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Wachstum. Auf dem früheren Karsernengelände Krampnitz soll ein neues Stadtviertel entstehen.
© Andreas Klaer

Neuer Stadtteil Krampnitz: Zweifel am Deal mit der Deutsche Wohnen

Mithilfe eines Großinvestors will Potsdam auf dem Kasernengelände Krampnitz einen neuen Stadtteil schaffen. Doch Kritiker meinen nun, die Stadt hätte beim Verkauf des Areals mehr Geld herausholen können.

Potsdam - Die Freude war groß, als Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) Ende März den Durchbruch für Krampnitz verkünden konnte. Mit der börsennotierten Wohnungsgesellschaft Deutsche Wohnen sei ein erfahrenes und leistungsstarkes Großunternehmen gefunden worden, das die Rechtsstreitigkeiten um das Areal mit einem Schlag beendet habe und nun bis zu 400 Millionen Euro auf dem Areal investieren wolle. Statt der geplanten 3800 Einwohner sollen in dem neuen Entwicklungsgebiet nun sogar bis zu 6500 Menschen leben – das soll auch den angespannten Wohnungsmarkt der schnell wachsenden Stadt entlasten.

Doch nun sickern Details des Geschäfts durch, erste Zweifel meldet die alternative Fraktion Die Andere an. In der Hauspostille der Wählergruppe ist gerade ein vierseitiger Text zum Thema erschienen. Überschrift: „Krampnitz – in die Knie gezwungen“. Tenor: Potsdam habe sich bei den Verhandlungen über den Tisch ziehen lassen und hätte mehr Geld für das Projekt verlangen sollen. Dies sei „ein weiterer Akt in einer Tragödie“, so der Vorwurf des Autoren Nicolas Bauer, der im renommierten Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) arbeitet und nebenbei für Die Andere im Aufsichtsrat des Entwicklungsträgers für Krampnitz sitzt, einer Tochter der kommunalen Bauholding Pro Potsdam. Bauers Fraktion hat bereits mehrere Anfragen zu dem Krampnitz-Geschäft im Stadtparlament gestellt, allerdings sind die Antwortfristen der Stadt inzwischen schon verstrichen.

Vorwurf: Millionensummen an dubiose frühere Käufer

Insbesondere kritisiert Bauer, dass die Stadt für Flächen, die an die Deutsche Wohnen verkauft wurden, lediglich einen sogenannten Ausgleichsbetrag von nur 46,6 Millionen Euro kassiert. Ausgleichsbeträge geben Kommunen in Entwicklungsgebieten die Möglichkeit, entwicklungs- und spekulationsbedingte Wertsteigerungen abzuschöpfen und diese für die nötige Infrastruktur zu verwenden, also für Straßen, Kitas oder Schulen. Der Vorwurf von Bauer: Die Stadt hätte einen höheren Ausgleichsbetrag für die Infrastruktur als jene 46,6 Millionen Euro fordern müssen. Stattdessen seien Millionensummen an die dubiosen früheren Käufer des Krampnitz-Areals geflossen.

Um diesen Vorwurf zu verstehen, muss man die Vorgeschichte kennen: Seit Jahren war Krampnitz eine Brache, verfielen die dortigen, teils denkmalgeschützten Bauten. Im Fokus stand dabei der Firmenverbund TG Potsdam, der die lukrativsten Teile des Areals vor rund zehn Jahren vom Land Brandenburg unter dubiosen Umständen erworben hatte. Später hatten Stadt und Land diverse Prozesse gegen die TG mit dem Ziel einer Rückabwicklung der Kaufverträge angestrengt. Ein Ende war nicht absehbar. Doch mit dem Einstieg der Deutsche Wohnen sind diese Auseinandersetzungen obsolet, die TG-Firmen wurden abgefunden. Welcher Preis dafür gezahlt wurde, darüber haben alle Seiten Stillschweigen vereinbart, Fragen werden nicht beantwortet. Bauer spekuliert in seinem Text über Gerüchte, wonach es 20 Millionen Euro gewesen sein sollen. Diese Summe, so Bauer, hätte der Entwicklungsträger auch für Krampnitz einsetzen können. Die Stadt hätte sich aber mit einem Verzicht auf eine Enteignung der Flächen in eine schlechte Verhandlungsposition manövriert.

Enteignungen und jahrelange Gerichtsverfahren

Solchen Vorwürfen widerspricht Bert Nicke, der Chef des kommunalen Entwicklungsträgers. Enteignungen seien eigentlich keine Option gewesen, sagte er den PNN. Die Gerichtsverfahren hätten sich über Jahre durch die Instanzen gezogen und Krampnitz wäre weiter verfallen. Auch die Ausgleichsbeträge seien angemessen. Nach PNN-Informationen stellte dies die Potsdamer Immobilien-Gutachterin Elke Hänicke-Hurlin nach den Verhandlungen mit der Deutschen Wohnen auch in einem eigens von der Pro Potsdam beauftragten Gutachten fest.

Nicke macht eine andere Rechnung als Bauer auf: In Krampnitz sollen 92 Millionen Euro in die Infrastruktur investiert werden, unter anderem für drei Kitas, zwei Schulen, eine Tramtrasse, Straßen. Zudem habe die Deutsche Wohnen nicht das gesamte Areal gekauft, sondern nur 41 Prozent der bebaubaren Flächen. „Daher ist es durchaus angemessen, wenn sich dieser Investor mit 55 Prozent an den Infrastrukturkosten beteiligt.“ Die Restsumme soll demnach von weiteren Bauherrn, die vom Entwicklungsträger noch ausgewählt werden müssen, aufgebracht werden. Die Zahlungen an die TG-Firmen seien vermutlich in den Renditeerwartungen der Deutschen Wohnen eingepreist, so Nicke – und eben nicht in den Ausgleichsbeträgen an die Stadt.

Maßstab Bornstedter Feld?

Auch einen anderen Vergleich lässt Nicke nicht gelten: den zum fast fertigen Entwicklungsgebiet Bornstedter Feld, wo bis zu 12 500 Menschen leben sollen, doppelt so viele wie in Krampnitz. Dort nahm der kommunale Entwicklungsträger aus Verkäufen und daran gekoppelten Ausgleichsbeträgen insgesamt fast 290 Millionen Euro ein – und investierte rund 200 Millionen Euro in die Infrastruktur. Dieses Entwicklungsgebiet sei aber insgesamt deutlich größer als Krampnitz und die Maßnahmen, etwa zwei Tramlinien oder der Volkspark, auch deutlich umfangreicher. Zudem sei die Wertsteigerung in dem Bereich für Investoren, vor allem durch die zentrumsnahe Lage, deutlich höher ausgefallen als dies für Krampnitz zu vermuten sei. Auch dadurch habe man im Bornstedter Feld höhere Ausgleichsbeiträge abschöpfen können, so Nicke.

Und noch etwas ist Nicke bei dem Geschäft mit der Deutschen Wohnen, die schon im kommenden Jahr Planreife für ihr Projekt erreichen will, wichtig zu erwähnen: „Unser Vorgehen war der einzige Weg, den Gordischen Knoten in Krampnitz zu durchschlagen.“ Und eine Einigung unter Druck hat eben ihren Preis.

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