zum Hauptinhalt
Die Zahl der Wohnungslosen in Potsdam steigt. 
© P. Zinken/dpa

Obdachlosigkeit in Potsdam: Zahl der Wohnungslosen steigt

Immer mehr Menschen finden in Potsdam nach einer Zwangsräumung wegen Mietschulden keine Wohnung. Die sozialen Einrichtungen der Stadt bereiten sich nun auf den Winter vor.

Potsdam - Die kalte Jahreszeit hat begonnen, dieser Tage wird Nachtfrost für Potsdam vorhergesagt: Stadtverwaltung und verschiedene soziale Einrichtungen wie die Suppenküche oder Potsdamer Tafel bereiten sich auf die Betreuung von obdachlosen und hilfsbedürftigen Menschen vor.

Wenn im Herbst die Temperaturen sinken, steigt die Zahl der Besucher der Suppenküche.
Wenn im Herbst die Temperaturen sinken, steigt die Zahl der Besucher der Suppenküche.
© A. Klaer

Fast 250 Plätze für Obdachlose in Potsdam

Wie viele Obdachlose genau in Potsdam unterwegs sind, dazu hat die Stadt keine Zahlen. Eine Erhebung sei auch deshalb schwierig, weil sich manche Menschen nur wenige Tage in Potsdam aufhielten, bevor sie weiterreisten, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow den PNN. Insgesamt gebe es in Potsdam 247 Plätze für Obdachlose und die würden auch genutzt. Neben dem von der Arbeiterwohlfahrt (Awo) betriebenen Obdachlosenwohnheim am Lerchensteig mit 95 Plätzen gibt es ein spezielles Angebot „Junge Wilde“ für jugendliche Obdachlose mit einer Kapazität von 24 Plätzen, ein Familienhaus mit 60 Plätzen, zahlreiche Notbetten sowie 22 sogenannte Gewährleistungswohnungen mit 53 Plätzen. Bei Letzterem handele es sich um Wohnungen, die die Stadt selbst anmietet, um wohnungslose Familien oder Einzelpersonen unterzubringen, um sie auf dem Weg zurück in eine eigene Wohnung zu unterstützen, erläuterte Brunzlow. Denn vor allem für Menschen, die Mietschulden hatten oder vor der Zwangsräumung standen, sei es problematisch, eine neue Wohnung zu finden.

Immer mehr Menschen ohne Wohnung

„Die Anzahl der Menschen, die keine Wohnung haben oder ihre Wohnungen verlassen müssen, ist in den vergangenen Jahren leider angestiegen“, so der Stadtsprecher. Das merken auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Seit nunmehr 20 Jahren gibt es dort eine zentrale Fachstelle für Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht oder betroffen sind. Die werde immer häufiger aufgesucht, so Brunzlow. Die Mitarbeiter könnten „in vielen Fällen“ eine Zwangsräumung verhindern oder eine neue Wohnung anbieten. „Je frühzeitiger sich die Betroffenen oder Angehörige an die Verwaltung wenden, umso effizienter kann geholfen werden“, sagte der Stadtsprecher. Trotz des größeren Bedarfs schwanke die Zahl der Zwangsräumungen auf relativ gleichem Niveau – von einer Zwangsräumung betroffen waren in den vergangenen vier Jahren zwischen 146 (2014) und 131 (2017) Potsdamer. In diesem Jahr liegt die Zahl bis Mitte November bei 124.

Mehr Bedürftige bei der Suppenküche

Auch bei der Suppenküche der Volkssolidarität auf dem Stadtverwaltungscampus macht sich die kältere Jahreszeit bereits bemerkbar. „Es wird jetzt immer voller“, sagte Suppenküchenchef Peter Müller den PNN. Der Name der Einrichtung ist eigentlich irreführend – Suppe gibt es dort nur samstags, an den anderen Tagen werden andere warme Mittagsmahlzeiten vorgehalten. Zudem gibt es Frühstück, Duschen und eine Kleiderkammer. Derzeit kämen rund 60 Menschen pro Tag in das soziale Zentrum, sagt Müller: „Montags und mittwochs, wenn die Kleiderkammer geöffnet hat, ist der Ansturm größer.“ 

Suppenküchen-Chef Peter Müller.
Suppenküchen-Chef Peter Müller.
© Andreas Klaer

Unter den Kunden befänden sich zunehmend auch obdachlose Menschen aus Osteuropa, die sich im Sommer anderweitig über Wasser halten und keine Sozialleistungen beziehen, berichtete Müller.

