Kriminalität: Wie gefährlich ist der Potsdamer Hauptbahnhof?
Die Polizei stellt klar: Bezogen auf Körperverletzungen ist der Hauptbahnhof in Potsdam ein Kriminalitätsschwerpunkt. Bald soll sich eine Sicherheitskonferenz mit dem Thema befassen.
Potsdam - Wenn es in den vergangenen Wochen in Potsdam um das Thema Sicherheit ging, dann spielte meist der Potsdamer Hauptbahnhof eine Rolle. Denn in den vergangenen Monaten hatte die Polizei dort immer wieder schwere Straftaten vermelden müssen. Ist der Hauptbahnhof also ein neuer Kriminalitätsschwerpunkt, ein gefährlicher Ort der Stadt?
Auf PNN-Anfrage hat die Polizei jetzt ausführlich dazu Auskunft gegeben – und kann keine Entwarnung geben. Der Hauptbahnhof und dessen Vorplätze seien „als Kriminalitätsschwerpunkt in Bezug auf Fahrraddiebstähle und durch die kontinuierliche Zunahme von Körperverletzungsdelikten als Kriminalitäts- und Streifenschwerpunkt zu betrachten“, heißt es in der schriftlichen Antwort der Behörde. Die Freundschaftsinsel und Lange Brücke seien dagegen nicht auffällig.
Im Winter ist der Hauptbahnhof ein Anlaufpunkt für Jugendliche
Genaue Zahlen zu den Straftaten und Vorkommnissen am Bahnhof kann die Polizei allerdings nicht nennen. Diese würden in der Statistik nicht erfasst; die kleinste räumliche Einheit seien die Stadtteile. Der Hauptbahnhof zählt in der Polizeistatistik zur Südlichen Innenstadt. Hier zeigt sich: Seit 2016 hat die Gewalt-Kriminalität – einfache Körperverletzungen eingerechnet – nicht merklich zugenommen. Damals waren es 142 Taten, im Jahr 2017 dann 156 und im vergangenen Jahr 153. Deutlich gestiegen ist allerdings der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen, binnen drei Jahren hat sich dieser von 23 auf 41 Prozent fast verdoppelt. Im Klartext: Fast jeder zweite Tatverdächtige hat keinen deutschen Pass.
Die Polizei sieht dabei einen Zusammenhang zu Jugendgruppen, die sich speziell im Winter am Hauptbahnhof aufhalten. Aus Sicherheitskreisen hieß es, dass die Jugendlichen oftmals nicht aus Potsdam, sondern dem Umland und Berlin stammten. „Für die ist der Hauptbahnhof ein Verkehrsknotenpunkt, die wollen dann nicht noch fünf Kilometer woanders hinlaufen“, sagte ein Sicherheitsbeamter. Nach PNN-Informationen sollen insgesamt mehr als die Hälfte der Taten in Zusammenhang mit Drogen oder Alkohol stehen – Letzteres begünstigten auch die Einkaufsmöglichkeiten in den Bahnhofspassagen. Ob bei den Taten am und rund um den Hauptbahnhof vermehrt Waffen eine Rolle spielen, konnte die Polizei nicht sagen.
Intensive Debatte auf Facebook
Im Netzwerk Facebook ist am Mittwoch erneut eine Debatte zur Situation am Hauptbahnhof entbrannt. In der „Potsdam“-Gruppe wurden zu dem Thema binnen eines Tages mehr als 200 Kommentare gepostet. Auffällig ist: Dort schildern vor allem junge Frauen Vorfälle. Eine schreibt etwa: „Ich kann das vollkommen verstehen. Gerade als Frau möchte man am Abend nicht gerne durch den Bahnhof laufen.“ Eine andere Frau schildert: „Letztens haben sie Kronkorkenweitwurf gemacht und sich gefreut, wenn einer getroffen wurde.“ Eine weitere junge Frau schildert: „Jemand wollte letztens dort von mir Zigaretten und ich hatte keine mehr bei mir. Er lief mir dann durch den ganzen Hauptbahnhof hinterher und sprach Morddrohungen aus und fuhr mit seiner Hand an seinem Hals entlang.“ Eine andere schreibt: „Ich wurde mal morgens angesprochen und gefragt von Kerlen, wie viel eine Nacht kostet. Als ich fragte, ob er spinne, warf er mich mit seinem Kaffee ab.“
Ein Mann gibt dort sogar zu, selbst Gewalt angewandt zu haben: „Ich hatte auch das Vergnügen, als ich am Abend in der Sparkasse war. Er wollte 50 Euro von mir, wenn nicht ,ich dir schlagen’. Habe ihm eine verpasst, dann ist er umgekippt! Zum Glück war es nur einer! Würde auch jeder Zeit wieder zuschlagen!“ Ein anderer Nutzer schreibt dazu: „Gewalttäter verstehen nur eine Sprache: Gegengewalt.“ Verifizieren lassen sich all diese Fälle auf Anhieb nicht. Einige Nutzer schildern, dass sie als regelmäßige Passanten im Bahnhof keine Vorkommnisse mitbekommen hätten und kritisieren die teilweise rassistischen Kommentare.
Sicherheitskonferenz beschäftigt sich mit der Situation
Am Donnerstag kommender Woche soll es zur Lage am Hauptbahnhof eine gemeinsame „Sicherheitskonferenz“ von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), Polizei und Center-Management geben. In der Stadtverordnetenversammlung im Mai und zuvor im Hauptausschuss werde die Verwaltung über den Arbeitsstand berichten, sagte ein Rathaussprecher. Ohnehin finde ein regelmäßiger Austausch auch mit den vor Ort eingesetzten Streetworkern statt.
Center-Managerin Jana Strohbach sagte den PNN: „Ich kann mit ruhigem Gewissen sagen: Wir haben hier einen hohen Sicherheitsstandard.“ Dass am Bahnhof immer mal etwas passiere, liege „ein Stück weit in der Natur des Standortes“. Eine Reaktion darauf: Das Center spreche „aus operativen Gründen“ konsequenter mehr Hausverbote aus. „Im Jahr 2017 waren es 1600, im vergangenen Jahr dann 2600.“ Auch würden Hausverbote von längerer Dauer verhängt. Wie viele genau, konnte sie nicht sagen. Außerdem sei inzwischen in den Nachstunden der Internetzugang über W-Lan abgeschaltet, um den Bahnhof weniger attraktiv für Gruppen von Jugendlichen zu machen.
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