Neue Schau im Museum Barberini Potsdam: Westheider: „Die Kronjuwelen der amerikanischen Moderne“
Ortrud Westheider, die Direktorin des Potsdamer Museums Barberini, spricht im PNN-Interview über die neue Ausstellung, internationale Kooperationen und was die Besucher noch erwartet.
Frau Westheider, ab Samstag zeigt das Museum Barberini amerikanische Kunst. Erwarten Sie einen ähnlichen Besucheransturm wie bei den Impressionisten?
Da die amerikanische Moderne in Europa nur selten zu sehen ist und die Phillips Collection mit dieser großen Ausstellung die Kronjuwelen der amerikanischen Moderne auf die Reise geschickt hat, denke ich, das sollte sehr attraktiv sein. Wir haben jetzt schon für das Wochenende 1000 Online-Tickets verkauft. Das ist ein guter Start!
„Von Hopper bis Rothko. Amerikas Weg in die Moderne“ heißt die Ausstellung mit insgesamt 68 Werken – nur drei sind von den titelgebenden Künstlern. Was gibt es neben diesen zwei bekannten Namen zu entdecken?
Wir zeigen den Weg vom amerikanischen Impressionismus zur Farbfeldmalerei, die Entwicklung von den 1890er-Jahren bis in die 1960er-Jahre. Malerei, die wir vergleichen können mit unseren Klassikern der Moderne.
Das war auch die erste Ausstellung, die im Barberini zu sehen war...
Wir haben uns die Frage gestellt, was sind denn die Klassiker der Moderne in Amerika? Und warum kennen wir nur Hopper oder Georgia O’Keeffe? Wir fanden heraus, dass sie in Washington, D.C. zu Hause sind. Viele der Künstler, die wir ausstellen, haben mit dazu beigetragen, dass New York zum großen Kunstzentrum geworden ist. Gesammelt wurden sie aber erstmals in Washington von Duncan Phillips, der 1921 das erste Museum für moderne Kunst in Amerika gegründet hat.
Welche Rolle spielte er?
Er hat die Künstler entdeckt, er hat den amerikanischen Kanon für die Kunstgeschichte in Amerika zu einem sehr frühen Zeitpunkt mit geformt. Damals gab es noch gar keine Kunstbücher darüber, noch kein Museum of Modern Art. Das Metropolitan Museum in New York interessierte sich damals noch nicht für amerikanische Kunst. Phillips war mit den Künstlern in Verbindung, hat sie gefördert und gesammelt und die Malerinnen und Maler, die heute zu den Größen der amerikanischen Kunst zählen, sind mit Werken in dieser Sammlung vorhanden. Wir konnten die Phillips Collection gewinnen, diese Masterworks nach Potsdam auszuleihen. Das Museum wird 2021 100 Jahre alt und ist momentan mit einem internationalen Programm auch in anderen großen europäischen Städten, aber auch in Japan, unterwegs, mit seiner europäischen Sammlung. Wir haben für uns die Amerikaner ausgewählt und uns bestimmte Highlights erbeten. Entdecken kann man im Barberini jetzt Künstler wie Arthur Dove, Helen Frankenthaler oder Richard Diebenkorn. Das sind alles Künstlerinnen und Künstler, die in Amerika für die Entwicklung zentral sind, die in jedem Schulbuch stehen, aber die man in Europa nicht so häufig sieht.
Woran liegt das?
Die amerikanische Kunst der klassischen Moderne ist in den europäischen Sammlungen nicht gesammelt worden. Deshalb gibt es keine Anknüpfungspunkte für Museumsausstellungen. Das bedingt sich. Und dadurch, dass die jüngere amerikanische Kunst seit den 1960er-Jahren mit der Pop-Art mit Warhol, Claes Oldenburg in Europa so bekannt wurde, ja hier zum Teil sogar früher als in Amerika selbst, hat es dann diesen großen Run auf die amerikanische Kunst gegeben. Aber die Klassiker der Moderne hat man kaum nicht gesehen.
Wie haben Sie es geschafft, eine renommierte Sammlung wie die Phillips Collection für die Zusammenarbeit mit dem gerade erst gestarteten Barberini zu überzeugen?
Das Museum in Washington ist ein großzügiger Leihgeber, auch weltweit für internationale Projekte. Wir waren schon einmal 2008 in Kontakt für eine Ausstellungstrilogie, die ich noch am Bucerius Forum in Hamburg gezeigt habe – von der amerikanischen Landschaftskunst über die Porträts des „Gilded Age“ bis zu Hopper und seiner Zeit. Da war die Phillips Collection Leihgeber. Damals habe ich Dorothy Kosinski, die Direktorin der Phillips Collection, kennengelernt und Joe Holbach, der für das internationale Programm zuständig ist. Als ich 2016 in Potsdam Direktorin wurde, haben wir diesen Faden wieder aufgenommen.
Sie haben die Phillips Collection mit ihrer Museumsarbeit auch schon ein Vorbild für das Barberini genannt. Wie meinen Sie das?
Die Phillips Collection als privates Museum und ihr Gründer hatten von Anfang an die Philosophie, auf das Publikum zuzugehen. Das war Duncan Phillips genauso wichtig, wie es Hasso Plattner wichtig ist. Auch Plattner hat das Museum Barberini gegründet, um die Kunst den Menschen näherzubringen. Und da kann man in der Phillips Collection neue Formate sehen, die sehr gut angenommen werden, auch von einem jungen Publikum, zum Beispiel „Phillips after Five“. Das ist ein überraschendes Format, da passiert immer etwas in den Ausstellungsräumen. Wir haben es für unser „Barberini after Five“ adaptiert. Wir werden zum Beispiel am 6. Juli ein Pub-Quiz zur Ausstellung machen und dazu die Cocktails der „Bar Fritz'n“ anbieten.
Das Barberini ist mit 320 000 Besuchern in vier Monaten als großer Publikumserfolg gestartet. Welche Rückmeldungen haben Sie aus der internationalen Fachwelt bekommen?
Da wir sehr weit vorausschauend unsere Leihbriefe schicken, merken wir jetzt, dass wir schon eine sehr sehr gute Resonanz haben. Es gibt einfach viel Hilfe und Unterstützung für die kommenden Projekte. Es hat sich also schon sehr gut herumgesprochen, vor allen Dingen – und das ist für uns eine Grundlage für unsere Leihwünsche –, dass die Klimawerte und alle baulichen Voraussetzungen hier optimal sind, dass man guten Gewissens Werke nach Potsdam ausleihen kann.
Wie sieht die weitere Ausstellungsplanung aus? Was kommt nach den Künstlern in der DDR im Herbst und Max Beckmann 2018?
Wir sind dabei, die drei folgenden Ausstellungen zu verhandeln und werden in Kürze mehr sagen können.
Welches Erlebnis aus den Eröffnungsmonaten hat Sie persönlich besonders berührt?
Für mich ist immer ein Höhepunkt, wenn ich Menschen mit der Barberini Friends Card kommen sehe, die sich nur ein einzelnes Bild angucken wollen. Das finde ich fabelhaft, weil damit unser Wunsch in Erfüllung geht, dass Menschen das Kunsterlebnis in ihren Alltag einbinden. Das finde ich ganz besonders toll.
Das Gespräch führte Jana Haase
ZUR PERSON: Ortrud Westheider, Jahrgang 1964, ist seit vergangenem Jahr die Direktorin des Museums Barberini. Vorher leitete die Kunsthistorikerin das Bucerius Kunst Forum in Hamburg.
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