Klimawandel in Potsdam: Wie sich die Stadt gegen die Hitze wappnet
Extreme Hitze in Potsdam wird immer häufiger, Ende des Jahrhunderts soll es hier so warm werden wie in Südfrankreich. Nun haben Experten analysiert, wie die Stadt darauf reagieren muss.
Potsdam - Sonnensegel über den Straßen im Holländischen Viertel, mehr öffentliche Stadtbrunnen mit Trinkwasser, eine spezielle Hitze-Schulung für das Pflegepersonal in Seniorenheimen oder angepasste Müllabfuhrtermine: Das alles sind Vorschläge dazu, wie sich die Landeshauptstadt langfristig auf extreme Hitze, wie sie auch momentan wieder in Potsdam herrscht, einstellen könnte. Erarbeitet wurden sie für den ersten Potsdamer Klimaanpassungsbericht. Das knapp 300-seitige Papier, das den etwas umständlichen Namen „Klimaschutzteilkonzept: Anpassung an den Klimawandel in der Landeshauptstadt Potsdam“ trägt, wurde im Auftrag der Stadt von einem zehnköpfigen Wissenschaftlerteam, dem unter anderem Experten des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) angehörten, vorgelegt.
In dem Bericht analysieren die Forscher, welche Veränderungen Potsdam konkret erwarten, in welchen Bereichen das Schwierigkeiten bereiten könnte und wie Stadtverwaltung, kommunale Unternehmen, aber auch Privatwirtschaft darauf reagieren können. Es geht also nicht primär um Klimaschutz, sondern um Maßnahmen, mit denen die Lebensqualität in Potsdam trotz des Klimawandels gehalten werden kann.
In Potsdam wird es bald häufiger extrem warm
Ende des Jahrhunderts wird das Klima in Potsdam laut der Studie vergleichbar sein mit dem, das heute im südfranzösischen Toulouse herrscht . Für ihre Prognosen haben die Wissenschaftler die gängigen Klimamodelle erstmals auf Potsdamer Gegebenheiten angewandt und die jeweiligen Vorhersagen für die nahe Zukunft – die Jahre 2031 bis 2060 – und die ferne Zukunft – 2071 bis 2100 – zusammengestellt. Eine Folge des Klimawandels: Extreme Hitze mit Temperaturen von 30 Grad und mehr wird es künftig deutlich häufiger geben.
Das wird sowohl bei der Stadtplanung als auch beim Wohnungsbau künftig eine größere Rolle spielen müssen, heißt es in der Studie. So werden mehr Grünflächen gebraucht, damit „Wärmeinseln“ mit Überhitzung möglichst gar nicht erst entstehen. Grünflächen führten zu einer Abnahme der lokalen Temperatur, eine Versiegelung und dichte Bebauung dagegen zu lokal höheren Temperaturen. Bereits jetzt gebe es in der Innenstadt und in Babelsberg Gebiete, die mit dichter Bebaung und fehlendem Grün eine höhere klimatische Belastung aufwiesen. Umso wichtiger sei die nachhaltige Sicherung und Aufwertung innerstädtischer Grün- und Freiflächen.
Trinkbrunnen am Hauptbahnhof und in der Karl-Liebknecht-Straße
In dicht bebauten Stadtgebieten könnten Trinkbrunnen für körperliche Entlastung bei Einwohnern und Touristen sorgen, raten die Autoren. Bisher gibt es in Potsdam zwei vom städtischen Energieversorger EWP betriebene Trinkbrunnen am Hauptbahnhof und in der Karl-Liebknecht-Straße. Die Einrichtung weiterer solcher Brunnen müsse geprüft werden. Als positiven Nebeneffekt verweisen die Autoren auf ein gesünderes Trinkverhalten und die Reduzierung von Müll durch Einsparung von Plastikflaschen. Als Anregung nennen sie auch die südspanische Stadt Sevilla, wo Fußgänger in der historischen Altstadt mit großen Sonnensegeln vor der direkten Sonneneinstrahlung geschützt sind – eine Lösung, die sich auch für das Holländische Viertel mit den vergleichsweise schmalen Straßen anböte, wie die Autoren schreiben.
Als Beispiel für gelungene klimaangepasste Stadtentwicklung in Potsdam sehen die Wissenschaftler die Gartenstadt Drewitz. In dem Plattenbauviertel, das momentan zum klimaneutralen Stadtteil umgebaut wird, ist unter anderem ein großer Park auf der ehemaligen Konrad-Wolf-Allee entstanden – dadurch gibt es mehr grün, auch Brunnen tragen zu einem besseren Klima bei. An den Wohnblöcken wurden bei der Sanierung Markisen eingebaut, so dass sich die Bewohner individuell vor Sonne und Hitze schützen können. Auch begrünte Fassaden dienen dort als Hitzeschutz und Feuchtigkeitsspeicher, Bäume auf Spielplätzen und an Bänken sorgen für Schatten.
Herausforderungen für ältere und jüngere Potsdamer
Zur Herausforderung wird die neue Hitze auch im Gesundheitssektor. Vor allem ältere Potsdamer, Menschen mit Vorerkrankungen und Kinder leiden unter Hitze. Die Folge können Herz-Kreislauf-Probleme oder Austrocknung sein, auch Medikamente können unter Hitze anders wirken als sonst. Ein teilweise bereits praktiziertes Gegenmittel seien etwa Trinkpläne für Seniorenheime. Die Wissenschaftler schlagen zudem eine spezielle Schulung für Pflegekräfte vor.
Wer profitiert vom Klimawandel?
Die gute Nachricht der Studie: Die Tourismusbranche, aber auch der Kulturbereich werden vom Klimawandel vorwiegend profitieren. So sagen die Experten etwa Open-Air-Veranstaltungen steigende Zuschauerzahlen voraus. Wie mit Hitzetagen umgegangen werden kann, war beim diesjährigen Stadtwerkefestival zu erleben. Dort hatte der Veranstalter unter anderem Wasserduschen und Bassins zur Abkühlung aufgestellt und kostenloses Trinkwasser ausgeschenkt. Auch Freiluft-Gastronomie werde künftig mehr gefragt sein, Gastronomen könnten mit einer veränderten Karte – leichte Gerichte, kühle Getränke – auf Hitze reagieren. Wegen der vielen Parks und Seen werde Potsdam auch in heißen Sommern ein beliebtes Ziel für Städtetouristen bleiben.
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Jana Haase
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