Defizitäre Tropenhalle in Potsdam: Welche Biosphären-Variante fehlt noch?
Abreißen oder erhalten: Beim Thema Biosphäre dreht sich die Diskussion im Kreis. Die Entscheidung zur Zukunft wird wieder einmal vertagt.
Potsdam - Im Ringen um eine wirtschaftlich zumindest halbwegs tragfähige Lösung für die Zukunft der Biosphäre tritt die Stadtpolitik auf der Stelle. Eine Entscheidung über den Vorschlag der Stadtspitze, das defizitäre Haus als Tropenhalle zu erhalten, per Ausschreibung einen neuen Betreiber zu suchen und diesen dann mit jährlich 1,9 Millionen Euro zu bezuschussen, wurde am Dienstagabend vom Bauausschuss ein weiteres Mal vertagt.
Soll die Tropenhalle erhalten oder abgerissen werden?
Uneins sind die Stadtverordneten dabei vor allem bei der Frage, ob man das Gebäude als Tropenhalle erhalten oder es ganz oder teilweise abreißen und damit Platz für im schnell wachsenden Bornstedter Feld dringend benötigte Freizeit- und Sporteinrichtungen, etwa Jugendklubs oder Senioren- und Stadtteiltreffs, schaffen soll. So wollen SPD und CDU/ANW wie berichtet die von der Stadt geplante Ausschreibung um andere Nutzungen erweitert wissen. Dabei soll auch nach Betreibern gesucht werden, die andere Angebote in dem Gebäude etablieren wollen, etwa ein Kiezbad mit Sauna und Fitnessangeboten, einen Jugendklub, einen Seniorentreff oder ein Stadtteilzentrum, das mehrere Nutzungen bündelt. Dafür müsste das zur Buga 2001 mit Fördermitteln errichtete Gebäude entkernt oder zumindest teilweise abgerissen und mit Neubauten kombiniert werden.
„Wir wollen noch einmal alle Varianten auf dem Tisch haben, bevor wir entscheiden“, sagte CDU-Ausschussmitglied Lars Eichert. Grüne und wohl auch das Bürgerbündnis wollen die Biosphäre in jedem Fall schleifen und „das sehr wertvolle Grundstück für die benötigten anderen Nutzungen im Stadtteil sichern“, wie es Johannes von der Osten-Sacken (Bürgerbündnis/FDP) ausdrückte.
Rubelt: Biosphäre nicht mit Mangel an sozialen Einrichtungen verknüpfen
Die Begeisterung der Stadtverwaltung über die möglichen abermaligen Prüfaufträge hielt sich – vorsichtig ausgedrückt – in Grenzen. SPD und CDU wollten Varianten untersucht bekommen, die alle schon längst geprüft seien, sagte Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos). „Fehlt noch eine Variante? Ich glaube nicht“, sagte er. Es gebe keine Nutzungsmöglichkeit, die wirtschaftlicher sei als eine Tropenhalle, sekundierte Siegfried Weise von der Geschäftsstelle Stadtentwicklung. Weise warnte zudem davor, die Ausschreibung wie von SPD und CDU gefordert auszuweiten. Dann nämlich müsse die Ausschreibung verschoben werden. Rubelt warb dafür, die Thematik Biosphäre nicht mit dem Mangel an sozialen Einrichtungen im Stadtteil Bornstedter Feld zu verquicken. Einzelne Bereiche, etwa die Orangerie, könnten noch einmal ergänzend auf ihre Nutzungsmöglichkeiten hin geprüft werden, sagte Rubelt. Das Gebäude allerdings in Gänze so umzubauen, dass eine Vielzahl von Einrichtungen dort untergebracht werden könne, sei mit derart hohen Kosten verbunden, dass es ökonomisch nicht vertretbar sei. Eine erhebliche Summe kostet es die Stadt ohnehin schon: 6,5 Millionen Euro müssen wie berichtet für die Sanierung von Dach und Fassade des Gebäudes ausgegeben werden, allerdings hofft man im Rathaus auf Fördermittel vom Land.
Für einen Weiterbetrieb der Biosphäre als solche sprach sich Petra von Bülow im Namen der Interessenvertretung Bornstedter Feld aus. Die Halle sei ein Touristenmagnet, ein „prägendes Element“ im Stadtteil. Die bisherige Debatte empfinde sie als „zu stark aufs Finanzielle fokussiert“. Eine Stadt wie Potsdam „sollte sich so ein Angebot leisten“, sagte von Bülow. Zugleich forderte sie die Stadt auf, ihrer Pflicht nachzukommen und im Bornstedter Feld soziale Einrichtungen zu schaffen. So müsse „umgehend“ mit dem Bau eines Stadtteilzentrums begonnen werden, ebenso mit dem eines Jugendklubs. Als Standort für letzteren nannte sie die Fläche in der Georg-Hermann-Allee westlich der Esplanade, die von der Stadt bereits für einen Jugendklub vorgemerkt ist.
Biosphäre unter Top 5 der Potsdamer Sehenswürdigkeiten
Das bemerkenswerteste Plädoyer für den Erhalt der Biosphäre hielt deren Chef Eckhard Schaaf. Seit der Übernahme der Tropenhalle durch die Pro Potsdam hätten sich die Besucherzahlen erholt und bei jährlich etwa 150 000 eingependelt. Damit rangiere das Haus seit Jahren unter den Top 5 der größten Touristenmagneten der Stadt. Zudem habe die Einrichtung Bedeutung weit über Potsdam hinaus. Ein Drittel der Besucher kämen aus aller Welt, ein Drittel aus Berlin sowie ein Drittel aus Potsdam und Brandenburg.
Das Haus sei zudem ein außerschulischer Lernort, in dem jährlich rund 5000 Schülern Wissen über die Natur vermittelt werde, so Schaaf. Das Team sei trotz der jahrelangen Hängepartie hochmotiviert, allerdings gebe es eine hohe Fluktuation. Vor allem Topleute zögen schnell weiter, weil man niemanden mehr mit Jahresverträgen locken könne. Und selbst diese gebe es erst seit kurzem. Bis vor zwei Jahren hätten alle Mitarbeiter lediglich Drei-Monats-Verträge erhalten, sagte Schaaf – der Ausschuss reagierte mit ungläubig-entsetztem Gemurmel. Wegen der Unsicherheit, ob die Biosphäre nach November 2017 überhaupt noch existiere, seien bereits Einnahmen in Höhe von 273 000 Euro verloren gegangen, weil Tagungsinteressenten wieder abgesprungen seien, sagte Schaaf. Dieses Geschäftsfeld wolle er neben der Gastronomie nach Ablauf der Fördermittelzweckbindung ohnehin ausbauen. Die Biosphäre sei ein einzigartiger Tagungsort. Vor allem Firmen, denen ein grünes Image wichtig sei, könnten dort künftig ihre Versammlungen abhalten.
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