Spaziergang von Problem zu Problem: Was sich in Potsdam-West verbessern soll
Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) will mit den Potsdamern ins Gespräch kommen. Bei seinem ersten Stadtspaziergang in Potsdam-West sparten die Anwohner nicht mit Kritik.
Potsdam-West - Die Themen der Kommunalpolitik liegen auf der Straße, zeigte sich am Samstagabend. Daher ist Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), frische 100 Tage im Amt, mit dem Großraumtransporter zum Luftschiffhafen gekommen. Darin ein Lautsprecher samt Transportwagen (und Regenhaube), das anschließbare Mikrofon. Eine Karte des Areals von der Pirschheide bis zur Kastanienallee ist auch dabei. Sie wird an die Wagenwand gepinnt, sowie grüne, gelbe und rote Klebchen, mit denen nach dem Ampelsystem die interessierten Bürger auf der Karte zeigen können, wo’s gut, verbesserungswürdig und schlecht läuft. Naturgemäß gehen die grünen nicht so gut weg.
Anlass ist Schuberts erster sogenannter Stadtspaziergang, bei dem der neue Oberbürgermeister mit den Potsdamern ins Gespräch kommen will. Interessiert beobachten die mitreisenden Beigeordneten und Pro-Potsdam-Vertreter, wo die ersten Punkte von den gut 50 Bürgern gesetzt werden, die der Einladung der Stadtverwaltung gefolgt sind: Ganz in der Nähe, an der nun geschlossenen Gaststätte Seekrug am Havelufer.
Kämmerer Burkhard Exner (SPD), Bildungs- und Sportbeigeordnete Noosha Aubel (parteilos) und Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos) samt einer ganzen Klemmbrett-Fraktion aus den jeweiligen Vorzimmern lassen sich bereitwillig in Diskussionen verwickeln. Übrigens auch von Vertretern anderer Parteien, die den Rundgang begleiten. „Wir müssen ja alle unser Wahlprogramm schreiben“, sagt Wieland Niekisch (CDU).
Diskussion um geplanten Stadtteil in der Pirschheide
Das Gelände am Luftschiffhafen selbst ist das erste Thema – aus vielen Gründen, wie Schubert erklärt. „Ich bin hier quasi aufgewachsen“, sagt er. Sein Vater Manfred war legendärer Kanutrainer dort. Doch ausschlaggebend für den Bürgerdialog sei die nun immer weiter hochkochende Diskussion um den geplanten Stadtteil in der Pirschheide (PNN berichteten).
Bei einer Präsentation in der MBS-Arena sagt Schubert: Es sei absehbar, dass die derzeitige Planung Proteste hervorrufen werde – auch, weil dafür ein Teil des Landschaftsschutzgebietes geopfert werden müsse. „Wir wollen Sie daher bitten, das alles erst mal zu vergessen.“ Setze man die jetzt vorliegenden Zeichnungen in ein „Masse-Modell“ um, werde ganz klar, „dass es so nicht geht“. Man müsse das Areal des Seekrugs adäquat mit einbeziehen ebenso wie die gewachsene Struktur der Ruderer. In den kommenden Monaten werde man sich „noch einmal zusammensetzen, um Ideen zu entwickeln und betrachten, was wir gesamtstädtisch brauchen“.
Vorbild: Bündnis im Schlaatz
Gemeinsam mit der „Werkstatt für Beteiligung“ wolle man ein Verfahren entwickeln, um möglichst viele Bürger miteinzubeziehen. Vorbild dafür soll das „Bündnis für Beteiligung“ sein, das im Schlaatz schon seine Arbeit aufgenommen hat.
Diese Ankündigung nimmt Klaus Petersen, der in der Forststraße gegenüber wohnt, mit Wohlwollen auf. Ihn treiben die Wild-Parker der jährlich rund 400 Veranstaltungen am Luftschiffhafen um, die die umliegenden Straßen und Freiflächen okkupieren. „Das Ordnungsamt kommt nur, wenn man anruft. Und bei Boxveranstaltungen gar nicht! Da trauen sich auch viele Anwohner nicht auf die Straße!“ Vielleicht, murmelt die SPD-Kandidatin Grit Schölzinger, habe man auch zu früh darauf verzichtet, die Eintrittskarten zu Veranstaltungen als ÖPNV-Ticket gelten zu lassen. „Müsste man mal prüfen!“
Schneller als geplant zieht der zeitweise mehr als 80 Köpfe zählende Zug über das Gelände am Luftschiffhafen weiter Richtung Stadtheide. Das Areal, das in der Straße Im Bogen beginnt und die englische Cottage-Architektur von Schloss Cecilienhof aufnimmt, feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. Dort schlägt die mitspazierende Anwohnerin Charlotte Sonntag vor, den Gartenstadt-Gedanken wieder aufzugreifen. „Könnte man hier nicht ein Flächendenkmal eintragen lassen? Oder Ensembleschutz?“ Die Selbstversorgung der Anwohner könne man mit den kleinen Gärten unterstützen, so vielleicht einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Und den Parkplatz im Rondell beseitigen? Einspruch aus der Anwohnerschaft: „Für einen Ostermarkt können wir den mal frei machen, aber sonst brauchen wird die Fläche.“ Doch der marode Straßenbelag und das brüchige Wassernetz darunter müssten auf Vordermann gebracht werden.
Ausbau der Jugendklubs, Verkehr auf der Zeppelinstraße
An der nächsten Station, dem Hannah-Arendt-Gymnasium, greifen Aubel und Rubelt zum Mikrofon. Es geht um den Ausbau der Jugendklubs im Viertel, um den Verkehr auf der Zeppelinstraße und die Suche nach Lösungen. Die haben auch drei Aktivisten an der Kastanienallee nicht, die mit einem (nun kaputten) Holzrahmen demonstrieren wollten, wie viel Platz ein parkendes Auto braucht. Um eine Freifläche für das Stadtteilnetzwerk geht es in der Geschwister-Scholl-Straße 34: Dafür steht jetzt das Nutzungs-Konzept, aber nicht die Finanzierung.
Dieser erste Rundgang, wie Schubert betont, soll vor allem dazu dienen, gemeinsam Lösungen zu finden. Ideen seien hochwillkommen, um den ersten Stadtteildialog in Potsdam-West vorzubereiten, der am 22. März ab 18 Uhr im Hannah-Arendt-Gymnasium in der Haeckelstraße 72 stattfindet. Bereits ab 16 Uhr gibt es eine Bürgersprechstunde.
Stefanie Schuster