen, die nicht regelmäßig laufen, bei 70 bis 80 Schlägen. Hat man Stress oder am Vorabend gefeiert, können es auch ein paar Schläge mehr sein. Laufen Sie dagegen regelmäßig, dann liegt Ihr Ruhepuls vermutlich darunter, meist um die 60 Schläge.
Bei Viel-Läufern ist er eher noch niedriger, weil sich bei ihnen mit der Zeit ein sogenanntes Sportlerherz ausbildet – der Herzmuskel verdickt sich und die Herzkammern vergrößern sich. So arbeitet das Herz effizienter. Aber ich will auf etwas anderes hinaus.
Läuferinnen und Läufer, die das Herbst- und Winterwetter nicht scheuen, sich weder von Kälte, noch von Schneematsch abhalten lassen, laufen Gefahr, sich leicht eine Erkältung einzufangen. Obwohl man ja eigentlich sagt, dass Sport das Immunsystem positiv beeinflusst, reicht es manchmal schon, wenn man verschwitzt ein paar Minuten zu lange draußen bleibt, abkühlt und dann friert.
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Ohnehin ist das Immunsystem bei denen, die das Laufen eher im Leistungssportbereich betreiben, anfälliger.
Nun ist es so, dass viele Läuferinnen und Läufer leichte Erkältungssymptome gern ignorieren und ihr Training trotzdem wie gewohnt fortsetzen. Da kann ich nur sagen: Machen Sie es nicht! Und wenn Sie jetzt denken, dass so ein bisschen Schnupfen doch kein Weltuntergang ist, antworte ich Ihnen: Ist er sicher nicht, kann er aber werden. Und gerade bei jenen, die meinen, dass sie durch ihren Trainingsumfang doch fit und geschützt sind.
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Ein Blick auf den Ruhepuls zeigt aber etwas anderes. Der sagt Ihnen nämlich schon bevor die Nase überhaupt tropft oder der Hals kratzt, dass in Ihrem Körper erhebliche Alarmstimmung herrscht. Das Immunsystem arbeitet auf Hochtouren, um die Keime unschädlich zu machen.
Das Herz schlägt mit einer deutlich höheren Frequenz (fünf bis zehn Schläge mehr) und das Ergebnis dieser Arbeit ist dann das, was wir als Erkältung bezeichnen – also schlicht, die verschiedenen Wege des Körpers, den Feind wieder loszuwerden. Das gilt übrigens auch für Covid-19.
Trainiert man angeschlagen, kann das schlimme Folgen haben
Trainiert man aber angeschlagen weiter – also fordert man Herz und Immunsystem zusätzlich heraus –, kann das schlimme Folgen haben. Im besten Fall verschleppt man die Krankheit und liegt statt ein paar Tagen zwei Wochen flach. Im schlimmsten Fall schädigt man sein Herz.
Und nein, das betrifft nicht nur Leistungssportler. Viele Läuferinnen und Läufer unterschätzen, dass sie mit ihrem Trainingspensum plus der Tatsache, dass sie noch arbeiten und Familie haben, ihr Herz und ihr Immunsystem ohnehin auf einem sehr hohen Niveau herausfordern. Dass Freizeitsportler, die eine Erkältung ignoriert und trotzdem trainiert haben, an einer Herzmuskelentzündung sterben, ist daher leider keine Seltenheit.
Im Durchschnitt der vergangenen Jahre sind acht Prozent der mit Sport verbundenen Herztodesfälle auf eine Herzmuskelentzündung zurückzuführen. Bei Sportlern, die jünger als 35 Jahre waren, sind es sogar 24 Prozent.
Darum: Achten Sie auf sich und Ihren Ruhepuls. Betrachten Sie ihn als Metronom für ein gesundes und stärkendes Training.
Jeannette Hagen
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