Obdachlose müssen Busfahrt selbst bezahlen

Der Suppenküchenchef wünscht sich zur Unterstützung der Obdachlosen ein Sozialticket für die Busfahrt zum Heim am Lerchensteig. Darüber sei man derzeit mit der Stadt im Gespräch – geklärt werden müsse, wer das bezahlen soll. Für die Betroffenen seien die 2,10 Euro pro Fahrt eine hohe Summe, sagte Müller.

Das Suppenküchen-Team von sechs Mitarbeitern werde von etwa ebenso vielen ehrenamtlichen Helfern unterstützt – weitere Freiwillige seien immer gern gesehen. Auch Spenden helfen, insbesondere Geldspenden, so Müller: Dafür könne er zum Beispiel kleine Geschenke für die am 21. Dezember geplante Weihnachtsfeier kaufen, aber auch Kaffee oder notwendige Kosmetikartikel wie Rasierzeug und Duschgel. Sachspenden, etwa Selbstgestricktes, gebe es bereits öfter.

Service: Adressen und Ansprechpartner

Menschen, die befürchten, ihre Wohnung zu verlieren, oder diese bereits verloren haben, können sich bei der Suche nach Unterstützung an den Bereich Wohnen in der Stadtverwaltung wenden – telefonisch unter (0331) 289 21 23 und -2162, per E-Mail unter Wohnen@rathaus.potsdam.de. Unter den Telefonnummern können sich auch Bürger melden, die Angehörige oder Bekannte in Notlagen haben. „Wir gehen jedem Hinweis nach“, sagt Stadtsprecher Jan Brunzlow. Wer einen Übernachtungsplatz sucht, kann sich zudem montags bis freitags jeweils bis 15 Uhr im Zimmer 326 oder 342a in der dritten Etage des Hauses 2 auf dem Stadtcampus, Friedrich-Ebert-Straße 79/81, melden. Außerhalb dieser Zeit stehen die Notbetten im Lerchensteig 55 für die Unterbringung zur Verfügung.

Ansprechpartner für Personen im öffentlichen Raum sind am Tage (zwischen 8 Uhr und 20 Uhr) die Streetworker der Creso. Sie sind telefonisch unter 0176  121 098 77 oder 0176 121 098 94 zu erreichen. Außerhalb dieser Zeiten sollte bei erkennbarer Hilfebedürftigkeit von Personen im öffentlichen Raum die Notrufnummer 112 kontaktiert werden.

Die Obdachlosenunterkunft der Arbeiterwohlfahrt am Lerchensteig ist unter Tel.: (0331) 52 06 92 zu erreichen.

In der Suppenküche, dem sozialen Zentrum der Volkssolidarität auf dem Stadtcampus, werden ab 9 Uhr Frühstück und ab 12 Uhr eine warme Mittagsmahlzeit für 2 Euro angeboten. Zudem können Duschen genutzt werden, in der Kleiderkammer gibt es Kleidung. Die Suppenküche hat bis 14 Uhr geöffnet, bei frostiger Witterung und Bedarf auch länger.

Bei der Potsdamer Tafel, Drewitzer Straße 22 a, erhalten registrierte Kunden Lebensmittel für einen Euro. Geöffnet ist montags und freitags von 16 bis 18 Uhr, dienstags von 14 bis 16 Uhr, mittwochs und donnerstags von 15 bis 17 Uhr. Berechtigungskarten werden mittwochs von 11 bis 13 Uhr ausgegeben.

Kleiderstuben bieten Exvoto, Max-Eyth-Allee 44 a, sowie die Awo-Schatztruhe am Schlaatz, Erlenhof 34. Die Spendensammelstelle in Drewitz schließt zum Jahresende.

Jana Haase

Zur Startseite