Vor dem Spiel gegen Fortuna Düsseldorf: 1. FC Union Berlin: Zweitligaklub mit Bundesliga-Priorität
Der 1. FC Union will gegen Düsseldorf seine Aufstiegsambitionen untermauern. Doch das Pokal-Spiel gegen den BVB war kräftezehrend.
Ungewollt begab sich Jens Keller Keller schon mal auf zukünftiges Terrain. „Also“, sagte der Trainer des 1. FC Union Berlin, ehe er tief einatmete, um dann fortzufahren: „Für uns ist die Bundesliga sehr wichtig.“ Das mag stimmen, nur meinte Keller mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht die höchste deutsche Spielklasse, sondern die Zweite Liga, der Union noch angehört und in deren Rahmen die Berliner am Sonnabend ein Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf bestreiten (13 Uhr). Kein ganz unwichtiges, Union ist Zweiter und gerade dabei, sportlich die Weichen für den ersten Bundesliga-Aufstieg der Vereinsgeschichte zu stellen. Gut möglich, dass Keller seinen Versprecher auch deshalb nicht bemerkte, weil seine Mannschaft dieser Tage bereits wie ein gefühlter Bundesligist auftritt.
Am Mittwoch drängte Union im DFB-Pokal Vizemeister Borussia Dortmund an den Rand einer Niederlage. Lediglich im Elfmeterschießen versagten den Berlinern die Nerven. Letztendlich war Union auf die knappste aller möglichen Weisen gescheitert. „Für uns war das ein durchweg positives Erlebnis. Ich bin überzeugt, dass die Mannschaft unheimlich viel Kraft daraus schöpft“, sagte Keller und meinte damit nicht die körperliche, sondern eher die mentale Stärke. Rein physisch waren Unions Fußballer in den zwei Tagen zwischen den Spielen erschöpft, lediglich leichtes Regenerationstraining stand auf dem Programm. Zu kräftezehrend waren die 120 Minuten in Dortmund gewesen. „Ich gehe trotzdem davon aus, dass wir eine fitte Truppe auf den Platz bringen“, sagt Keller.
Gegen Düsseldorf will Unions Trainer die Mannschaft zurückverändern, geschonte Stammkräfte wie Damir Kreilach, Stephan Fürstner oder Steven Skrzybski sollen wieder von Beginn an spielen. Auch Jakob Busk wird trotz der starken Leistung seines Vertreters Daniel Mesenhöler ins Tor zurückkehren. Keller macht damit unmissverständlich klar, dass die Liga für ihn absolute Priorität besitzt. Dortmund mag ein gefühltes Highlight gewesen sein – für Spieler und Fans. Intern setzte Keller aber klar Prioritäten, als er die Mannschaft so stark veränderte wie nie zuvor in seiner Amtszeit und Spielern zum Einsatz verhalf, die in dieser Saison meistens außen vor waren. Spieler wie Eroll Zejnullahu, Simon Hedlund oder eben Mesenhöler. Alles mit dem Ziel, Kräfte für den Ligabetrieb zu schonen.
„Wir brauchen Energie für Samstag, viel Energie"
Union befindet sich mittlerweile in einer Situation, in der jedes der verbleibenden 24 Aufeinandertreffen einem Endspiel gleicht. „Wir brauchen Energie für Samstag, viel Energie", sagt Keller. Im Spitzenfeld der Zweiten Liga geht es eng zu, zwischen dem Zweiten Union und dem Siebten Düsseldorf liegen nur vier Punkte. Am Ende könnte jeder Punkt über Aufstieg oder Ligaverbleib entscheiden.
Keller war aus diesem Grund in Dortmund ein hohes Risiko eingegangen. Eine deutliche Niederlage seiner besseren Reservemannschaft hätte in keinem Verhältnis gestanden zum Aufwand, den die rund 12 000 reisewütigen Berliner Fans mitten unter der Woche betrieben, um nach Dortmund zu gelangen. Zwar sagt Keller: „Ich weiß ja, welche Qualität unser Kader besitzt. Wir können problemlos auf den Positionen durchwechseln.“ Nur hat er davon im Ligabetrieb bisher wenig Gebrauch gemacht. Unions Trainer vertraut seit Saisonbeginn den gleichen elf, seine Stammmannschaft verändert er nur, wenn es nicht anders geht.
So wie jetzt gegen Düsseldorf, da Torjäger Collin Quaner aufgrund von Oberschenkelproblemen ausfällt. „Bei Collin ist das Risiko zu groß, dass er sich schwerer verletzt. Deshalb haben wir ihn für das Spiel auch nicht in den Kader genommen“, sagt Keller. Quaner musste in Dortmund genau wie Michael Parensen verletzt ausgewechselt werden. Parensen brach sich den Mittelfuß und wird am Montag operiert. Nur hätte Parensen gegen die Fortuna vermutlich ohnehin nicht gespielt, im Mittelfeld vertraut Keller als defensivem Mittelfeldspieler auf Stephan Fürstner, dazu auf Damir Kreilach und Felix Kroos. Ob es ihm denn schwergefallen sei, Kreilach gegen Dortmund draußen zu lassen und den Kroaten dadurch eines Karrierehöhepunktes zu berauben, wurde Keller gefragt. „Nein“, sagte Unions Trainer. „Damir weiß, wie wichtig das Spiel gegen Düsseldorf für uns ist. Keller hätte auch sagen können, Kreilach weiß, welches Ziel der 1. FC Union primär verfolgt. Das Wort Bundesliga musste er dafür nicht aussprechen.