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Die Wahl des JA-Mannes hat in der Kirchengemeinde für viel Unruhe gesorgt.
© Andreas Klaer

St. Peter und Paul-Gemeinde: Wahl von Mitglied der AfD-Jugendorganisation sorgt für Unruhe

In den Pfarrgemeinderat der St. Peter und Paul-Kirche ist ein Vorstandsmitglied der AfD-Jugendorganisation gewählt worden. Nun berät die Gemeinde über die schwierige Situation.

Potsdam - Kurz vor dem Weihnachtsfest muss die traditionsreiche katholische St. Peter und Paul-Gemeinde in Potsdam über ihren Umgang mit der rechtspopulistischen AfD debattieren. Anlass sind die jüngsten Wahlen zum Pfarrgemeinderat, die ehrenamtliche Gemeindevertretung. 

In das Gremium ist laut den Aushängen in der St. Peter und Paul-Kirche am Bassinplatz auch Hans-Cornelius Weber gewählt worden, mit 86 Stimmen. Was die Mitglieder laut Angaben der Gemeindeleitung nicht wussten und nach PNN-Informationen nur durch eine Internetrecherche herausfanden: Weber ist auch Schatzmeister der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) Brandenburg, ferner auch Potsdamer JA-Kreischef. Die JA gilt als durchaus radikaler als die AfD

Nun wird in der insgesamt 7000 Mitglieder starken Gemeinde, die nächstes Jahr das 150. Jubiläum der Kirchweihe feiert, über den Umgang mit der Wahl debattiert. „Der Widerwille seitens anderer gewählter Vertreter gegen eine Zusammenarbeit mit solchen Personen ist so groß, dass die für den vergangenen Freitag angesetzte erste Sitzung des neuen Gemeinderates auf unbestimmte Zeit vertagt wurde“, hieß es von Gemeindemitgliedern gegenüber den PNN. Man vermute eine gezielte Unterwanderung, hieß es – zumal es eben nicht immer einfach sei, genügend Freiwillige für die Arbeit in der Gemeinde zu finden. 

Beratende Sitzung am 4. Advent

Auf Nachfrage bestätigte Probst Arnd Franke, die besagte konstituierende Sitzung des zwölfköpfigen Gremiums sei aus formalen und inhaltlichen Gründen verschoben worden. So liege ein Einspruch gegen das Wahlergebnis und dessen Zustandekommen vor. Ferner sei zu klären, ob die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in dem Pfarrgemeinderat gegeben sei. „So haben einzelne Kandidaten bei der Vorstellung in der Gemeinde nicht offengelegt, welche Ehrenämter sie außerdem innehaben beziehungsweise in welchem beruflichen Umfeld sie arbeiten“, teilte Probst Franke mit. Am Sonntag – also zwei Tage vor Weihnachten – wolle man sich zu einer „beratenden Sitzung“ treffen und diese Themen besprechen. Insgesamt hatten sich 320 Gemeindemitglieder an der Wahl beteiligt, man konnte ein Votum für mehrere Kandidaten abgeben. 

Nach PNN-Informationen kandidierten neben JA-Mann Weber auch zwei weitere Bewerber, deren Hintergründe den Gemeindemitgliedern nach eigenem Bekunden erst später bekannt wurden – es geht einmal um einen Journalisten der vielfach als zu rechtsoffen kritisierten Wochenzeitung „Jungen Freiheit“ und dazu die Ehefrau von Weber. Auch diese sollen diese Hintergründe zu ihrer Person nicht angesprochen haben, hieß es – allerdings verpassten beide die nötige Stimmenzahl. Die Vorstellungsrunde der Kandidaten fand demnach Ende Oktober statt, knapp einen Monat vor der Wahl. 

Die fehlende Auskunft ist laut Probst Franke ein Problem. Der Gemeinderat sei das wichtigste Beratungsgremium, auf dessen Hilfe er angewiesen sei, so Franke: „Grundlage unserer Zusammenarbeit ist ein großes gegenseitiges Vertrauen.“ Die Frage stehe aber nun im Raum, ob dieses Vertrauen vorhanden sei. Ansonsten hätten auch unterschiedliche politische Einstellungen ihren Platz, betonte Franke. 

Darum gab Weber seine JA-Tätigkeit nicht an

JA-Mann Weber wiederum versteht die Aufregung nicht. Er habe sich für das Amt aufstellen lassen, um sich für die Gemeinde zu engagieren, sagte er den PNN. Seine Tätigkeit für die JA habe er nicht angegeben, weil solche detaillierten Angaben auch nicht verlangt worden seien: „Ich dachte, dass das nicht die Rolle spielt.“ Ferner habe er geglaubt, dass der gemeinsame Glauben mehr wiege als die inhaltlichen Differenzen in weltlichen Fragen, sagte Weber. So sei es auch bei seiner Frau und dem Journalisten gewesen.


Die JA ist allerdings eben keine ganz normale Organisation: Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD-Vereinigung längst zum Verdachtsfall erklärt, zusammen mit dem „Flügel“ in der Partei. Erst diese Woche hatten Recherchen des Tagesspiegels ferner ergeben, dass der Verfassungsschutz die mehr als 1000 Mitglieder der JA nun erstmals dem rechtsextremen Spektrum zurechnet - eine Einordnung, die die AfD bestreitet.
Längst ist der Fall auch bei der katholischen Landeskirche bekannt, wie Stefan Förner, Sprecher des Erzbistums Berlin, auf Nachfrage bestätigte. Zu Details nahm er keine Stellung. 

Die Mitgliedschaft in der AfD stelle aber allein kein Kriterium für den Ausschluss aus Gremien in einer katholischen Gemeinde dar, sagte Förner: „Es ist aber eindeutig, dass antisemitische, menschenverachtende und rechts- wie linksextreme Positionen, Haltungen und Äußerungen keinen Platz in einer katholischen Gemeinde haben.“ 

Bereits im Sommer hatte die Deutsche Bischofskonferenz in einer Arbeitshilfe „zum kirchlichen Umgang mit rechtspopulistischen Tendenzen“ gewarnt, dass Christentum dürfe nicht für populistische Zwecke vereinnahmt werden, verwiesen wird darin auf für die Kirche wichtige Gebote wie Nächstenliebe oder die „Gleichheit aller Menschen als Geschöpfe Gottes“ – die im Widerspruch zum Populismus stünden.

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