Wirtschaftsförderung in Brandenburg: Wirtschaftsprimus Potsdam mit Platzproblemen
Einsame Spitze: In keiner anderen Region des Landes betreute die Zukunftsagentur Brandenburg 2015 so viele Projekte wie rund um Potsdam.
Potsdam - Schlafsäcke mit integriertem Insektenschutz, virtuelle Rundgänge und Videos mit computergenerierten Texten – bei der Ansiedlung neuer Firmen und der Entwicklung innovativer Technologien ist die Region Potsdam erneut landesweit einsame Spitze. Das geht aus der aktuellen Bilanz der Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB) für das vergangene Jahr hervor, die am Freitag in Potsdam vorgestellt wurde.
Demnach betreuten Brandenburgs Wirtschaftsförderer im vergangenen Jahr insgesamt 351 Projekte, darunter neue Firmenansiedlungen und Erweiterungen bestehender Unternehmen sowie die Entwicklung neuer Produktionstechniken. Allein 126 Projekte stammen aus Potsdam (83) und dem Landkreis Potsdam-Mittelmark (43). „Potsdam hat ein enormes Wachstum in jeder Hinsicht. man muss nur aufpassen, dass dabei auch das Gewerbe seinen Platz bekommt“, sagte ZAB-Chef Steffen Kammradt am Freitag mit Blick auf die aktuelle Diskussion um die Bereitstellung von Gewerbeflächen in Potsdam.
Verwaltung unter Oberbürgermeister Jakobs stand in der Kritik
Wie berichtet konnten nach Angaben der Stadt im Jahr 2014 von 40 Hektar, die von Unternehmen in der Stadt angefragt wurden, gerade einmal 4,5 Hektar bereitgestellt werden. Wirtschaftsverbände und Unternehmer hatten der Stadtpolitik und der von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) geführten Verwaltung deshalb immer wieder vorgeworfen, Wachstumspotenziale zu verschenken, weil offenbar nicht ausreichend Gewerbeflächen entwickelt werden. Inzwischen jedoch wurde eine entsprechende Initiative gestartet. Ende Januar trafen sich Politik, Verwaltung und Unternehmer zu einem Workshop, auf dem Möglichkeiten für die Schaffung weiterer Flächen ausgelotet werden sollten. Sowohl Stadt als auch Vertreter der Wirtschaft bezeichneten die Veranstaltung im Nachhinein als Erfolg. Weitere Treffen sind geplant.
ZAB-Chef Kammradt lobt Vorhaben der Stadt und privater Investoren in Golm und Babelsberg
ZAB-Chef Kammradt lobte am Freitag die neue Gewerbeflächen-Offensive in Potsdam. „Solche Initiativen sind wichtig, damit wir auch künftig Wirtschaftswachstum in der Stadt haben werden.“ Ein Mangel an geeigneten potenziellen Standorten sei schließlich nicht nur bei möglichen Neuansiedlungen ein Problem, sondern auch bei Erweiterungsplänen bereits ansässiger Firmen.
Benötigt würden in Potsdam besonders kleinere Flächen zur Miete, was am Branchenmix der Stadt liege, der vor allem durch Firmen der IT- und Filmbranche bestimmt werde, so Kammradt. „Wer 200 Quadratmeter Bürofläche braucht, kann nicht selber bauen“, sagte der ZAB-Chef. Positiv bewertete Kammradt dabei die Vorhaben der Stadt und privater Investoren am Wissenschaftsstandort Golm und in der Medienstadt Babelsberg. „Das sind genau die richtigen Schritte“, so Kammradt.
Auch wenn Potsdam nach Ansicht des ZAB-Chefs „kein klassischer Industriestandort“ ist, scheint der Standort doch für innovatives produzierendes Gewerbe interessant. Ein Unternehmen, das die ZAB im vergangenen Jahr in der Gründungsphase begleitet hat, ist die Firma Permetex. Das 2015 neu firmierte Unternehmen aus Babelsberg stellt Bettlaken, Schlafsäcke, Kissenbezüge und Kleidersäcke mit integriertem Insektenschutz her. Der in verhältnismäßig geringen Mengen in den Textilien verarbeitete Wirkstoff Permethrin soll deren Nutzer sogar vor Krankheiten wie Dengue-Fieber oder Malaria schützen. Laut ZAB laufen bereits Gespräche mit dem Unternehmen über zwei geplante Delegationsreisen nach Südamerika, wo wie berichtet derzeit das durch die sogenannte Tigermücke verbreitete Zika-Virus grassiert.
Medizintechnik-Unternehmen will neuen Standort im Juni in Betrieb nehmen
Weitere Beispiele für jüngste Ansiedlungserfolge in der Region sind das Babelsberger IT-Unternehmen 45info GmbH sowie das neue DHL-Logistikzentrum in Dreilinden. 45info erstellt virtuelle Rundgänge durch Immobilien und sogenannte gesprochene Videos. Dabei sucht sich die eigens entwickelte Software alle für ein Produkt relevanten Daten aus dem Internet und kreiert daraus einen Text, der von einer automatisierten Stimme auf das Video gesprochen wird.
Im Juni will zudem das Potsdamer Medizintechnik-Unternehmen Christoph Miethke GmbH seine neue Produktionsstätte in einer ehemaligen Reithalle in der denkmalgeschützten sogenannten Roten Kaserne nahe dem Campus Jungfernsee in Betrieb nehmen. Das Unternehmen stellt implantierbare Hirnwasser-Drainagesysteme für Hydrocephalus-Patienten, also Menschen mit einem Wasserkopf, her. Wie berichtet feierte Miethke am neuen Standort bereits im August Richtfest. „Insgesamt investieren wir 7,85 Millionen Euro. Der Kaufpreis für das Grundstück lag bei rund 1,7 Millionen Euro“, sagte Gründer und Geschäftsführer Christoph Miethke am Freitag.
Probleme, in Potsdam ein geeignetes Grundstück für seine Erweiterung zu finden, hatte Miethke nach eigenen Angaben indes nicht. „Ich hatte eher das Gefühl, dass alle froh waren, dass ich das mache.“
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